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Lieben: Roman (German Edition)

Lieben: Roman (German Edition)

Titel: Lieben: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Ove Knausgård
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Sohn Njaal und Christina waren aufgestanden. Ich duschte, zog mich an und ging hinauf. Ein älterer Mann von ungefähr siebzig Jahren mit einem sanften Gesicht und freundlichen Augen kam aus der Küche und begrüßte mich. Es war Geirs Vater. Wir unterhielten uns kurz darüber, dass ich in der Gegend aufgewachsen war, und wie schön es hier war. Er strahlte Güte aus, allerdings nicht in dieser offenen, fast wehrlosen Weise wie Lindas Vater, nein, in diesem Gesicht gab es auch Festigkeit. Nicht unbedingt Härte, aber… Charakter. Das traf es. Dann kam Geirs Bruder Odd Steinar herein. Wir gaben uns die Hand, und er setzte sich auf die Couch und begann, über dies und das zu plaudern, auch er freundlich und sanft, aber mit einer Schüchternheit, die sein Vater nicht besaß, und erst recht nicht Geir. Der Vater deckte den Frühstückstisch im Wohnzimmer, wir setzten uns, und ich fühlte die ganze Zeit, dass ihre Frau und Mutter am Vortag beerdigt worden und meine Anwesenheit deshalb unpassend war, aber gleichzeitig begegneten sie
mir mit Wohlwollen und Interesse, denn Geirs Freunde waren ihre Freunde, das Haus stand ihnen offen.
    Trotzdem atmete ich auf, als ich es hinterher verließ.
    Das Flugzeug ging erst am Nachmittag, so dass wir geplant hatten, ein bisschen durch die Gegend zu fahren, unter anderem nach Tromøya hinüber, wo ich lange nicht mehr gewesen war, und schon gar nicht in Tybakken, wo ich aufgewachsen war, um anschließend direkt zum Flughafen weiterzufahren, aber Geirs Vater bestand darauf, dass wir vorher noch einmal vorbeischauten, denn es war doch Samstag, er würde am Fischanleger Krabben kaufen, die durfte ich nicht verpassen, bevor ich nach Malmö zurückfuhr, solche Krabben hatten wir dort sicher nicht, oder?
    Na schön, das müssten wir eigentlich schaffen können.
    Dann setzten wir uns in den Wagen und fuhren Richtung Tromøya. Geir erzählte von Orten, an denen wir vorbeikamen, Anekdoten, die mit ihnen verbunden waren. Ein ganzes Leben hatte hier seinen Ursprung. Dann sprach er über seine Familie. Wer seine Mutter gewesen war, wer sein Vater und sein Bruder waren.
    »Es war interessant, sie kennen zu lernen«, sagte ich. »Jetzt verstehe ich besser, worüber du sprichst. Bei deinem Vater und deinem Bruder gibt es praktisch keine Berührungspunkte zu dir. Zu deinem Temperament, deinem Zorn und deiner Neugier. Deiner Rastlosigkeit. Dein Vater und dein Bruder sind einfach nur freundlich und sanft. Also, wo ist die Verbindung? Es gab natürlich jemanden, der abwesend war, und das ganz deutlich. Deine Mutter muss wie du gewesen sein. Stimmt’s?«
    »Ja. Das stimmt. Ich verstand sie, aber das war auch der Grund, warum ich fort musste. Übrigens schade, dass du sie nicht kennen gelernt hast.«
    »Ich komme, als es vorbei ist.«
    »Die solideste Verbindung zwischen den drei Generationen
ist wahrscheinlich, dass Njaal, Vater und ich einen vollkommen identischen Hinterkopf haben.«
    Ich nickte. Wir fuhren die Hügel vor der Tromøy-Brücke hinauf. Fortgesprengte Felsen, gebaute Straßen und Industriegebäude wie überall im Bezirk.
    Unter uns sah ich Gjerstadholmen, weiter hinten Ubekilen. Rechterhand Håvards Haus. Die Bushaltestelle, der Wald unterhalb, wo wir im Winter Skihänge angelegt hatten, im Sommer zum Schwimmen zu den Felsen hinuntergegangen waren.
    »Da rein«, sagte ich.
    »Da? Links? Oh, verdammt, hier hast du gewohnt?«
    Das Haus des alten Søren, der Baum mit Wildkirschen, und da, die Siedlung. Nordåsen ringvei.
    Mein Gott wie klein.
    »Da ist es. Geradeaus.«
    »Da? Das rote Haus?«
    »Ja. Als wir dort wohnten, war es braun.«
    Er hielt an.
    Wie klein hier alles war. Und wie hässlich.
    »Da gibt’s nicht viel zu sehen«, sagte ich. »Komm schon, wir fahren weiter. Den Hügel hoch.«
    Eine Frau in einem weißen Anorak ging mit einem Kinderwagen vor sich abwärts. Ansonsten gab es nirgendwo ein Lebenszeichen.
    Olsens Haus.
    Der Berg.
    Wir hatten ihn Berg genannt, aber es war nur ein kleiner Hügel. Sivs Haus dahinter. Das Haus von Sverre und den anderen.
    Keine Menschenseele. Doch, da war eine Gruppe von Kindern.
    »Du bist so still geworden«, sagte Geir. »Bist du überwältigt?«
    »Überwältigt? Nein, eher unterwältigt. Es ist alles so klein hier. Das ist doch nichts. Das habe ich bis jetzt nie gesehen. Das ist doch nichts. Aber früher war es einmal alles.«
    »Ja-a du«, sagte er und lächelte. »Geradeaus?«
    »Wir fahren auf der Außenseite zurück, oder? An der

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