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Liebesnächte in der Taiga

Liebesnächte in der Taiga

Titel: Liebesnächte in der Taiga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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vor.
    »Franz Heller wohnt im Hotel Moskwa, drittes Stockwerk, Zimmer 389. Genossin Stupetka ist auch bereits informiert.«
    »Wer ist die Stupetka?«
    »Die Beschließerin des dritten Flures. Zimmer 38g besteht aus einem Schlafraum und einem Wohnraum.« Marfa Babkinskaja steckte das Notizbuch wieder in die weiße Umhängetasche. »Was soll ich tun?«
    »Fragen Sie immer so dumm, Marfa?« Oberst Karpuschin warf die lederne Mappe auf den Schreibtisch zurück. »Sie betreuen diesen Heller. So wie Sie bisher die anderen betreut haben.«
    »Er hat um die Erlaubnis nachgesucht, die Seidenraupenzucht in der Sowchose Lenin III zu besichtigen.«
    »Sie fahren mit und erklären ihm den ganzen Mist.«
    »Von Seidenraupen verstehe ich nichts!«
    »Dann zeigen Sie ihm Ihre Seidenstrümpfe. Davon verstehen Sie ja was!« bellte Karpuschin. »Ich befehle, daß dieser Heller nicht eine Stunde ohne Aufsicht bleibt! Jeden Abend machen Sie mir Meldung!«
    »Jawohl, Genosse Oberst.«
    Marfa Babkinskaja deutete eine stramme Haltung an, drehte sich um und verließ das Zimmer. Ihr Rosenduft blieb zurück.
    Matweij Nikiforowitsch Karpuschin setzte sich. Er griff zum Telefon und rief die Abwehr West an.
    »Genosse Major«, sagte er und setzte wieder seinen Kneifer auf, »ich brauche eine Auskunft. Liegt etwas vor über einen Deutschen Franz Heller? Ich weiß, Brüderchen, bei Ihnen liegt nie etwas vor mit ehrlichen Namen. Aber es könnte möglich sein. Dieser Heller landet morgen mit Flug 45. Die Botschaft in Rolandseck hat ihm ein Visum gegeben. Nein, ich sehe keine Gespenster. Aber ich habe ein dämliches Gefühl. Lachen Sie nicht, Brüderchen. Mit Gefühlen macht man keine Politik, ich weiß, ich weiß. Aber viermal hatte ich ein richtiges Gefühl, obgleich sie mich alle für einen alten Trottel hielten. Bitte, sehen Sie einmal nach, ob irgendwo in Ihrer Kartei der Name Heller steht …«
    Mein Gefühl, dachte Matweij Nikiforowitsch. Ein menschlicher Seismograph bin ich. In mir zittert es, wenn eine Gefahr auf mich zukommt. Es zittert, bevor die anderen überhaupt zu denken anfangen.
    Oder ist es nur das Wort Riga, das mich erregt? Riga, wo man meinen Semjon vom Panzer geschossen hat.
    Er beugte sich wieder über die Liste und machte seine Kreuzchen.
    Von der Lubian-Avenue wirbelte der Staub gegen die Fenster. Erst gegen 12 Uhr kamen die Sprengwagen, um die Straßen abzukühlen.
    Sommer in Moskau. Über dem Kreml leuchteten die goldenen Zwiebelkuppeln des Glockenturms von Iwan Weliki.
    Fast lautlos zog der im Sonnenlicht silbern blendende Riesenvogel unter dem flimmernd blauen Himmel nach Osten.
    Die schwere TU-104 B, eine Düsenmaschine der sowjetischen ›Aeroflot‹, war in Warschau gestartet. Der Flugkapitän begrüßte selbst seine Gäste, stellte seine drei Stewardessen vor, wünschte in vier Sprachen einen guten Flug und schloß dann die Tür zur Flugkanzel.
    »Dieser Heller ist also drin?« fragte er und steckte die Passagierliste ein. »Ist es der mit der Goldbrille?«
    »Ja, Genosse.« Die Stewardeß blickte durch ein kleines Fenster zurück in den langen Passagierraum. Am vierten Fenster links saß der Deutsche. Er hatte sich zurückgelehnt, die Augen geschlossen und schien ein Nickerchen zu halten. »Er schläft.«
    Während die TU-104 B die polnisch-russische Grenze überflog, meldete der Bordfunker an die Kommandantur des Moskauer Flughafens Wnukowo, daß alles in Ordnung sei. Zehn Minuten später wußte es Oberst Karpuschin in seinem Büro an der Lubian-Avenue.
    »Er wird keine Mikrofilme abknipsen können«, sagte er zufrieden. »Wir werden ihn beobachten bis zum Scheißhaus.«
    Franz Heller war ein unscheinbarer Mensch. Ein Alltagsmensch, nach dem sich niemand auf der Straße umgedreht hätte, der niemandem aufgefallen wäre. Er sah bieder aus, ein wenig hager vielleicht und mit lederner Gesichtsfarbe, so, als sei er in der letzten Zeit viel an der frischen Luft gewesen. Er hatte ein energisches Kinn, kräftige Hände, blaue, hinter den Brillengläsern scharf blickende Augen, aber vielleicht bewirkte das der Schliff der Gläser; denn wenn er die Brille abnahm, kniff er die Augen etwas zusammen, wie das Kurzsichtige immer tun.
    Die Annahme, Franz Heller schlafe, war eine Täuschung. Die Gegend unter sich kannte er genau, nur aus einer anderen Perspektive. Hier war er 1942 mit seiner Kompanie durchmarschiert, von Minsk über Borissow, Orscha, Smolensk nach Wjasma. Hier hatte er in Erdbunkern gelegen und die verzweifelten

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