Liebe, Lust und ein süßes Geheimnis
in der letzten Zeit einen Korb nach dem anderen gegeben.
Zwar setzte sie alles daran, souverän zu bleiben, aber Daniels Ausstrahlung hatte von Anfang an die Sicherungen bei ihr durchbrennen lassen. Damals, als er sie auf dem Herbstball zum ersten Mal in den Arm genommen hatte, hatte sie überrascht festgestellt, dass sie im Begriff war, schwach zu werden. Und auch jetzt war es so: Sobald Daniel sie berührte, schien sie vollkommen willenlos zu werden.
Daran musste sie unbedingt arbeiten. Denn wenn sie ihm eröffnete, von ihm schwanger zu sein, musste sie unbedingt einen klaren Kopf bewahren.
Als sie das Häuschen im Hinterhof betraten, sahen sie, dass ihr Vater es zu einem Studio mit raumhohen Fenstern hatte umbauen lassen. „Sieht so aus, als habe dein Vater bei den Umbauplänen an ein Atelier für eine Künstlerin gedacht“, sagte Daniel augenzwinkernd, als beide sich in dem geräumigen Zimmer umsahen.
Lily kämpfte gegen die Tränen an, die in ihr hochstiegen. Ja, ihr Vater hatte bei allem an sie gedacht. Ganz offensichtlich hatte er ihr ihren Kindheitstraum erfüllen wollen.
„Als ich ein kleines Mädchen war, ging Daddy mit mir immer hierher, nach White Point Gardens. Wir setzten uns auf die andere Straßenseite auf eine Bank und betrachteten stundenlang dieses Haus, während ich Geschichten von der Prinzessin erfand, die darin lebte.“
„Ich wette, sie hatte rote Haare und blaue Augen“, neckte Daniel sie, während er zu ihr trat und den Arm um sie legte.
„Lily nickte und erlaubte sich, sich an ihn zu lehnen. „Die Prinzessin stand oben im Turmzimmer und blickte auf den Hafen von Charleston.“
„Wonach hat sie denn Ausschau gehalten?“ Seine wohltönende tiefe Stimme erzeugte ein angenehmes Kribbeln in ihrem Magen.
„Nach ihrem Prinzen, der irgendwann mit einem Schiff in den Hafen einlaufen würde, um für immer mit ihr in diesem Schloss zu wohnen“, antwortete Lily.
„Verstehe“, murmelte er ganz dicht an ihrem Ohr. „Jede Prinzessin wartet schließlich auf einen Prinzen, der entweder mit dem Schiff oder auf einem weißen Pferd zu ihr kommt.“
„Jetzt machst du dich über mich lustig“, protestierte sie lächelnd, während sie sich in seinen Armen umdrehte, um ihn anzusehen.
„Vielleicht ein klitzekleines bisschen.“ Er grinste. „Hast du eigentlich mal darüber nachgedacht, selbst Kinderbücher zu schreiben, anstatt sie nur zu illustrieren?“
„Mein Vater hat mir immer wieder gesagt, dass ich das tun sollte“, sagte sie und unterdrückte mühsam ein Gähnen. Sie hatte ihr Nachmittagsschläfchen verpasst, das sie neuerdings machte, seit sie schwanger war.
„Aber seit dem College haben mir die Verleger von Kinderbüchern so viele Aufträge als Illustratorin für die Bücher anderer Autoren gegeben, dass ich keine Zeit hatte, darüber nachzudenken.“
„Das solltest du aber“, sagte er und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. „Weißt du was, ich bringe dich jetzt zum Wagen, dann schließe ich hier alles ab und fahre dich nach Hause. Du siehst ganz schön müde aus.“
Lily nickte. „Das war ein ganz schön langer Tag.“ Gemeinsam verließen sie das Dienstbotenhaus.
Während Lily im Wagen saß und auf Daniel wartete, der im Haus die Lichter löschte und alles gut verschloss, musste sie wieder an den Brief ihres Vaters denken. Sie sei eine starke und vernünftige junge Frau, die wisse, was sie mit dem Anwesen machte. Er hatte darauf bestanden, dass sie es behielt. Allerdings hatte er auch alles so herrichten lassen, dass sie gar nicht anders konnte.
Während sie auf das stattliche Haus starrte, dachte sie darüber nach, wie unvernünftig es eigentlich war, ein Anwesen von dieser gigantischen Größe allein zu bewohnen. Doch ihr Vater hatte keine Kosten und Mühen gespart, um es auf ihre Bedürfnisse hin umzugestalten. Er hatte ihr ihren Traum erfüllt und, Unvernunft hin oder her, sie würde einziehen.
„Ich habe eine Entscheidung getroffen“, sagte Lily, als Daniel zurückkam und in den Wagen stieg.
„Und zwar?“, fragte er.
„Es wird wahrscheinlich eine Woche in Anspruch nehmen, um die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen. Aber sobald ich kann, werde ich packen, um hierherzuziehen und in diesem Haus zu leben.“
4. KAPITEL
In der Woche nach der Hausbesichtigung wurde Daniel in einen Gewerkschaftsstreit mit den Hafenarbeitern verwickelt, sodass seine Zeit gerade mal für ein paar flüchtige Telefonate mit Lily und einen Blumengruß an sie reichte.
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