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Lieber Osama

Lieber Osama

Titel: Lieber Osama Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Cleave
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wieder das Konto so zu überziehen. Nur für den Fall, dass wir auch noch so langweilige Sachen bezahlen müssen wie Lebensmittel oder die Stromrechnung. Ja. Ja, ich lass dich ja schon in Ruhe. Bleib brav. Ich küsse dich. Bis dann.
    Jasper klappte das Handy zu und schaute es einen Augenblick lang nachdenklich an, ehe er es wieder in die Tasche steckte.
    - Okay, Petra hätten wir.
    - Ist sie shoppen gegangen?
    - Ja, sagte Jasper Black. Das kommt bei ihr vor.
    - Liebst du sie?
    - Ja.
    - Was willst du dann bei mir?
    - Darf ich mir mal eure Wohnung ansehen?, sagte Jasper Black.
    Tatsächlich schaute er sich alles an. Was allerdings nicht lange dauerte, da wir nur 3 Zimmer haben. Wohnzimmer, Kinderzimmer, Schlafzimmer.
    - Und das ist also das Zimmer deines Sohnes, sagte er.
    Ich ging mal davon aus. Ich meine, ich konnte ihn nicht sehen, denn ich musste in der Küche die Fischstäbchen im Auge behalten.
    - Das habt ihr aber schön eingerichtet, sagte er.
    - Ja, ist super geworden, nicht? Das Bett hat mein Mann gebaut, und die Vorhänge sind von mir.
    Jasper Black kam in die Küche zurück. Er hatte ein Foto von meinem Jungen in der Hand.
    - Du bist sicher sehr stolz auf so einen hübschen Kerl, sagte er.
    - Ja, hübsch ist er. Kommt eben nach seiner Mutter, hahaha.
    - Ja, sagte er. Das ist unverkennbar.
    - Willst du auch mal Kinder?
    - Ich liebe Kinder, sagte Jasper Black. Es ist nur so, dass Petra endlos mit ihnen shoppen gehen würde, und das würde die Weltwirtschaft schnell überhitzen.
    - Hmmm?
    Die Mikrowelle gab ihr Ping von sich. Die Pommes waren fertig. Jasper Black schaute aus dem Küchenfenster hinunter auf den dreckigen Hinterhof der Siedlung, wo sich alte Plastiktüten im Kreis drehten.
    - Nein, im Ernst. Ich liebe Kinder, sagte er.
    - Und was hält dich dann ab?
    - Es passt zurzeit nicht in Petras Karriereplan, sagte er.
    - Sie ist wohl sehr erfolgreich?
    - Das sind wir beide, sagte Jasper Black. Ich schüttete die Pommes auf zwei Teller.
    - Und was macht ihr genau bei dieser Zeitung? Jasper Black zuckte die Achseln.
    - Petra schreibt über Mode und ich über soziale Themen. Das heißt, wir schreiben das, was uns gerade in den Sinn kommt.
    Ich muss ihn irgendwie blöd angesehen haben.
    - Was ist?, sagte er. Hast du geglaubt, der Scheiß schreibt sich von selbst?
    - Nein, ich hätte bloß nicht gedacht, dass du das so negativ siehst.
    - Du kannst sicher sein, Petra täte das nicht. Im Gegenteil, sie würde dir lang und breit erklären, dass ihre Lifestyle-Kolumne nichts weniger ist als ein soziales Stimmungsbarometer und allemal ein quicklebendiges Forum für allerhand peppige Ideen.
    - Und du bist anderer Meinung?
    Jasper schob die Unterlippe vor und hielt das Bild meines Jungen vor sich hin.
    -Ich weiß nicht. Aber wenn ich ein Kind hätte, sagte er, könnte ich mir bestimmt nicht mehr so leicht einbilden, meine 800 Wörter die Woche machten die Welt irgendwie besser. Vergangenen Monat habe ich einen Artikel über Aids in Afrika geschrieben. Dabei kenne ich niemanden mit Aids. Und ich war auch noch nie in Afrika. Aber für den Artikel habe ich einen Preis gewonnen. Ich meine, das sagt doch alles. Hör mal, meinst du, die Pommes reichen für uns beide?
    - Sie müssen.
    Ich gab die Fischstäbchen auf den Teller, und wir aßen vor der Glotze, die Teller auf den Knien. Anpfiff war um 3. Auf den Rängen drängten sich die Leute, und die Schlachtgesänge waren ohrenbetäubend; sie machten mich jedes Mal fickrig.
    -Ich hatte ganz vergessen, wie gut Fischstäbchen schmecken, sagte Jasper Black.
    - Kein Problem, alles TK.
    Der Fernseher brüllte. Die Spieler kamen soeben aus dem Tunnel, wärmten sich auf dem Spielfeld auf.
    -Aber erklär mir alles, ja?, sagte Jasper Black. Ich will wissen, worauf es ankommt und was ein gutes Ergebnis wäre.
    - Naja, wir spielen in Rot und Chelsea in Blau. Und ein gutes Ergebnis wäre zum Beispiel, wenn wir sie vom Platz fegen und sie für den Rest ihres elenden Daseins die Fußballschuhe an den Nagel hängen.
    - Wow, sagte er. Du nimmst das wirklich ernst, hm?
    Im Fernsehen war die Aufstellung zu sehen. Ich räumte die Teller weg. Jasper Black folgte mir in die Küche. An der Spüle drehte ich mich um und sah ihn an. Da stand er in seinen feinen Klamotten und war ganz nervös.
    - Sag mal, ich weiß gar nicht, was hier gespielt wird. Was genau willst du eigentlich von mir, Jasper Black?
    Siehst du?, sagte er. Da ist es wieder. Diese Art, wie du sofort zum Punkt kommst, dieser Wunsch

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