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Liebe und Marillenknödel

Liebe und Marillenknödel

Titel: Liebe und Marillenknödel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Sternberg
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unverschlüsselt war. Ich suchte eine Bahnverbindung heraus – in einer Stunde würde ab Hamburg-Altona ein Zug nach München fahren, und von dort aus ginge es im Nachtzug über den Brenner.
    Ist schon mal jemandem aufgefallen, wie sehr Nachtzüge stinken? Sie stinken, und wie, nach heimlich gerauchten Zigaretten und verschüttetem Bier.
    Ich werfe einen Blick aus dem Fenster. Wie spät es jetzt wohl ist? Ich hatte die ganze Zeit mein Handy ausgeschaltet, aus Angst vor einem Anruf von Nick. Ich wollte nichts von ihm hören.
    Aber jetzt? In nicht einmal einer Stunde bin ich in Brixen. Nun kommt es auch nicht mehr darauf an.
    Ich schalte das Handy ein, es fährt hoch – und fängt wie wild an zu piepsen. Nachricht um Nachricht erscheint, elf, zwölf, dreizehn – und natürlich fängt es prompt an zu klingeln. Es ist die Nummer von Alrein.
    Ich starre das Handy an, es vibriert und vibriert, wie ein wütendes, kleines Tier.
    Ich will nicht, denke ich. Egal, wer es ist, ich will nicht.
    Was soll ich denn sagen?
    Mit einem Schlag wird mir klar, dass das hier meine letzte Gelegenheit ist umzudrehen. Noch könnte ich einfach das Handy ausmachen, mich in einen Zug zurück nach Hamburg setzen und Helena und Lydia eine Freude bereiten. Mit dem Geld könnte ich mir dann in aller Ruhe überlegen, was ich wirklich machen will.
    Ich könnte ein Buch schreiben über das alles.
    Aber eigentlich … eigentlich will ich das nicht wirklich. Ich will nicht nach Hamburg zurück. Ich habe dort nichts mehr verloren.
    Ich atme durch, dann drücke ich die Taste.
    » Hardenberg?«, melde ich mich mit geschäftiger Stimme, die dennoch nicht verbergen kann, wie belegt sie ist. » Hallo?«, wiederhole ich, denn der Schaffner hat irgendeine Durchsage gemacht, und ich habe niemanden gehört.
    » Hey«, sagt eine Männerstimme. Es ist Nick.
    » Hey«, sage ich reflexartig mit sanfter Stimme, aber dann erinnere ich mich an das, was ich mir vorgenommen hatte: So stark zu sein, dass es ihm wehtut.
    » Wo steckst du, Sophie?«, fragt er, ohne Vorwurf in der Stimme.
    » Ich wüsste nicht, was dich das angeht«, sage ich kühl.
    » Sophie, ich habe verzweifelt versucht, dich zu erreichen.«
    » Soll ich dich jetzt dafür loben, oder was?«
    » Was ist denn los, Sophie?«
    » Das müsstest du besser wissen, Nick.«
    Er schweigt.
    » Sophie«, sagt er dann.
    » Sophie, sag was.«
    » Sophie!«
    Aber ich kann nichts sagen. Mir stehen die Tränen in den Augen, und statt kühl und professionell zu sein, entweicht meiner Kehle ein Wimmern.
    » Sophie, du musst wieder herkommen, bitte, ja?«
    Ich antworte nicht, stattdessen fiepse ich wie ein Luftballon mit einem winzigen Loch drin, und ich presse die Augen zu und mir die Hand vor den Mund. Ich bin nicht stark. Ich bin nichts.
    » Hey, Sophie …«
    Der Lautsprecher knackst. » Nächster Halt – Franzensfeste«, meldet sich die Männerstimme, und ich beeile mich aufzulegen. Ich schalte das Handy aus und weiß überhaupt nicht, wohin mit mir.
    Wie heißt es immer in den ganzen blöden Berufsratgebern? » Never fuck the Company.« Ja ja. Aber noch nie hat einer aufgeschrieben, was man tun soll, wenn ein Mitarbeiter seiner Chefin das Herz gebrochen hat.
    Wieder muss ich weinen. Ach was, ich flenne richtig.
    » Prossima fermata – Bressanone«, jubiliert die Frauenstimme. Ich hasse sie, weil sie so glücklich klingt. Und ich hasse sie, weil ich hier rausmuss und nicht einfach sitzen bleiben kann, bis es mir besser geht.
    Ich wische mir das Gesicht ab, stehe auf und sehe an mir herunter. Mein Bleistiftrock, meine Bluse, meine Pumps. Ich Idiotin hätte wenigstens auf die Idee kommen können, mir noch eine zweite Garnitur einzupacken, denn nach der Nacht im Liegesitz sehe ich nicht aus wie eine erfolgreiche Business-Frau, sondern wie ein Flittchen, das die Nacht durchgesoffen hat.
    Ich strubble mir durchs Haar, zupfe mir den Rock gerade und klemme meine Handtasche unter den Arm. Ich versuche zielstrebig auszusehen, dabei weiß ich gar nicht, wo ich hinsoll.
    Um nach Alrein zu kommen, müsste ich so schnell wie möglich den Taxi-Messner anrufen. Aber ich will noch nicht nach Alrein.
    Der Zug kommt quietschend zum Stehen. Als ich aussteige, umfangen mich hochsommerliche Temperaturen und Lautsprechergeplärr. Um mich herum herrscht reges Treiben. Ich beeile mich, zum Ausgang zu kommen – wenn man schon nicht weiß, wohin mit sich, sollte man wenigstens nicht auch noch danach aussehen.
    Ich stakse den Bahnsteig hinab

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