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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Moment siegt seine Schönheit, im nächsten seine Hässlichkeit, wie sehr hat er sich seit damals verändert, Gilis schmales Bett drückt uns aneinander, und ich sage ohne Stimme, ich habe es mir geschworen, ich habe es mir geschworen, nie wieder wirst du mir so nahe kommen, und mit erstaunlicher Leichtigkeit löse ich mich, stoße seinen Körper von mir, der weich und luftig geworden ist, als habe er sich in ein mit Schaumstoff gefülltes Plüschtier verwandelt. Sein Gesicht ist noch immer in den Hals der Löwin vergraben, sein Rücken schaukelt über den Plüschtieren, die seinen Geruch aufsaugen, der Gili nachts im Schlaf und tagsüber beim Spielen begleiten wird. Was willst du von mir, stöhnt er, ich bin doch nicht so schlecht, na gut, ich bin manchmal launisch, aber was ist daran so schlimm, was ist nur los mit dir, ich verstehe nicht, was mit dir ist, und ich treibe ihn zur Eile an, steh schon auf, ich will nichts mehr von dir, ich habe auch keine Lust, dir noch einmal zu erklären, was mit mir los ist, begreifst du überhaupt, was du gerade getan hast? Wenn es noch die geringste Chance für einen Neuanfang gab, hast du sie jetzt endgültig zerstört, du kannst dir nur selbst die Schuld geben. Demonstrativ kühl beobachte ich, wie er langsam aufsteht, sich das zerknitterte Hemd überstreift, wütend seine Jeans hochzieht, mit schwerem Gesicht, den breiten Unterkiefer gekränkt vorgeschoben, und es ist, als zöge neben ihm auch die Frau, die hier mit ihm gelebt hat, ihre Kleider an, verletzt, bitter, enttäuscht, und die Vorstellung, mich auch von ihr zu trennen, ist wunderbar und Schwindel erregend.
    Ich bedauere das, was ich getan habe, sagt er, seine heisere Stimme wird immer erzürnter, aber was du getan hast, ist sehr viel schlimmer, du hast keine Ahnung, wie sehr es dir noch Leid tun wird, du spielst mit dem Feuer, Ella, du bist selbstsicher geworden und spielst mit dem Feuer, du wirst es noch bereuen, und ich zische, verschone mich mit deinen Drohungen, aber lass bloß den Schlüssel hier, und er nimmt den Schlüssel aus seiner Tasche, schwenkt ihn vor meinem Gesicht hin und her, wie man einen saftigen Knochen vor einem Hund hin und her schwenkt, das ist es, was du jetzt willst? Dann merk dir, den bekommst du nicht, diese Wohnung gehört auch mir, und wenn du mich hier nicht sehen willst, dann zieh gefälligst selbst aus, hörst du, und sofort geht er zur Tür, öffnet sie lautstark und schließt sie hinter sich mit einem energischen dreimaligen Umdrehen des Schlüssels ab, als ließe er eine leere Wohnung zurück.

#
    2
    Du hast dich schon wieder verspätet, stellt er düster fest, sein Gesicht glänzt wie das einer pharaonischen Bronzestatue, aus seinen Augen blitzen mir Warnzeichen entgegen, und ich murmle, entschuldige, ich hatte einen wichtigen Termin, wie immer schiebe ich eine berufliche Verpflichtung vor, denn nur dies lässt er gelten. Er steht in der Tür seines Zimmers, macht mit der Hand eine aggressive Bewegung, wie ein Polizist, der den Verkehr regelt, und ich betrete den erleuchteten Raum, dessen Wände mit Büchern bedeckt sind, sie reichen bis zu der hohen gewölbten Decke und scheinen sogar über sie hinauszuwuchern wie Farn, sie schauen mich von oben herab an, fordern mich mit ihrer vollkommenen Unverletzlichkeit heraus, nur sie sind geschützt vor seiner Aggression, und er zieht sie uns immer vor. Er setzt sich an seinen großen Schreibtisch, vor den Computer, neben dem wie immer eine Glasschale steht, mit einem in Scheiben geschnittenen Apfel darin, fährt sich mit den Fingern durchs Haar, legt ein Bein über das andere, die Ränder seiner kurzen Hose sind umgeschlagen wie der Saum eines Rocks, und ich schaue zum Fenster, eine schmale, gerade Palme wärmt sich dort sorglos in der Sonne, winkt mir Anteil nehmend mit ihrer Löwenmähne zu.
    So habe ich in meiner Kindheit vor ihm gesessen, in Erwartung des Tadels, Ella, ich muss dir ein paar Dinge mitteilen, hat er immer förmlich angefangen, er bestellte mich in sein Zimmer, das mir damals erstickend und ausweglos wie ein unterirdischer Verhörraum vorkam, und ich blickte verstohlen zu meiner Mutter, was habe ich getan? Was will er von mir? Und sie verzog mitleidig ihr Gesicht, ich habe keine Ahnung, aber die Tür schloss sich vor ihren Augen, und das heisere Klimpern seiner Gefängnisschlüssel war nur für mich zu hören, und dann sagte er, was er zu sagen hatte, mit ernster Stimme, langsam und gemessen, als lausche ihm ein großes

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