Lieben: Roman (German Edition)
klassischer Torjäger, fuhr mich ins Krankenhaus, während Martin, ein über zwei Meter großer Hüne von einem Dänen, den ich über den Kindergarten kannte, es übernahm, Linda und den Kindern mitzuteilen, was passiert war. In der Ambulanz war viel Betrieb, ich zog eine Nummer und setzte mich, um zu warten. Meine Schulter brannte, und wenn ich sie bewegte, spürte ich Stiche, aber der Schmerz war die halbe Stunde, bis ich an der Reihe war, erträglich. Ich erklärte der Krankenschwester an der Aufnahme die Situation, sie kam zu mir heraus, um mich kurz zu untersuchen, packte meinen Arm und bewegte ihn langsam zur Seite. Ich schrie laut und kräftig auf. AAAAAAA! Alle sahen mich an. Ein fast vierzig Jahre alter Mann im Trikot der argentinischen Nationalmannschaft mit Fußballschuhen an den Füßen, die langen Haare mit einem Haarband zu einem ananasartigen Sträußchen auf dem Kopf zusammengebunden, der vor Schmerzen aufjaulte.
»Kommen Sie bitte hier herein«, meinte die Krankenschwester, »damit wir Sie gründlich untersuchen können.«
Ich begleitete sie in einen benachbarten Raum, sie bat mich zu warten, ein paar Minuten später kam eine andere Krankenschwester, sie vollführte die gleiche Bewegung mit dem Arm, ich schrie erneut auf.
»Tut mir leid«, sagte ich, »ich kann nichts dafür.«
»Das macht doch nichts«, erwiderte sie und zog mir vorsichtig die Trainingsjacke aus. »Das Trikot müssen wir auch ausziehen. Meinen Sie, das geht?«
Sie begann, am Ärmel zu ziehen, ich schrie auf, sie machte eine kurze Pause, versuchte es noch einmal. Trat einen Schritt zurück. Sah mich an. Ich fühlte mich wie ein Riesenbaby.
»Wir müssen es aufschneiden.«
Jetzt war ich an der Reihe, sie anzusehen. Mein Argentinien-Trikot aufschneiden?
Sie holte eine Schere und schnitt die Ärmel auf, bat mich, als sie das Trikot entfernt hatte, auf einer Pritsche Platz zu nehmen und stach mir kurz über dem Handgelenk eine Kanüle in den Unterarm. Sie wolle mir etwas Morphium verabreichen, erläuterte sie. Als das erledigt war, ohne dass ich irgendeinen Unterschied spürte, schob sie mich in einen anderen Raum ungefähr fünfzig Meter weiter in dem labyrinthischen Gebäude, wo ich alleine sitzen blieb und darauf wartete, geröntgt zu werden, nicht ohne dass ich mich fürchtete, denn ich dachte, ich hätte mir die Schulter ausgerenkt, und wusste, dass es sehr schmerzhaft sein würde, sie wieder einzurenken. Aber es war ein Bruch, stellte der Arzt fest, es würde acht bis zwölf Wochen dauern, bis er verheilt war. Sie gaben mir ein paar schmerzstillende Tabletten, ein Rezept für weitere, legten eine Bandage in einer festen Acht über und unter der Schulter an, hängten mir die Trainingsjacke um und schickten mich nach Hause.
Als ich die Wohnungstür öffnete, kamen Vanja und Heidi angerannt. Sie waren aufgeregt, Papa war im Krankenhaus gewesen, das war ein Abenteuer. Ich erzählte ihnen und Linda, die ihnen mit John auf dem Arm folgte, dass ich mir das Schlüsselbein gebrochen hatte, was nicht weiter schlimm war, aber in den nächsten zwei Monaten würde ich nichts heben oder tragen oder den Arm anderweitig benutzen können.
»Ist das dein Ernst?«, sagte Linda. »Zwei Monate?«
»Ja, schlimmstenfalls drei«, antwortete ich.
»Eins ist jedenfalls sicher, du wirst nie wieder Fußball spielen«, sagte Linda.
»Ach ja?«, sagte ich. »Das entscheidest jetzt also du?«
»Ich muss immerhin mit den Konsequenzen leben«, erklärte sie. »Darf ich fragen, wie ich es schaffen soll, mich zwei Monate allein um alle Kinder zu kümmern?«
»Das wird schon gehen«, sagte ich. »Entspann dich. Ich
habe mir hier das Schlüsselbein gebrochen. Das tut weh. Und es ist ja nun wirklich nicht so, als hätte ich es mit Absicht getan.«
Ich ging ins Wohnzimmer und setzte mich auf die Couch. Jede Bewegung musste ich langsam machen und im Voraus planen, denn jede einzelne, kleine Abweichung führte dazu, dass mich der Schmerz durchzuckte. Ahh, Ohh, Uhh, sagte ich, als ich mich langsam hinsetzte. Vanja und Heidi verfolgten jede Bewegung mit großen Augen.
Ich lächelte sie an, während ich versuchte, mir das große Kissen in den Rücken zu schieben. Sie kamen ganz dicht zu mir. Heidi ließ ihre Hand über meine Brust gleiten, als wollte sie diese untersuchen.
»Dürfen wir den Verband sehen?«, sagte Vanja.
»Später«, sagte ich. »Weißt du, es tut ein bisschen weh, wenn ich mich an- und ausziehe.«
»Essen!«, rief Linda aus der
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