Liebe und Verrat - 2
Sargent und bleibe direkt hinter ihrem grauen Ross.
Sie behält die Führung, bis wir schließlich die unsichtbare Linie überqueren, die wir in unzähligen Rennen als Ziel gesetzt haben. Die Pferde werden langsamer und Sonia schaut über ihre Schulter hinweg zu mir.
»Endlich! Gewonnen!«
Ich lächle und trabe zu ihr. Am Ufer des Teichs zügeln wir die Pferde. »Nun, das war nur eine Frage der Zeit. Du bist eine ausgezeichnete Reiterin geworden.«
Sie strahlt vor Freude. Wir steigen ab und führen die Pferde zum Wasser. Schweigend warten wir, während sie trinken, und ich wundere mich darüber, dass Sonia überhaupt nicht außer Atem ist. Es ist kaum vorstellbar, dass sie vor gar nicht allzu langer Zeit Angst hatte, überhaupt in den Sattel zu steigen, von einem Galopp über die Hügel, wie wir ihn nun mehrmals in der Woche genießen, ganz zu schweigen.
Nachdem die Pferde ihren Durst gelöscht haben, gehen wir hinüber zu der mächtigen Kastanie, die neben dem Wasser wächst. Wir binden die Pferde an den Stamm und setzen uns in das hohe Gras, stützen uns auf die Ellbogen. Die Wollhosen kneifen an meinen Schenkeln, aber ich beklage mich nicht. Sie tragen zu dürfen, ist ein Luxus. In ein paar Stunden schon werde ich mich zum Abendessen mit lauter feinen Leuten in ein Seidenkleid zwängen müssen.
»Lia?« Sonias Stimme weht wie eine Brise zu mir.
»Hmm?«
»Wann gehen wir nach Altus?«
Ich schaue sie an. »Ich weiß nicht. Ich vermute, wenn Tante Abigail denkt, ich sei bereit, und mich holen lässt. Warum?«
Einen Moment lang scheint sich ihr sonst so gelassenes, ruhiges Gesicht unruhig zu verziehen, und ich weiß, dass sie an die Gefahr denkt, in die wir uns auf der Suche nach den fehlenden Seiten begeben.
»Ach, wahrscheinlich möchte ich es einfach nur hinter mich bringen. Das ist alles. Manchmal …« Sie wendet sich ab und blickt über die Felder von Whitney Grove. »Manchmal kommt mir alles, was wir tun, so sinnlos vor. Wir sind den verlorenen Seiten keinen Schritt näher gekommen, seit wir hier sind.«
In ihrer Stimme liegt eine ungewöhnliche Schärfe, und plötzlich tut es mir leid, dass ich mich so sehr meinen eigenen Problemen, meinem eigenen Verlust zugewandt habe. Ich habe mich nicht genug um die Last gekümmert, die sie tragen muss.
Mein Blick wandert zu dem schwarzen Samtband um Sonias Handgelenk. Das Medaillon. Meins. Es liegt an ihrem Handgelenk, um mich zu schützen, aber ich kann mir nicht helfen: Ich sehne mich nach dem weichen, trockenen Samt, nach dem kühlen Gold der Scheibe auf meiner Haut. Mein unerklärliches Verlangen danach ist wie ein Mühlstein um meinen Hals. Es ist mein Schicksal. Seit dem Augenblick, als es seinen Weg zu mir fand.
Ich greife nach ihrer Hand und lächle, fühle die Traurigkeit dieses Lächelns auf meinem Antlitz. »Es tut mir leid, wenn ich dir nicht genug dafür danke, dass du mir eine große Last von den Schultern nimmst. Ich weiß nicht, was ich ohne deine Freundschaft täte. Wirklich nicht.«
Sie lächelt scheu und macht eine wegwerfende Handbewegung. »Sei doch nicht dumm, Lia! Du weißt, dass ich alles für dich tun würde. Alles!«
Ihre Worte glätten die Wogen der Unruhe in mir. Bei all dem, was ich fürchten muss, bei all den Menschen, denen ich misstraue, liegt ein unermesslicher Trost in der Freundschaft, die – wie ich weiß – niemals enden wird, was auch immer noch vor uns liegen mag.
Die Abendgesellschaft der Society ist so angenehm und so elegant wie jede andere Londoner Gesellschaft. Der Unterschied ist kaum spürbar und kann nur von wachsamen Gemütern wahrgenommen werden.
Während wir durch die Räume schlendern und uns mit den anderen Gästen unterhalten, löst sich meine Anspannung. Obwohl die Prophezeiung noch immer unser Geheimnis ist, meins und Sonias, ist dies der Ort, an dem ich am meisten ich selbst bin. Nur dank der Society haben Sonia und ich Gleichgesinnte kennengelernt und ich bin Tante Virginia für ihr Empfehlungsschreiben zutiefst dankbar.
Ich entdecke eine elegante Frisur aus leuchtenden Silberhaaren in der Menge und lege Sonia die Hand auf den Arm. »Komm mit. Da ist Elspeth.«
Die ältere Dame hat uns ebenfalls entdeckt und bahnt sich jetzt würdevoll einen Weg zwischen den Menschen hindurch, bis sie vor uns steht. Sie lächelt. »Lia! Liebes! Ich freue mich, dass du gekommen bist. Und auch über dich, Sonia!« Elspeth Shelton beugt sich vor und küsst die Luft neben unseren Wangen.
»Das hätten wir um alles
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