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Liebe wird oft überbewertet

Liebe wird oft überbewertet

Titel: Liebe wird oft überbewertet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Rösinger
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als verheiratete Frauen und gleichaltrige Singlemänner sind.
    Bald nahm sich die »Single-Industrie« des neuen Lebensstils an, stellte sich auf die Bedürfnisse von Unverheirateten ein und erfand in den achtziger Jahren den Yuppie – den »young urban professional« – als Synonym des Singles. Yuppies waren Singles, die in den luxuriösen Lofts der Großstädte wohnten, in Bistros brunchten und ihr vieles Geld für Markenartikel, trendy Sportarten und Fernreisen ausgaben.
    Fast gleichzeitig wurden in den Medien mit dem Schreckgespenst des »marriage squeeze« (Heiratsengpass) die Nachteile des beruflichen Erfolgs und der lockeren Lebensweise heraufbeschworen. Die Singlefrau wurde zur bedauernswerten heiratswilligen Karrierefrau umgeschrieben, die keinen passenden Mann findet.
    Diese Umschreibung begann mit der sogenannten Harvard-Yale-Heiratsstudie und erreichte ihren Höhepunkt mit Veröffentlichung der Titelgeschichte »Too late for Prince Charming« im Nachrichtenmagazin Newsweek. In dem Artikel wurde der 40 -jährigen unverheirateten Karrierefrau bescheinigt, dass ihre Aussichten, noch einen Ehemann zu finden, geringer seien, als von einem Terroristen erschossen zu werden. Bei einer 35 -Jährigen lägen die Chancen auf Verheiratung immerhin noch bei 5 %. Die Diskussion und der Terrorismusvergleich wurden auch in der Belletristik weiterverarbeitet, und die Statistik fehlt bis heute in keinem Singleratgeber.
    Susan Faludi führt in ihrem Buch »Backlash – The Undeclared War Against American Women« aus dem Jahre 1991 aus, wie diese Erfindung des Heiratsengpasses zum Rückschlag für die feministische Bewegung wurde. Mit fragwürdigen Statistiken und dem Drohbild von der tickenden biologischen Uhr wurde das Bild der »alten Jungfer« reinstalliert, um die Errungenschaften des Feminismus rückgängig zu machen.

Liebe – Was soll das?
    In der heutigen Paargesellschaft ist die Paarbeziehung Pflicht und Regel, dabei sieht doch die Wirklichkeit ganz anders aus! Dabei ist doch jeder – außer den Beziehungshoppern und Kettenbeziehungsfans – einmal für kürzere oder längere Zeit allein.
    Die traditionelle Darstellung der Beziehungen zwischen Mann und Frau hinkt trotz ihrer massiven Verbreitung durch Medien und Werbung ihrer Zeit hinterher. So bleiben längst überholte Modelle in der kollektiven Vorstellung weiterhin haften.
    Alleinleben wird meistens als Folge einer missglückten Beziehung angesehen – und nicht als freie Entscheidung. Wer allein lebt, hat keinen oder keine abgekriegt – Alleinleben ist der Weg in Askese und Unglück. Also besser eine unglückliche Beziehung als gar keine. Gesellschaftlich steht man unglücklich, aber gebunden, besser da. Und kann auf großes Verständnis hoffen. Eine unbefriedigende Beziehung, das kennt jeder, da kann jeder mitreden. Aber allein sein, das ist schlimm. Warum?
    Auf einen alleinstehenden Menschen wird die eigene Wahrnehmung der Einsamkeit projiziert. Wer selbst nicht allein sein kann, denkt, es muss auch für andere total furchtbar sein. Das Alleinsein ist also etwas absolut Negatives für diejenigen, die nicht allein leben, weil sie es nicht ertragen würden. Sie haben nie erfahren, dass es eine angenehme und produktive Einsamkeit gibt, dass man ohne Beziehung nicht auf Gefühle verzichten muss.
    Für Jüngere kann die Verzweiflung über das Alleinsein größer sein. Das Selbstbewusstsein ist noch nicht allzu ausgeprägt, man sitzt noch mehr den Versprechungen und Normen der Paargesellschaft auf: Ohne Freund oder Freundin bist du nichts, das haben schon die Teenager verinnerlicht. Und jede Fernsehserie, jedes HighSchool Musical, jeder Popsong singt das gleiche Lied.
    Dann gibt es noch das verbreitete Bild des Mannes in der Midlife-Crisis, der sich eine wesentliche jüngere Frau sucht und die gleichaltrige Ehefrau verlässt. Aber wenn man die Erfahrungsberichte der Psychologen und Paartherapeuten durcharbeitet, sieht es anders aus: Zwei Drittel der Scheidungen gehen auch in diesem Altersabschnitt von Frauen aus.
    In neueren Untersuchungen über Scheidungsursachen wird angeführt, dass Frauen höhere Erwartungen an ein »gutes«, emotional ausfüllendes Zusammenleben stellen und deshalb eher als Männer mit ihrer Ehe unzufrieden sind.
    Die Soziologin Elisabeth Beck-Gernsheim stellt in ihren Untersuchungen fest, dass Hoffnungen, die Männer und Frauen mit dem Stichwort Liebe verbinden, an wichtigen Punkten nicht übereinstimmen. Zu solchen

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