Liebe, Sex und andere Katastrophen
passierte in dieser Nacht nichts, denn das Ambiente des strengen Anwesens ließ es schlichtweg einfach nicht zu.
Aufwachen am nächsten Morgen: Verwirrtes `Wo bin ich?`, umgucken im kleinen Gästezimmer, das im Stil des 19.ten Jahrhunderts eingerichtet war, Augen reiben, die Erinnerungen an die opulente Torauffahrt und das Anwesen purzelten zurück ins Hirn, aufspringen, aus dem Fenster schauen, Kinnlade klappt nach unten. Die Sonne schien, und was ich da draußen sah, konnten meine müden Augen kaum erfassen. Wald, grüne Wiesen, Pferde, eine Parkanlage vom allerfeinsten, grau gekieselte Steinwege, perfekt geschnittene Buchsbäumchen und alte edle Nobelkarrossen. Krass, flüsterte ich mir selbst zu. Ich hörte draußen schon Rumoren. Ich war total verunsichert. Soll ich schon aufstehen? Ist draußen jemand? Auf wen werde ich treffen? Was soll ich sagen? Ist Nummer vierzehn schon wach? Ich machte mich erst mal fertig und ging, nein, vielmehr schritt ich die Treppen runter in Richtung des Küchenlärms. Nummer vierzehn erblickte ich noch nicht. Staunend schaute ich mich um. Es war kein wirrer Traum. Ich war tatsächlich in einem kleinen Schloss. In der Küche traf ich auf die Hausherrin, Nummer vierzehns Großmutter. Sie war sehr nett, aber auch dezent zurückhaltend. Meine Rolle war ihr nicht ganz klar, offensichtlich kamen nur äußerst selten Freunde der Enkel zu Besuch. Was ja an sich auch normal ist. Und was tun nun einander fremde Frauen? Küchenarbeit. Es wurde ein Festmahl vorbereitet und ich half, wo ich nur konnte. So konnte ich mich wenigstens nützlich machen und stand nicht verloren herum.
Endlich erschien Nummer vierzehn. Er schnappte mich und zerrte mich in den opulenten Garten. Dort saß, Klischee, Klischee, der Hausherr. Nummer vierzehn stellte mich ihm vor, ich sagte höflich Guten Tag, und konnte mich gerade davon abhalten, einen Knicks vor ihm zu machen, so viel Macht ging noch von diesem alten Mann aus. Er musterte mich argwöhnisch aus seinem knittrigen Gesicht heraus mit dunklen Augen, als würde er genau ahnen, dass sein Enkel besser daran täte, die Finger von mir zu lassen. Und was sagt man dann in so einem Moment? Der gute Mann sah nicht so aus, als würde er sich von weibischem Smalltalk-Geplapper beeindrucken lassen. Nummer vierzehn entschärfte die peinliche Schweigelücke, indem er vorschlug, einen kleinen Spaziergang zu machen, bis das Essen fertig sei. Auja, bloß weg von diesem Großvater-Urgestein, dessen skeptischen Blick und offensichtliche Antipathie ich nicht länger ertragen konnte.
Nun spazierten wir also durch die kleine dezente Parkanlage. Auf einem abgelegenen Hügelchen nahmen wir im Gras Platz und ließen uns die Sommersonne auf die Bäuche scheinen. Wir erzählten und erzählten und erzählten, die Themenkette riss einfach nicht ab. Im Sonnenlicht bemerkte ich, was für wahnsinnig blaue Augen der junge Mann hatte. Ich stand schon immer auf blaue Augen. Ich betrachtete ihn und plötzlich tummelten sich immer mehr unanständige Gedanken in meinem versauten Hirn. Wie es wohl wäre, ihn zu küssen? Wie es wohl wäre, hier auf der Stelle mit ihm ... ? Ich betrachtete ihn länger während er erzählte und befand seine stark beharrten Unterarme als äußert sexy. Das wiederum verwunderte mich sehr, bisher fand ich starke Männerbehaarung sehr. Doch plötzlich zog mich diese Männlichkeit ausstrahlende Bepelzung massiv an. Natürlich ließ ich mir meine Fantasien nicht anmerken. Aber die Luft knisterte deutlich zwischen uns. Ich spürte auch, dass er mich länger als angemessen betrachtete, und er ähnliche Gedanken wie ich hatte. Wir lagen im Gras, dicht beieinander, und ab und an berührten sich ganz zufällig unsere Arme. Wieder diese kleinen unoffensichtlichen Berührungen, die ganze Erregungsblitze durch den Körper jagen.
Um das herrschaftliche Festmahl nicht zu verpassen, zu dem der halbe Familienclan eingeladen war, mussten wir die uns fast um den Verstand bringende surrende Sommer-Gras-Faulerei aufgeben und uns zurück ins Haus bemühen. Wir ordneten unsere Gedanken und strichen uns das Gras von den Kleidern. Vor den Schlossherren musste wieder piccobello Eindruck gemacht werden. Meine innere Unsicherheit konnte ich prima überspielen und gab die charmante, junge, gut gebildete und wohlerzogene kosmopolitische Elite-Dame. Die Rolle stand mir ausgezeichnet. Ich war noch immer völlig fasziniert von der ganzen Situation. Da lerne ich per Zufall einen luxemburgischen
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