Liebe Ist Furcht
sich, ob er es auch tat.
Sie konnte spüren, dass er den Kopf schüttelte, fühlte eine leichte Spannung in seinen Schultern. „Ich wusste es am besten. So ist es schon immer gewesen.“
Sie versuchte zu lachen, aber es klang mehr nach einem Schnauben. „Du hast es immer am besten gewusst? Nein, du bist immer derjenige mit der stärksten Überzeugung gewesen. Dem Heldenkomplex. Aber hier geht es nicht darum, wer Recht oder Unrecht hat. Hier geht es ums Überleben. Wie wichtig ist Leben? Mir... ist es wirklich wichtig. Das ist dir vielleicht schon aufgefallen“, sagte sie mit einem zittrigen Lächeln, mit dem sie versuchte, die Stimmung etwas aufzulockern.
Er war für eine lange Zeit still. Sie wusste, was er erwartete — à la Vampir zu sterben. Und was er dachte zu verdienen — mehr à la Vampir. Aber sie wusste nicht wirklich, was er wollte. Wenn er überhaupt irgendetwas wollte. Vielleicht war das nicht etwas, worüber er sich je erlaubte nachzudenken. „Ich will dich hier rausbringen. Und ich will zu dem Zeitpunkt zurück, als wir auf Hawaii waren und du mir gesagt hast, dass das hier passieren würde, und ich beschlossen habe, dass ich dich beschützen könnte.“
„Mich zu beschützen ist nicht länger deine Verantwortung.“
Seine Arme schlangen sich enger um sie, verliehen der Umarmung einen Boa-Konstriktor-Eindruck. Was hatte er vor? Würde er versuchen ihre Gefühle für Lucas aus ihr herauszuquetschen? Ihre Stimme war durch seinen Pullover gedämpft. „Du hattest Recht. Was wir wollen und was wir bekommen sind zwei verschiedene Dinge. Ich will ein normales Leben, und das passiert nicht. Ich kapier’s. Es ist außerdem ziemlich irrelevant, da wir vielleicht hier sterben. Aber bitte, bitte versuch‘ mit uns hier wegzukommen! Du kannst Lucas nicht die Genugtuung geben, dich zu töten. Er ist skrupellos.“
„Wie kannst du das zu mir sagen und dennoch zu ihm gehen? Er zwingt dich, Val, ich weiß es!“, sagte Jack.
„Ich stehe nicht unter Zwang. So funktioniert das nicht. Zwang ist nur in kleiner Dosierung wirksam und er hat Grenzen. Ich habe einfach eine Schwäche für emotional unerreichbare Männer“, sagte sie angespannt kichernd.
Er ließ sie los, und sie trat zurück, wobei sie die Arme vor der Brust verschränkte und sich zum Feuer zurück bewegte.
„Ich will, dass du das hier überlebst. Ich habe dich immer verstanden und warum du Dinge getan hast, und jetzt... habe ich keine Ahnung, was zum Teufel mit dir los ist. Ehrlich gesagt bist du entweder ein totales Arschloch, oder du benimmst dich leichtsinnig und ich kapier’s einfach nicht. Es passt gar nicht zu dir.“
Er schenkte ihr ein leeres Lächeln. Nicht ausdruckslos, sondern niedergeschlagen. Fröhlichkeit hatte sich schon lange verabschiedet. „Du kennst mich nicht, Val... ich kenne mich nicht. Aber du hast Recht. Wir müssen hier wegkommen. Bloß... versprich mir..., dass du ihn nicht von dir fressen lassen wirst!“
Val wollte ihn belügen. Ihm einfach versprechen, dass sie es nicht tun würde und dann machen, was auch immer sie wollte. Sie konnte sogar Argumente dafür vorbringen, dass Lügen die beste Vorgehensweise war, wenn man bedachte, wie schießwütig Jack war. Aber er traute ihr schon jetzt nicht. Und ehrlich gesagt, musste er sie loslassen. Sie war nicht mehr seine Verantwortung. Er musste etwas anderes finden, für das es sich zu leben lohnte. Sie frage sich, was er dachte und was er sah, wenn er sie betrachtete.
„Er wird mein Blut nicht trinken“, gestand Val. Ein Hoch auf die Wahrheit .
„Was willst du, Jack? Papa ist weg. Und ich bin auch weg, stimmt’s? Ist es das, worum es hier geht? Ich bin einen Schritt davon entfernt, eine aussichtslose Sache zu sein?“
„Nein“, sagte er barsch. „Das bist du nicht. Ich werde dich hier herausholen. Ich werde dich retten, das schwöre ich!“
„Bitte, Jack. Bitte versuch ihm keinen Grund zu geben, dich zu töten!“
„Er hat schon einen Grund, mich zu töten.“
„Okay. Nun, versuch ihm keinen Grund zu geben, darauf zu reagieren.“ Sie ging zur Tür und öffnete sie. Rachel lehnte an der Wand. Sie kam nach vorne und deutete mit einem Kopfnicken auf Lucas zurück.
„Der Boss will mit dir sprechen“, sagte Rachel und schlich an ihr vorbei, während sie die Tür hinter sich schloss.“
Der Lagerraum war klein, nicht mehr als ein paar Schritte breit in jede Richtung. Val trat hinein und holte Luft, fühlte sich verwirrt und schockiert. Sie war
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