Liebe wird oft überbewertet
als die unfreiwilligen Singles und die Pärchen. Vielleicht antworten sie aber auch nur ehrlicher? In der Wochenzeitung »Jungle World« wurde eine Debatte darüber geführt, wie »links« Polyamorie ist, beziehungsweise, ob die Polyamorie nicht gerade die passende Beziehungsform für den Neoliberalismus ist. Schließlich erlaube sie, vielfältigere Beziehungen zu pflegen, und vereinfache es daher, das Privatleben mit dem Gebot der Flexibilität und unsteten, mehrfach gebrochenen Karrierewegen in Einklang zu bringen.
Wer sich aus alldem raushält und allein lebt, braucht aber nicht auf ein reges Gefühlsleben verzichten. Denn das lässt sich auch außerhalb einer Beziehung finden: durch vielfältige Kontakte, durch intensive Freundschaften, aufreibende Seelenverwandtschaften, herzliche Kameradschaften, solidarische Nähe, Freundinnenverbände, in der Gruppe, Clique, in der WG , im Freundesschwarm.
Liebe wird oft überbewertet
Lassie Singers ( 1995 )
Liebe wird oft überbewertet
Liebe ist nicht so wichtig, wie man denkt
Liebe ist nur ein Teilaspekt des Lebens
Und die anderen Teile sind auch nicht schlecht
Überflüssige Liebeslieder
Falsch und schlecht und laut
Tun so als wär das Leben auf der Sehnsuchtsbasis aufgebaut
Und das stimmt nicht, das ist ganz falsch, denn:
Liebe wird oft überbewertet …
Überflüssige Liebesfilme – Handlung unwahrscheinlich familienfixiert
Jugendliche werden so darauf konditioniert, dass das Leben nur als Paarbindung funktioniert
Und das stimmt nicht, das ist ganz falsch
Überflüssige Werbefilme, Pärchenromantik-Ergiffenheitssex
Partnervermittlung wird immer obszöner und fragt:
Wäre Fernsehen zu zweit nicht viel schöner?
Nein! Pfui Teufel! Denn:
Liebe wird oft überbewertet …
Liebe – ist gar nicht wichtig
Liebe – ist Baldrian fürs Volk
Liebe – ist frei erfunden, ist tautologisch, nämlich:
Liebe – was soll das?
Literaturhinweise
Anonymus: Die Fünfzehn Freuden der Ehe. Berlin 1998
Barthes, Roland: Fragmente einer Sprache der Liebe. Frankfurt/Main 1988
Beck, Ulrich; Beck-Gernsheim, Elisabeth: Das ganz normale Chaos der Liebe. Frankfurt/Main 1990
Bergmann, Martin S.: Eine Geschichte der Liebe. Frankfurt/Main 1999
Bernard, Jessie: The Future of Marriage. Harmondsworth 1976
Burkart, Günter; Hahn, Kornelia: Liebe am Ende des 20 . Jahrhunderts. Opladen 1988
Burscheid, Peter; Teuteberg, Hans-Jürgen (Hrsg.): Ehe, Liebe, Tod. Münster 1983
Caruso, Igor A.: Die Trennung der Liebenden. Bern und Stuttgart 1974
De Beauvoir, Simone: Das andere Geschlecht. Sitte und Sexus der Frau. Reinbek 1983
Defoe, Daniel: Der rechte Gebrauch und Missbrauch des Ehe-Bettes. Lightning Source UK Ltd 2011
Faulstich, Werner: Beziehungskulturen. Paderborn 2007
Faludi, Susan: Backlash. Die Männer schlagen zurück. Reinbek 1995
Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens. Frankfurt/Main 1956
Jaeggi, Eva; Hollstein, Walter: Wenn Ehen älter werden. München 1985
Giddens, Anthony: Wandel der Intimität. Liebe und Erotik in modernen Gesellschaften. Frankfurt/Main 1993
Illouz, Eva: Der Konsum der Romantik. Liebe und die kulturellen Widersprüche am Ende des 20 . Jahrhunderts. Frankfurt/Main 2003
Kemper, Peter; Sonnenschein, Ulrich: Das Abenteuer Liebe. Bestandsaufnahme eines unordentlichen Gefühls. Frankfurt/Main 2004
Klotter, Christoph: Liebesvorstellungen im 20 . Jahrhundert. Gießen 1999
Luhmann, Niklas: Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität. Frankfurt/Main 1982
Maiwald, M.; Schreiber, A.: Die biologischen Grundlagen von Paarverhalten. Eine Übersicht biopsychologischer Konzepte. In: Amelang, Manfred u.a. (Hrsg.): Grundlagen partnerschaftlicher Beziehungen. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle 1995
Meier, Heinrich (Hrsg.): Über die Liebe. Ein Symposion. München 2001
Ovid: Remedia amoris/Heilmittel gegen die Liebe. Stuttgart 1992
Kreps, Bonnie: Abschied vom Märchenprinzen. Eine Abrechnung mit der romantischen Liebe. Frankfurt/Main 1994
Schmölders, Claudia (Hrsg.): Die Erfindung der Liebe. Berühmte Zeugnisse aus drei Jahrtausenden. München 1996
Sigusch, Volkmar: Neosexualitäten. Über den kulturellen Wandel von Liebe und Perversion. Frankfurt/Main 2005
Simmel, Georg: Schriften zur Philosophie und Soziologie der Geschlechter. Hrsg. v. H. J. Dahme, K. Köhnke. Frankfurt/Main 1985
Rosenbaum, Heidi (Hrsg.): Seminar Familie und Gesellschaftsstruktur. Materialien zu den sozioökonomischen Bedingungen von Familienformen. Frankfurt/Main
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