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Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie

Titel: Liebesleben/Mann und Frau/Späte Familie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeruya Shalev
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Schlaf sieht er besorgt aus, seine Arme hat er weit von sich gestreckt wie ein Gekreuzigter, und auf jedem Arm ruht ein Kinderkopf, und ich betrachte enttäuscht die Matratzen, die für uns zusammengelegt wurden, mir bleibt nur die Wahl, neben welchem der Kinder, die mir beide nicht gehören, ich die Nacht verbringen will.
    Nachdem sie mir ein großes Handtuch gegeben hat, wie ein unfreundliches Zimmermädchen, sagt sie, hör zu, ich habe das Gefühl, dass du überhaupt noch nicht verstanden hast, mit wem du zusammenlebst, ich habe mich entschieden, mit einem Felsbrocken zusammenzuleben, das hat Nachteile, aber er wird nie zerbrechen, Oded ist viel weniger stabil, als es den Anschein hat, er kann es in einer feindseligen Atmosphäre nicht aushalten, er hat seine eigenen Methoden, sich zu distanzieren, ich warne dich, quält euch nicht zu lange, gib dem Ganzen noch ein paar Wochen, und wenn es dann nicht besser wird, mach einen Schnitt, sie seufzt, schade, dass ich dich nicht früher getroffen habe, sag, kannst du noch zu deinem Mann zurück? Ich habe irgendwie das Gefühl, dass er zu dir gepasst hat, zumindest was deine hohen Erwartungen angeht, du scheinst an etwas Gutes gewöhnt zu sein, warum hast du ihn eigentlich verlassen?
    Du kannst mir glauben, dass ich das schon selbst nicht mehr weiß, es war unausweichlich, wie eine Naturkatastrophe, und sie betrachtet mich skeptisch über ihre Brille hinweg, ich glaube nicht an solche Sachen, sagt sie dann, vielleicht verstehst du einfach deine Motive noch nicht, sag, kannst du zu ihm zurück? Nein, sage ich, dazu ist es zu spät, ich habe ihn auch nicht mehr geliebt, füge ich schnell hinzu, versuche, mich vor ihren peinigenden Bemerkungen zu schützen, und sie lacht, Liebe ist nichts, was man fühlt, Liebe ist wie Gesundheit, man bemerkt sie nicht, solange man gesund ist, erst wenn man krank ist, realisiert man, dass man sie verloren hat. Vielleicht ist es dir zu leicht gemacht worden und du hast Schwierigkeiten gesucht, Herausforderungen, wer weiß, wenn es das ist, was du suchst, bist du an den Richtigen geraten, sie deutet mit einer theatralischen Bewegung auf den schlafenden Mann, eingerahmt von seinen Kindern, und jetzt gute Nacht.
    Ich habe das Gefühl, in einer Jugendherberge mit fremden Rucksackwanderern gelandet zu sein, ihre Bewegungen stören mich, ihre schnellen Atemzüge, das Krähen eines verwirrten Hahns um Mitternacht, wenn ich doch nur eines der schlafenden Kinder wegbewegen und an den Rand der Matratze rollen könnte, um den Platz neben Oded einzunehmen, um ihm wenigstens während der Nacht nahe zu sein, vielleicht könnte ich ihn sogar aufwecken und ihm zuflüstern, dass ich etwas verstanden habe, dass die Buchstaben sich langsam zusammenfügen, oder ich könnte es ihm vielleicht durch die Art meiner Berührung zeigen, durch die Art meiner Küsse, aber sie liegen wie Leibwächter neben ihm, und ich wälze mich am Rand der Matratze, ich kann hier nicht einschlafen, Maja kann sogar im Schlaf den Mund nicht halten, sie murmelt laut vor sich hin, und auch ihr Gemurmel beginnt und endet mit Papa, und Jotam ist still, tritt aber nach allen Seiten, ich gehöre nicht zu ihnen, ich gehöre nicht hierher, ich möchte nach Hause, auch wenn mein Zuhause weder Dach noch Wände hat, denn als ich ein Kind war, hatte ich schließlich auch kein richtiges Zuhause, und trotzdem habe ich mich immer danach gesehnt, dorthin zurückzukehren, ich hatte die Pflicht, es zu bewahren, ich selbst musste das Fundament sein, hast du keine Freundinnen, hat sie gefragt, und es fällt mir schwer, darauf zu antworten, ich habe immer leicht Freunde gefunden, aber ebenso leicht habe ich auch wieder losgelassen, nur Dina begleitet mich durch die Jahre, und auch von ihr habe ich mich in der letzten Zeit zurückgezogen, vielleicht ist es das, was sie mir damals andeuten wollte, dass er nicht zu mir passt, dass ich einen Felsen brauche, auf den ich einschlagen kann, ohne ihn zu zerstören, und ich stehe auf, nehme meine Decke und das Kissen und suche mir einen Platz zum Schlafen, in einem Haus, das ich nicht kenne, tastend bahne ich mir den Weg zum Lager vor dem Fernseher, an der Wand liegen ein paar Decken, ich strecke mich neben ihnen aus, die Trennung von der fremden Familie erleichtert mich, als hätte ich mich von einer Bürde befreit, und als sich der Schlaf schon über mich senkt wie eine Dunstwolke, bemerke ich, dass sich die Decke neben mir bewegt, die schweren Glieder des Hausherrn

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