Liebe kann man nicht planen, Casanova
Absätze auf dem Marmorboden klackern“, erklärte sie. „Das ist weder elegant, noch bleibt man damit unbemerkt. Nicht, dass das hier von Bedeutung gewesen wäre. Dein Vater war bestimmt kein Schürzenjäger.“ Sie stellte die Alarmanlage an. „Und das ist doch mal ein erfreulicher Unterschied zwischen ihm und den meisten anderen Männern.“
„War dein Vater denn ein Frauenheld?“, wollte Damon wissen.
„Oh ja. Für ihn war die Liebe nur ein Spiel. Alles war für ihn nur ein Spiel. Und da war es egal, ob er einem anderen Mann die Frau wegnahm – oder eben ein paar Millionen veruntreute.“
„Und welche Rolle spielte deine Mutter dabei?“
„Die lebt glücklich in Texas und ist mit einem reichen Ölbaron in dritter Ehe verheiratet. Der zweite Mann, den ich kenne, der kein Frauenheld ist.“
„Meinst du nicht, er würde dir einen Job geben?“
„Wahrscheinlich. Aber ich arbeite nicht für Familienmitglieder.“
„Eine weitere Regel?“
„Eher so etwas wie eine Überlebensstrategie. Arbeite nie für jemanden aus deiner Familie, sonst wirst du auf Schritt und Tritt überwacht.“ Sie traten vor das mächtige Eingangsportal. „Wie viel lässt dein Papa denn für Weihnachtsgeschenke üblicherweise springen?“
„Einmal hat er uns ein Flugzeug gekauft“, erinnerte sich Damon gedankenverloren. „Aber wir mussten es uns teilen.“
„Du Ärmster!“ Ruby lachte. „Also auf die Schnelle werde ich wohl keinen Jet mehr für euch besorgen können. Aber ich weiß, wo die Reichen und Schönen shoppen, da sollten wir hingehen. Ins Landmark.“
Das Landmark war ein riesiges Luxuseinkaufszentrum, gleich neben dem Landmark Oriental Hotel gelegen. Hier gab es einen von weißbehandschuhten Angestellten durchgeführten Parkservice, und alles war größer, schöner, luxuriöser als in jedem anderen Shopping-Center. Rubys Wagen, ein nachtschwarzer Audi R5, passte genau zu diesem Stil.
„Deiner?“, wollte Damon überrascht wissen.
„War das eine Frage? Ich dachte, du hättest versprochen, keine weiteren privaten Fragen zu stellen.“
„Du hast mich doch auch gerade etwas gefragt.“
„Das war geschäftlich.“
„Seit wann sind Weihnachtsgeschenke etwas Geschäftliches?“ Damon legte die Stirn in Falten. „Außerdem war meine Frage auch nichts Privates. Ich wollte lediglich wissen, ob es sich bei dem Audi um ein Geschäftsfahrzeug handelt. So viel Geschmack hätte ich meinem Vater gar nicht zugetraut.“ Er grinste.
„Es ist mein Auto. Ich habe ihn selbst ausgesucht und selbst bezahlt. Zufrieden?“
„Aber ja! Mir gefallen sogar deine Felgen. Wie gesagt, guter Geschmack.“ Dann näherte sich Damon mit zusammengekniffenen Augen Rubys Gesicht von der Seite. „Allerdings finde ich dieses Haar-Dings schon sehr speziell, wenn du meine Meinung hören willst …“ Ruby hatte das „Dings“ angelegt, nachdem sie ins Auto eingestiegen waren, und Damon hatte seither nur mit Mühe seinen Blick von dieser Scheußlichkeit abwenden können.
„Wie bitte? Das ist von Gaultier! Der letzte Schrei in Europa.“ Ruby griff sich empört an das elastische Haarband im Leopardenlook, seitlich verziert mit einer pinkfarbenen Schleife.
„Okay, okay“, winkte Damon ab. „Ich hätte da aber noch eine Frage …“
„Wo das Geld für alles herkommt?“, riet Ruby seine Gedanken. „Das möchte jeder wissen. Jeder Polizeibeamte, jeder Richter, jeder dahergelaufene Fremde“, sie warf ihm einen gespielt bösen Blick zu. „Keine Sorge, mein Vater hat mich nicht an seinen Machenschaften beteiligt. Ich hatte aber eine sehr wohlhabende Großmutter, die mich in ihrem Testament bedacht hat.“
„Aha, dann musst du also gar nicht für meinen Vater arbeiten? Das verbessert ja meine Chancen bei dir wieder schlagartig“, entgegnete Damon frech.
„Da muss ich dich leider enttäuschen. Meine Oma wollte mich nicht beim Müßiggang unterstützen. Ihr Testament sieht vor, dass ich für jeden Dollar, den ich selbst verdiene, zwei Dollar ihres Vermögens ausgeschüttet bekomme. Etwas mehr sogar, wenn ich gemeinnützige Projekte unterstütze oder Geld spende.“
Damon pfiff durch die Zähne. „Nicht schlecht. Und was hätte Omi zu deinem heißen Flitzer gesagt?“
„Ich bin mir sicher, dass sie ihn lieben würde“, schmunzelte Ruby.
Geschickt schlängelte sie sich durch Hongkongs Stadtverkehr und wechselte gekonnt die Fahrspuren auf manchmal vierspurigen Straßen. Und das mit einer Ruhe und gleichzeitig so
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