Liebe wird oft überbewertet
anderen unterordnet.
Die Partnerschaftslüge
Das Paar, wie es sein soll, bleibt ein Leben lang zusammen, ist sich gegenseitig Stütze und bester Freund und genießt auch nach zwanzig Jahren Beziehung immer noch mehrmals wöchentlich leidenschaftlichen Sex miteinander.
Die Realität:
Dieses Ideal wird natürlich so gut wie nie erreicht, denn die Idee dauerhaft leidenschaftlicher Partnerliebe ist ja a priori ein unauflöslicher Gegensatz.
Die Kinderlüge
Auch wenn die Beziehung keinen Spaß mehr macht und mühsam ist – wegen der Kinder muss man zusammenbleiben, sie bekommen sonst einen Schaden.
Die Realität:
Das Unglücksdreigestirn Vater-Mutter-Kind ist oft der Quell einer traurigen Kindheit. Viele Eltern verstehen sich nach der Trennung besser und begegnen einander mit größerem Respekt, das freut auch das Kind.
Die Neidlüge
Paarkritikerinnen und Singles sind ja nur neidisch, weil sie Pech gehabt haben, weil sie nicht fähig sind, eine Beziehung zu führen. In Wirklichkeit wünscht sich jeder Mensch nichts sehnlicher als Teil eines Paares zu sein.
Die Realität:
Wie kann man oder frau neidisch auf eine unterentwickelte Lebensform sein, bei deren Anblick man nur immer wieder ein tiefempfundenes »Aber so leben – nein, danke!« ausrufen will?
Die Naturlüge
Das Pärchentum – die Einehe – ist die natürliche Lebensform des Menschen. Das war schon immer so.
Die Realität:
Man weiß doch längst: Sexualität und Partnerschaft gehören nicht unauflöslich zusammen, sondern richten sich nach ökonomischen Notwendigkeiten, die Idee der romantischen Liebe entstand erst im 18 . Jahrhundert.
Die Tierlüge
Selbst Tiere leben als Paar zusammen und bleiben sich manchmal ein Leben lang treu!
Die Realität:
Während tatsächlich 90 % aller Vogelarten monogam leben, ist die Einehe unter Säugetieren, zu denen bekanntlich auch der Mensch gehört, eher die Ausnahme. Lediglich 3 % aller Säugetiere leben in einer festen Paarbeziehung. Und bei unseren engsten Verwandten, bei den wie wir zu den Primaten gehörenden Menschenaffen, leben fast alle Arten polygyn – das Männchen paart sich mit mehreren Weibchen.
Die Techniklüge
Durch Praktiken und Übungen kann jedes Paar zu einer erfüllten Sexualität kommen. Sex kann mit gutem Willen und Anstrengung unter der Aufsicht von Sexualwissenschaftlern, Psychotherapeuten und Esoterikern erarbeitet werden.
Die Realität:
Wenn das Begehren fehlt, hilft auch die beste Technik nix. In der Geschichte der Liebe wird von jeher die eheliche von der leidenschaftlichen Liebe getrennt. Auch die Einehe funktioniert nur mit angeschlossenem Konkubinat.
Die Erlösungslüge
Die gemeinste aller Pärchenlügen: Man muss nur den richtigen Partner, die richtige Partnerin finden, dann sind alle Bedürfnisse – ganz gleich ob geistiger, emotionaler oder erotischer Natur – dauerhaft erfüllt, ist der Sinn des Lebens gefunden. Endlich im Pärchenhimmel angekommen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen.
Die Realität:
Dem Tod kann niemand entrinnen. Die Betriebsamkeit der Welt dient nur dazu, die Tatsache zu verschleiern, dass wir alleine geboren sind und alleine sterben müssen. Man kann sich in Liebesabenteuer oder Pseudofreundschaften flüchten, um der Einsamkeit abzuhelfen – es wird nicht gelingen.
Die Arbeitslüge
Liebe ist Arbeit. Nach der kurzen Zeit der Verliebtheit muss man sich die wahre Liebe erarbeiten.
Die Realität:
Ganze Berufszweige leben von der Arbeitslüge. Tatsache ist aber, wenn Liebe zur Arbeit wird, macht sie unglücklich.
Die Sexlüge
Liebe und Sexualität sind untrennbar miteinander verbunden. Wer den anderen nicht begehrt, liebt ihn nicht wirklich.
Die Realität:
Sex wird wie Liebe oft überbewertet. Das Thema »Kein Sex« ist so tabuisiert, dass kaum jemand offen über die tatsächliche Sexfrequenz spricht. Fest steht: Gerade in längeren Beziehungen spielt Sex so gut wie keine Rolle mehr.
Berlin, 6 . Januar
Berlin ist Westsibirien. Es liegt immer noch so viel Schnee, seit Wochen stapft man jetzt schon durch die Straßen, sogar der ganze Silvesterdreck wurde unter der Schneedecke begraben, und die Besucher aus den ordentlicheren Weltgegenden wundern sich: »Bei euch wird ja gar nicht geräumt!« Tatsächlich fühlt sich in Berlin keiner so richtig für Schnee und Eis verantwortlich, man ist sich uneinig, wer räumen müsste – die Hausbesitzer oder die Stadt? Der gute alte Hausmeister heißt jetzt Facility Manager, betreut Hunderte
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