Liebe fuer ein ganzes Leben (Rosen-Reihe)
Landsitz eines Lords g earbeitet hat."
"Der Sohn dieses Lords gehörte zu den besten Freunden deines Vaters", fuhr Richard von Castan fort. "Georg schrieb mir von deiner Mutter. Ich nahm die Sache erst nicht ernst, doch als er mir dann mitteilte, daß er deine Mutter heiraten wollte, befahl ich ihm, sofort nach Deutschland zurückzukehren. Ich wäre am liebsten selbst nach England geflogen, um ihn nach Hause zu holen, aber ich hatte kurz zuvor einen Unfall erlitten und durfte keine weiten Reisen unte rnehmen."
"Ich nehme an, mein Vater weigerte sich zum ersten Mal, dir zu gehorchen", warf Daniela ein.
"Ja, so kann man es nennen", bestätigte er. "Bevor ich es noch verhindern konnte, heiratete dein Vater deine Mutter und bat mich, sie in die Familie aufzunehmen."
"Aber du konntest ihm nicht verzeihen?"
"Ich fühlte mich von ihm verraten, da ich ganz andere Pläne mit ihm gehabt hatte." Er verzog das Gesicht. "Ich hatte sogar schon eine Braut für ihn ausgesucht, die Tochter eines Freundes. Also beantwortete ich seine Briefe nicht mehr und ging sogar soweit, ihm meine Unterstützung zu versagen. Georg verließ die Universität und nahm eine Stelle als Hauslehrer an. Ich hörte von ihm nichts mehr, bis deine Mutter mich mit dir aufsuchte. Dein Vater war bei einem Autounfall ums Leben gekommen, deine Mutter hatte den Wagen gefahren. In meinem Schmerz wies ich euch aus dem Haus und verbot ihr, jemals wieder mit mir in Verbindung zu treten."
Daniela schloß die Augen. Sie hatte nicht gewußt, daß ihre Mutter den Autounfall verursacht hatte. Weder ihre Mutter noch ihre Verwandten hatten mit ihr darüber g esprochen.
Der Gutsherr berührte ihre Hand. "Bitte, Daniela, haß mich nicht", bat er. "Was war ich für ein Narr! Ich wollte Georgs Leben bestimmen, ihn nach meinen Willen formen. Alice, meine Frau, warnte mich immer wieder, sagte mir, daß ich Georg verlieren würde, doch erst nach ihrem Tod begriff ich, was für einen Fehler ich gemacht hatte."
In diesem Moment trat eine junge Frau mit schulterlangen, schwarzen Haaren auf die Terrasse hinaus. "Hoffentlich störe ich nicht", sagte sie und blickte Daniela an.
"Ganz gewiß nicht", erwiderte Richard von Castan. Er stand auf. "Daniela, ich möchte dich mit Andrea Wieland bekannt m achen. Sie ist sozusagen der gute Geist dieses Hauses. - Frau Wieland, meine Nichte Daniela. Überraschenderweise ist sie bereits heute eingetroffen. Und stellen Sie sich vor, sie ist mit dem Bus zum Gut gefahren."
"Dann mußten Sie ja noch ein ziemliches Stück laufen", merkte Andrea, als ihr die junge Frau ihr die Hand reichte.
"Ich laufe gern", erwiderte Daniela. Sie fand Andrea bezaubernd schön.
"Frau Wieland ist meine Privatsekretärin", erklärte ihr Onkel. Er wandte sich an Andrea: "Wie kommt es, daß Sie schon zurück sind?"
"Ich habe die nötigen Auszüge und Papiere schneller bekommen, als man erwarten konnte", antwortete sie lächelnd. "Sie liegen im Arbeitszimmer auf Ihrem Schreibtisch."
"Wunderbar", meinte der Gutsherr. "Daniela, du mußt mich leider entschuldigen, aber ich muß mit Frau Wieland die Papiere durchsehen. Du könntest dir den Park anschauen."
Daniela hatte nichts dagegen, zumal sie sich ohnehin etwas die Füße vertreten wollte. Sie stieg die Stufen zum See hinunter und ging an seinem Ufer bis zu einem Eichenwäldchen. Verträumt blickte sie zwischen dem Grün der Bäume zum Himmel hinauf. Auch wenn sie es sich nicht gerne eingestand, sie fühlte sich auf Castan ausgesprochen wohl.
Leise seufzte sie auf. Sie hatte ihren Großonkel gehaßt und hatte nur widerwillig seine Einladung angenommen, doch jetzt empfand sie sogar eine gewisse Zuneigung zu ihm. War das nicht Verrat an ihren Eltern? Durfte sie wirklich vergessen, wie er ihre Mutter und sie vom Gut gewiesen hatte? - Vielleicht machte er ihr nur etwas vor. Vielleicht... Nein, seine Reue schien aufrichtig zu sein. Warum hätte er sie sonst auch einladen sollen?
Vor ihr tauchte eine Lichtung auf. An die Kapelle, die dort früher einmal gestanden hatte, erinnerten nur noch ein paar überwucherte Mauern. Die junge Frau setzte sich auf eine abgebrochene Säule und schloß die Augen.
"Hallo!"
Erschrocken fuhr Daniela auf. Vor ihr stand ein von der Sonne gebräunter, dunkelblonder Mann. Sie schätzte ihn auf etwa achtundzwanzig. Belustigt blickte er sie aus seinen braunen Augen an.
"Hallo", erwiderte sie vage und stand auf.
"Müde?" erkundigte er sich grinsend.
"Nein." Sie blickte ihm in die Augen.
Weitere Kostenlose Bücher