Liebe, Lust und ein süßes Geheimnis
Frau in meinem Alter ist, auf den Jungen zu warten, den sie großgezogen hat? Um ein Haar wäre ich an einem gebrochenen Herzen gestorben.“
Grinsend drückte Daniel der Haushälterin einen Kuss auf die faltige Wange. „Es tut mir leid, Rosemary. Aber seit Weihnachten ist furchtbar viel passiert. Tröstet es dich, wenn ich dir verspreche, mich in Zukunft häufiger sehen zu lassen?“
Endlich drehte sie sich zu ihm um und blickte ihn freundlich an. „Ich habe von der Sache mit Miss Lilys Daddy gehört. Wie geht es dem armen Ding?“
„Den Umständen entsprechend“, antwortete er. Sie hatte Lily zwar nur einmal getroffen, doch die beiden Frauen hatten sich auf Anhieb verstanden.
„Mein Mitgefühl ist ganz bei der Kleinen. Wie schrecklich, seinen Vater auf diese Weise zu verlieren“, sagte Rosemary mit Tränen in den braunen Augen. „Bitte richte ihr aus, dass ich sie in meine Gebete einbeziehe und immer an sie denke.“
„Das werde ich“, sagte er. Er wusste, dass diese warmherzige Frau, die von seiner Mutter hartnäckig „Cook“ genannt wurde, jedes ihrer Worte auch so meinte.
Seine Mutter fand er schließlich im Wohnzimmer, wo sie am Fenster stand und auf Charleston Harbour blickte. Dort stand sie immer, wenn sie Gäste erwartete.
„Es ist mir völlig unverständlich, warum du wie ein gemeiner Dienstbote das Haus durch den Hintereingang betrittst, Daniel“, begrüßte sie ihn streng.
„Auch dir ein freundliches Hallo, Charlotte“, sagte er trocken und setzte sich in einen der Sessel vor dem Kamin. „Wie ist es dir ergangen?“
Auf seine Frage hin begann seine Mutter mit einem schier endlosen Monolog über ihre geplanten Wohltätigkeitsveranstaltungen und machte mit dem neuesten Tratsch aus dem Garden Club weiter. Obwohl es ihn furchtbar langweilte, wurde er plötzlich hellhörig.
„Wie bitte?“, fragte er und richtete sich kerzengerade im Sessel auf.
„Ich sagte, Madelyn Worthington hat mir alles über die arme Elizabeth Kincaid erzählt. Sie wurde von diesem erbärmlichen Mann betrogen“, sagte Charlotte, während sie sich affektiert eine nicht vorhandene Haarsträhne aus der Stirn strich. „Ich habe schon immer gewusst, dass Reginald Kincaid nichts weiter war als ein ordinärer Lump. Ich bin nicht im Entferntesten überrascht darüber, dass er seiner Familie diese Schande angetan hat. Eine Geliebte und zwei Bastarde in Greenville zu haben, ist zutiefst blamabel.“
„Nur einer der Söhne ist von Kincaid“, korrigierte er sie. „Übrigens, seit wann hast du Mitleid mit Elizabeth?“ Indirekt erinnerte er Charlotte daran, dass sie die Frau einmal als Närrin bezeichnet hatte, weil sie jemanden geheiratet hatte, der sozial unter ihr stand.
Aber seine Mutter ignorierte diese Frage geflissentlich und antwortete stattdessen mit einer Gegenfrage. „Verbringst du eigentlich immer noch deine Zeit mit diesem Kincaid-Mädchen?“
„So wie’s aussieht, tue ich das“, sagte er zufrieden.
Charlotte warf ihm einen missbilligenden Blick zu. „Tatsächlich? Ich dachte, ihr hättet euch kurz vor Weihnachten getrennt?“
Argwöhnisch blickte Daniel seine Mutter an. Also hatte sie doch etwas damit zu tun, dass Lily plötzlich so abweisend gewesen war. Warum sonst würde sie sich danach erkundigen?
„Wir haben uns zwar in den letzten paar Wochen nicht mehr gesehen, treffen uns aber wieder seit Kurzem. Wieso fragst du?“
„Oh, an dem Abend meiner Dinnerparty schien es mir, als verliere sie das Interesse an deiner Gesellschaft“, sagte seine Mutter leichthin.
Aber Charlottes Manipulationskünste waren ihm zu vertraut, um sich etwas vormachen zu lassen. Offensichtlich kannte seine Mutter die Gründe, warum Lily die kurze Beziehung abgebrochen hatte. Er musste nur noch herausfinden, welche das waren.
„Was hast du zu ihr gesagt?“, fragte er. „Und erzähl mir bitte nicht, dass du von nichts weißt, Charlotte. Ich kenne deine Methoden nämlich sehr genau.“
Seine Anschuldigung schien sie nicht zu beeindrucken. „Ich habe nur klargestellt, dass du seit deiner Scheidung kein Interesse mehr an einer festen Beziehung hast. Und dass du das Risiko einer Ehe nicht noch einmal eingehen würdest, nur, um unseren Namen weiterzugeben.“
Als er ihr selbstzufriedenes Lächeln sah, biss er vor Wut die Zähne zusammen.
„Immerhin entstammt sie einer großen Familie, und daher bin ich mir sicher, dass sie eines Tages ihren eigenen Nachwuchs großziehen will. Da ist es doch viel besser, sie
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