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Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition)

Titel: Liebeslied für einen Fremden: Das Buch der Liebe (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Renate Schley
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sofort und ohne nachzudenken sagen können, an welches Geschenk sie schon seit längerer Zeit dachte, aber er fragte nicht und sie sagte nichts.
    Wieder einmal schwieg sie, ohne dieses Schweigen auch nur ansatzweise begründen zu können.
    Dabei wäre es doch so einfach, sogar das Einfachste von der Welt, und Jessica, eigentlich Julians langjährige Freundin, inzwischen fast schon zu Sarahs Vertrauter geworden, verständig und erwachsen, konstatierte dann auch irgendwann am Telefon:
    „Tja, Sarah, Gedanken lesen kann Robert nicht. Aber vielleicht, wenn du weitere vier bis sechs Jahre wartest, schafft er das auch noch. – Mein Gott, Sarah, warum sagst du ihm nicht einfach, was du dir von ihm zum Geburtstag wünschst? Und wenn du es nicht schaffst, es ihm zu sagen, dann schreib es ihm auf! Das kann doch nicht so schwer sein!“
    Sarah konnte es nicht. Sie brachte es einfach nicht über die Lippen. Oder nicht übers Herz. Es war nie ihre Stärke gewesen, für ihre Wünsche Worte zu finden. Wahrscheinlich hatte ihre Mutter Recht, wenn sie behauptete, Sarah könne sich schlichtweg nichts schenken lassen.
    Stattdessen stand sie fast täglich sehr alleine vor dem Schaufenster eines Juwelierladens in der Fußgängerzone und verzehrte sich geradezu nach einer einreihigen Kette mit kleinen schwarzen Perlen. In Gedanken hatte sie sich diese Kette schon unzählige Male von Robert umlegen lassen, auch, weil sie so gut zu ihrem roten Abendkleid passen würde. Schwarz und Rot, das war schon immer ihr Traum gewesen.
    Allerdings hatte ihr dafür bislang der Mut gefehlt. Und jetzt, da sie sich endlich dazu durchgerungen hatte, sah es nicht danach aus, als würde dieser Traum zu ihrem vierzigsten Geburtstag wahr werden.
    Es sei denn, sie schenkte sich die Kette mit den schwarzen Perlen selbst.
    Es war ihr nicht bewusst, dass Robert sie schon eine geraume Weile über den Rand eines sehr offiziell wirkenden Schreibens hinweg ansah. Ihn schmerzte es plötzlich, in ein paar Minuten aufstehen und weg gehen zu müssen wie ein Besucher, den man nur für ein Wochenende eingeladen hatte. Dieses Gefühl erlebte er so intensiv zum allerersten Mal. Es traf ihn unvorbereitet und seine Ahnung prophezeite ihm, dass es ihn in Zukunft öfter, möglicherweise sogar regelmäßig heimsuchen würde.
    Er hatte sich bis eben nicht vorstellen können, dass es ihm eines Tages schwer fallen würde, nach einem Wochenende mit Sarah vom Frühstückstisch aufstehen und sie alleine zurück lassen zu müssen.
    Das zuzugeben tat ihm weh, während er gleichzeitig nicht begriff, wieso ihn diese Erkenntnis an diesem Morgen, in diesem Augenblick überfiel wie ein Dieb in der Nacht – so überraschend, so unvorbereitet und so mächtig.
    Immerhin führten sie seit fast zwei Jahren eine Wochenendbeziehung, mit der sie sich seinerzeit beide absolut einverstanden erklärt hatten. Die Entscheidung war ausführlich und lange von ihnen diskutiert worden, aber letztlich siegte die Vernunft, wie Sarah es damals nannte.
    Das kleine, kuschelige Nest, das ohnehin nur kurze Zeit existiert hatte, würde es für sie nicht geben. Der Alltag zwang sie, diese Tatsache sehr bald nach dem Bankrott der Porzellan-Manufaktur zu akzeptieren.
    Robert vermied es am liebsten, sich an jene Wochen zu erinnern, in denen sich mit jedem neuen Tag deutlicher heraus kristallisierte, was ihn und Sarah erwartete, nämlich ein neues und gänzlich unsicheres Leben.
    Sie war von Anfang an die Stärkere von ihnen gewesen, erinnerte sich Robert, und er dachte es nicht zum ersten Mal. An diesem Morgen im April, als er Sarah über den Frühstückstisch hinweg ansah, wurde es ihm in aller Deutlichkeit und Konsequenz erneut vor Augen geführt.
    Sie saß ihm gegenüber, rührte schon sehr lange mit abwesendem Gesicht in ihrem Kaffee, ohne zu trinken, weil neben ihrer Tasse ein Stapel Klausuren lag, die sie während des Wochenendes korrigiert hatte. Auch jetzt blätterte sie immer noch darin, die Stirn gerunzelt, während sie las, manchmal den Kopf schüttelte oder auch nur leise seufzte angesichts der schriftlichen Arbeiten ihrer Schüler im Fach Englisch.
    Die Welle ihres hellen Haares, das sie inzwischen kürzer trug, fiel ihr immer wieder ins Gesicht und verlieh ihr etwas Weiches, Zärtliches. Robert geriet sekundenlang in Versuchung, die Hände auszustrecken und sie in die Arme zu nehmen, um sie zu wiegen wie ein Kind, denn sie wirkte müde, gerade so, als hätte sie das gesamte Wochenende zu wenig

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