Liebe vor der Kamera
ich hätte dich
besser kennen müssen, Claude .« Ihre Stimme wurde
scharf. »Du und deine wirklichkeitsfremde Naivität. Was meinst du wohl, warum
ich dir den Film geschickt habe? Er sollte dir den Rest geben. Er sollte dir
die letzten Illusionen über deine Tochter rauben und dich für immer von ihr und
allen Gedanken an sie befreien. Aber nein! Du mußtest Holman engagieren .« Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Mein Gott!
Es ist wirklich zum Totlachen, wenn ich es mir recht überlege. Du hast ihn
nicht einmal engagiert, um deine Tochter zurückzuholen, wie jeder normale Vater
das getan hätte. Du hast ihn engagiert, um herauszufinden, ob ihr die Filmerei
Spaß machte !«
»Sei still !« Vargas trat einen raschen Schritt auf sie zu, zwang sich dann zur Ruhe. »Du
weißt ja gar nicht, was du redest. Halt’ den Mund.«
»Ich weiß genau, was ich sage,
Claude«, versetzte sie leise. »Ich kenne dich. Jeder kennt dich. Es ist
genauso, wie deine liebe Tochter vorhin sagte — du triffst niemals eine
Entscheidung, wenn du ihr aus dem Weg gehen kannst .«
»Eine Frage würde ich gerne
stellen«, warf Marisa unvermittelt ein. »Sie war mir noch gar nicht gekommen,
ehe Rick sie vorhin anschnitt. Daß diese Zeitung mit der gekennzeichneten
Annonce in meinem Zimmer landete, war wohl gar kein Zufall ?«
Gail Corinth lachte ihr
höhnisch ins Gesicht.
»Du bist wie dein Vater, mein
Kind. Ein offenes, zum Sterben langweiliges Buch. Ich konnte fast auf die
Minute genau den Moment berechnen, in dem du reif sein würdest, dein Zuhause
für immer zu verlassen. Bill Wilson folgte dir zu dem miesen Hotel, drückte dem
Knaben am Empfang ein paar Scheinchen in die Hand, damit er uns über dein Tun
und Treiben auf dem laufenden hielt, und als wir den rechten Moment gekommen
sahen, schoben wir dir die Zeitung ins Zimmer.«
»Sie gemeines Biest !« zischte Marisa. »Ihnen habe ich es also zu verdanken —«
»Da mache dir nur nichts vor,
meine Süße«, unterbrach Gail Corinth ätzend. »Schon bei unserer ersten
Begegnung wußte ich, was du bist. Eine kleine Nymphomanin. Und stinkend faul.«
Sie lachte wieder. »Du wirst dein Leben lang nicht einen Finger rühren, wenn du
es irgendwie vermeiden kannst, mein Kind. Dir haben die Ausschweifungen vor der
Kamera Spaß gemacht, und besonderen Spaß hat es dir gemacht, dafür noch bezahlt
zu werden. Versuche ja nicht, mir etwas anderes weiszumachen .«
Marisa stieß einen erstickten
Laut aus und brach in Tränen aus. Es war ein erschütterndes Bild. Die Tochter
in Tränen aufgelöst und völlig niedergeschmettert, der Vater zur Salzsäule
erstarrt, krampfhaft bemüht, Haltung zu bewahren, die Schurkin des Stücks
völlig Herrin der Situation.
»Weißt du was, Claude ?« bemerkte Gail Corinth nachdenklich. Ihr verdient
einander. Aber ich weiß, daß Marisa nicht lange bleiben würde, weil sie sich
binnen kurzem zu Tode langweilen wird, und dich würde es nur Nerven kosten,
wenn sie bliebe. Du willst doch gar nicht mit ansehen müssen, wie sie mit jedem
Mann, der ihr über den Weg läuft, ins Bett steigt, oder? Außerdem — «, sie
zuckte leichthin die Achseln — , »fängt nächste Woche
die Vortragsreise durch die Oststaaten an, und du weißt genau, daß du ohne mich
Schiffbruch erleiden würdest.« Ihre Stimme wurde wieder scharf. »Stimmt das
nicht ?«
»Ich fühle mich gar nicht
wohl«, murmelte er. »Ich muß mich eine Weile hinlegen .«
»Tu das«, sagte sie. »Ich koche
dir später eine Tasse Tee .« Sie leckte sich die
Unterlippe. »Willst du dich von Marisa verabschieden, ehe du gehst ?«
»Nein.« Er senkte den Kopf und
schritt rasch zur Tür. »Nein, ich glaube nicht .«
»Ich werde alles erledigen«,
erklärte sie voller Selbstvertrauen. »Ich nehme an, du wirst ihr etwas Geld
geben wollen ?«
»Wie du meinst«, erwiderte er rauh und rannte beinahe aus dem Zimmer.
»Wird der Erfolg Claude Vargas
jemals ändern ?« schnurrte Gail Corinth. »Sie sehen, er
geht ihm über alles .« Sie blickte mich triumphierend
an. »Ich habe es Ihnen schon zu Anfang gesagt, Holman. Er und ich, wir brauchen
einander .«
»Ja, das haben Sie gesagt .« Ich stand auf und zog Marisa hoch. »Ich denke, wir gehen
besser .«
»Wenn Marisa nicht lieber
bleiben möchte ?« Gail leckte sich wieder die
Unterlippe, als schmeckte sie köstlich. »Ich kann ihr noch vieles über sich
selbst sagen, wenn sie es sich anhören möchte .«
»Ich gehe mit Rick«, sagte
Marisa mit
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