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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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mehrmals. »Was will das besagen, Kusma Mironowitsch?« Er wedelte mit der Hand durch die heiße, stickige Luft, nahm seinen griffbereit liegenden Rotstift und malte sein Kreuz hinter den Namen Heller.
    »Erinnern Sie sich an den Fall Weber, Genosse Leutnant?« Karpuschin tat noch ein übriges. Er ummalte den Namen Heller, setzte ihn in einen dicken roten Kreis, nahm ihn gewissermaßen symbolisch in Verwahr. »Da kommt ein schmächtiges Männlein aus der Stadt Meschede, ausgedörrt wie eine Backpflaume. Will sich Klöster ansehen, der Gute. Nennt sich Kunsthistoriker. Und was sehen wir, als wir, rein zufällig, auf dem Flugplatz sein Gepäck durchleuchten? Mikrofilme! Aufnahmen von der Frunse-Militärakademie! Dieses Klostermännlein aus Meschede, von der Botschaft als harmlos gemeldet. Aus Meschede! Wer weiß hier, wo Meschede liegt? Wissen Sie's, Kusma? Nein! Im Sauerland, in Westdeutschland! Ein Pflaumenmännchen als Spion … man lernt nie aus.«
    Oberst Karpuschin seufzte. Er nahm den Kneifer ab, putzte ihn mit einem Taschentuch und legte ihn wie ein wertvolles, aufgespießtes Insekt vor das Bild seiner Frau Olga Jelisaweta. Ein Foto in einem einfachen, glatten, gebeizten Holzrahmen.
    »Rufen Sie Marfa Babkinskaja«, sagte er und tupfte sich mit dem Taschentuch über die Stirn. »Ich habe eine Abneigung gegen Männer, die bei Riga geboren sind.« Sein gutmütiges Gesicht war plötzlich verschlossen. »Vor Riga haben sie meinen Semjon erschossen. Meinen einzigen Sohn, müssen Sie wissen, Kusma. Gehen Sie … rufen Sie Marfa …«
    Leutnant Fettisow verließ schnell das Zimmer. Karpuschin stieß den Stuhl nach hinten, stand auf und trat an das große Fenster. Durch die von Machorkarauch vergilbten Gardinen sah er hinaus auf die Straße. Über die Lubian-Avenue schoben sich Autos, Pferdefuhrwerke, Droschken, Omnibusse, Radfahrer und Menschen in offenen Hemden oder weiten Blusen durch die Glut des Tages. In weißer Uniform stand an der Ecke zur Kujbischewa, gegenüber der schönen Plevna-Kapelle, ein Polizist und dirigierte mit weiten Handzeichen den Verkehr.
    Karpuschin trat zurück ins Zimmer. Die Sonne blutet, sagen an solchen Tagen die kalmückischen Hirten, dachte er. Ihre Kinder setzen sie in die Steppe, damit sie sich frühzeitig an die Glut gewöhnen, aber die Herden treiben sie an die Wasserstellen. Welcher Tag ist heute? Dienstag. Am Sonntag könnte man mit Olga Jelisaweta in den Kreml gehen. Zur riesigen Kanone ›Zar Puschka‹. Oder in den Sokolniki-Park, ins Grüne Theater, wo eine grusinische Gesangstruppe gastiert …
    Hinter ihm klappte die Tür. Ein Hauch süßlichen Rosenparfüms wehte zu ihm hin. Marfa Babkinskaja, dachte Karpuschin. Man braucht sich gar nicht umzudrehen. Man riecht's. Zehnmal hatte er ihr verboten, sich im Dienst zu ›bestinken‹, wie er sich ausdrückte. Aber vergebens. »Ich habe den Auftrag, mich in Grenzen bourgeoise zu benehmen, Genosse Oberst«, hatte Marfa geantwortet. »Dazu gehört Parfüm. In Westeuropa parfümieren sich alle Frauen.« Was konnte man da machen? Auch die Jugend in Rußland begann, nach eigenen Gesetzen zu leben. Wie ein Bazillus war's, der mit dem Wind aus dem Westen kommt.
    Karpuschin wandte sich um. Vor seinem Schreibtisch stand ein junges Mädchen mit langem braunem Haar. Sie hatte die Lippen rot geschminkt, die Augenbrauen nachgezogen, die Fingernägel manikürt und trug über einem weißen Plisseerock eine tief ausgeschnittene Bluse, bedruckt mit bunten Blüten. Die schlanken Beine waren braungebrannt. Außerdem hatte sie weiße Schuhe mit hohen Absätzen an.
    Oberst Karpuschin runzelte die Stirn. Marfa Babkinskaja kam ihm zuvor: »Die Kleidung ist genehmigt, Genosse Oberst. Wir haben die neuesten Modezeitschriften aus den kapitalistischen Ländern studiert und uns auf diese Kleidung geeinigt.«
    Karpuschin ging hinter seinen Schreibtisch und hob die lederne Mappe hoch, die ihm Leutnant Fettisow gebracht hatte. Wozu diskutieren, dachte er. Es ist doch sinnlos. Eine Strafe Gottes ist es schon, mit weiblichen Dienststellen zusammenarbeiten zu müssen.
    »Morgen, Flug 45 von Warschau, Landung in Wnukowo 14.17 Uhr, kommt ein Herr Heller an. Franz Heller aus Bonn.«
    »Ich weiß, Genosse Oberst.« Marfa Babkinskaja lächelte wie ein zärtliches Töchterchen. »Hauptmann Blotkin hatte so eine Ahnung, daß Sie diesen Namen herausgreifen würden. Ich bin bereits informiert.« Sie nahm ein Notizbuch aus der weißen, modischen Umhängetasche und las daraus

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