Liebe kennt keine Gefahren
ihrem Stuhl zurück und dachte, daß sie nicht die Absicht hatte, einen anderen Mann, als den Schwarzen Rebellen zu heiraten. Sie mußte nur warten, bis er sich ihr wieder zeigen konnte, und dann würde sie stolz an seiner Seite zum Traualtar gehen.
Jessica versuchte, sich auf das Fischen zu konzentrieren, sah dabei jedoch immer wieder über die Schulter zum Strand hin. Die letzten anderthalb Wochen waren die Hölle für sie gewesen. Wo sie stand und ging, schien sie auf Männer zu treten — Männer, die nach ihr griffen, Männer mit gebeugten Köpfen, Männer, die ihr ihre irdischen Güter vor die Füße legten. Sie kamen bis von Boston herauf, und da war auch ein französischer Pelzhändler gewesen, der aus den Wäldern hoch oben im Norden herbeigereist war. Er hatte gehört, in Warbrooke würde eine ganze Schiffsladung schöner Frauen verkauft. Er schien ziemlich enttäuscht gewesen zu sein,, daß es nur eine war. Er meinte zwar, daß Jessica »wirklich hübsch« sei, aber für seine Zwecke eben zu wenig.
Jess hatte sich nur mit Mühe dieser Männer erwehren und in ihre private kleine Höhle flüchten können.
Damit war die erste Woche der Frist verstrichen, in der es auch Eleanor und Alex gelungen war, Jess fast davon zu überzeugen, daß der Admiral auch meinte, was er sagte, als er Jessica befohlen hatte, sich zu verheiraten. Er hatte inzwischen etliche Drohungen ausgestoßen gegen ihr Heim, ihre Familie und die Weise, wie sie ihren Lebensunterhalt verdiente, falls sie ihm den Gehorsam verweigerte — und ihn wie einen Narren aussehen ließ. Er hatte sie sogar einem Mann vorgestellt, den sie ehelichen müßte, wie er sagte, wenn sie die Frist ungenützt verstreichen ließ — einen grobschlächtigen Dummkopf in Uniform mit einer dicken, hängenden Unterlippe, die er ständig mit der Zunge anfeuchtete. Der Admiral hatte gelacht, als sie beim Anblick dieses »Freiers« unwillkürlich erschauerte.
Doch nun, während sie ihre Netze auswarf, drängte sich ihr bei dieser vertrauten Beschäftigung der Gedanke auf, wie sehr sich ihr Leben verändern würde, wenn sie jetzt heiraten mußte. Bisher hatte nicht einer der Männer, die um sie freiten, ihr angeboten, auch ihre jüngeren Geschwister bei sich aufzunehmen. Einige hatten ihr sogar ganz unverhohlen ihre Abneigung gegen Nathaniel gezeigt.
Jess lächelte. Natürlich war Nate keine Hilfe. Es machte ihm ungeheuren Spaß, die Freier vor ihr lächerlich zu machen. Er hatte einen schon etwas betagten Bewerber gefragt, wie alt er sei, und dann unbändig über dessen Antwort gelacht. Er hatte einen spindeldürren Hühnerfarmer aufgefordert, seinen Bizeps zu zeigen, und dann zu Jess gesagt, dieser Mann sei nicht kräftig genug für sie. Einem anderen Kandidaten hatte er die Perücke angehoben und geschrien, daß es darunter vor Läusen wimmele. Nate sonderte schon im Vorfeld die schlimmsten Bewerber aus.
Doch selbst die besten stießen bei Jessica auf kein Interesse. Es gab nur einen einzigen Mann, den sie erhören würde, und das war der Schwarze Rebell, Sie brauchte nur die Augen zu schließen, und schon fühlte sie seine Hände auf ihrem Körper. Warum hielt er sich verborgen, statt vor sie hinzutreten und sie um ihre Hand zu bitten? Warum rettete er sie diesmal nicht vor diesen lüsternen Freiern?
Beim Geräusch eines polternden Steines öffnete sie die Augen, drehte sich rasch um und sah den alten Clymer nur einen Schritt von sich entfernt. Er hob die Arme und wollte mit seinen schmutzigen kleinen Händen nach ihr grapschen. Sie wich einen Schritt zurück und wäre dabei fast über ihr Netz gestolpert.
Seine Augen hingen an ihren fast nackten Brüsten und glitten dann zu ihren fast nackten Beinen hinunter. Auf und nieder wanderte sein Blick und wollte nicht zur Ruhe kommen.
Jess hob die Arme, um ihre Blöße zu bedecken. »Mr. Clymer, sie sollten nicht hier sein. « Sie wich Schritt für Schritt vor ihm zurück.
»Warum nicht? « stieß er keuchend hervor und rückte auf sie zu. »Du bist doch hier, Jessica. Ich liebe dich schon seit vielen Jahren. Heirate mich. Ich; gebe dir alles, was du willst. «
Jess blickte sich nach einer Waffe um, sah aber nur die Fische, die vor ihr auf dem Boden lagen. Sie bückte sich, packte einen zwanzig Pfund schweren Schellfisch am Schwanz und schlug damit Mr. Clymer auf den Kopf.
Dieser war eine Sekunde lang betäubt, ehe er sie mit beiden Armen an sich riß und versuchte, sie auf den Mund zu küssen.
Jess drehte den Kopf
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