Liebe und andere Schmerzen
spartanisch mit einer Matratze, einem Fernseher, einer Lampe und allerlei herumliegenden Gegenständen ausgestattet war. Nun ja, aufräumen konnte man sich in jenen letzten Stunden getrost schenken. Auf einem freien Flecken Boden ließ ich mich nieder und wartete auf den kalten Kaffee und natürlich noch mehr auf Simon.
Das Warten war unerträglich in diesen Stunden, jede Sekunde, die verging, war eine Sekunde zu viel und man hätte sie sinnvoller nutzen können. Der Countdown lief und doch versuchten wir ein Stück Normalität zu wahren.
Nach einer gefühlten Ewigkeit stand Simon endlich in der Wohnschlafzimmertür und hielt zwei Tassen nichtdampfenden Kaffees in der Hand. Er kam zu mir herüber, reichte mir eine der beiden Tassen und setzte sich mir gegenüber. Wir schwiegen und nahmen ein paar Schlucke des widerlich schmeckenden, braunen Gesöffs.
Schließlich war ich es, der es wagte die Stille zu brechen: »Steht der Plan mit heute Abend noch?«
»Klar, warum sollte er nicht?«,entgegnete mein Gegenüber.
Wie sehr hatte ich mich auf dieses Treffen gefreut und nun, da es stattfand, war es überhaupt nicht so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es war gezwungen und gekünstelt. Die Angst wies jedes Gefühl von trauter Zweisamkeit in die Schranken. Ich sah ganz deutlich Simons bedrückte Stimmung und wollte sie allzu gerne wettmachen, doch wie?
»Ich mach mal Musik an«, war Simons Vorschlag, der wie ein Eisbrecher wirkte.
»Aber der Strom ist doch weg!«, war mein Einwand.
»Wozu gibt es Akkus«, sagte Simon und schloss seinen MP3-Player an die tragbaren Boxen an. Maroon 5 ›This Love‹ erklang und diese Liebe zwischen uns beiden entbrannte wie ein Feuerwerk.
Blicke genügten und sagten sowieso vielmehr als tausend Worte. Ich stand auf, bahnte mir meinen Weg zur Matratze genau wie Simon. Wir standen uns gegenüber und die Lippen begaben sich auf Kollisionskurs. Es war ein inniger Kuss, der eine Entladung der inneren Anspannung bewirkte. Das Eis war vollends gebrochen und ich spürte, wie Simons Hände sich ihren Weg durch meine Jeans bahnten und in meine Boxershorts glitten.
Die letzten Akkorde von ›This Love‹ verhallten und wichen für ›Starlight‹ von Muse. Auch der Kuss wich dem gegenseitigen Entkleiden des Oberkörpers. Alle Gedanken an das nahende Ende waren verflogen und in jenem Moment der gegenseitigen Liebkosungen waren wir beide unendlich. Es gab nur das Hier und Jetzt, welches erfüllt von Zärtlichkeit war. Die Lust am anderen trieb uns an und vernebelte alle Sinne. Der Geruch seiner Haut machte mich an und der Geschmack seiner Haut brachte völliges Wohlgefallen.
Obwohl wir es in den letzten beiden Monaten unseres Zusammenseins schon ein paar Mal miteinander gemacht hatten, war der Sex dieses Mal umso intensiver und jeder Augenblick wurde ausgekostet. Es blieb das gegenseitige Geben und Nehmen, was ich an unserem Liebesspiel so schätzte und während unsere verschwitzten Körper sich in gegenseitiger Ekstase aneinander rekelten, merkten wir nicht, wie der Akku versagte und inmitten von Nirvanas ›The Man, who sold the World‹ aufgab und somit nur noch das lustvolle Stöhnen unseres Liebesakts die Luft in Schwingung versetzte.
Nachdem wir es einander mehrmals einzeln besorgt hatten, kamen wir im wortlosen Einverständnis überein noch ein letztes Mal zusammen zu kommen. Und so geschah es denn, dass wir zum ersten Mal gemeinsam zum Höhepunkt kamen, um dann anschließend eng umschlungen einen Moment inne zu halten, um den aufgeheizten Körpern eine kurze Rast zu gönnen. Es war ein unbeschreibliches Gefühl nach der entladenen sexuellen Spannung hier in seinen Armen, eng an seinem nackten verschwitzten Körper zu liegen. Wenn dieses Schauspiel doch nur ewig hätte weitergehen können.
Lärm drang von draußen in unsere kleine Idylle. Unruhe machte sich in den Straßen breit, als Lautsprecher das Signal für die letzten vierundzwanzig Stunden der Menschheitsgeschichte ankündigten.
Aus Mittag wurde Abend und doch erhellte das Licht des immer größer werdenden Asteroiden die Gegend taghell, so dass die zu erwartende Dämmerung ausblieb.
»Wollen wir noch mal zusammen duschen, bevor wir aufbrechen?«, fragte Simon schließlich.
»Ja, wird wohl besser sein«, stimmte ich seinem Vorschlag zu und so gingen wir schäkernd in Richtung Badezimmer. Wir quetschten uns in die enge Duschkabine und stellten das Wasser an. Ein feines Rinnsal plätscherte aus dem großen Duschkopf, um
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