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Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition)

Titel: Liebesschmarrn und Erdbeerblues: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angelika Schwarzhuber
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er einfach nur dasaß und ins Leere blickte.
    »Es stimmt gar nicht, dass du mir nie gesagt hast, dass du mich lieb hast«, überfiel ich meinen Vater und setzte mich neben ihn.
    »Ach Lene«, sagte er müde.
    »Schau doch!«, forderte ich ihn auf und öffnete das Fotoalbum.
    Und überall auf den Fotos fanden sich die Zeichen seiner Liebe zu mir. Getupfte oder geringelte Bettwäsche. Die Tapeten in meinem alten Kinderzimmer waren voller Marienkäfer. Ich hatte Hula-Hoop-Reifen in allen möglichen Farben und Bälle in sämtlichen Größen und einen hölzernen Glücksfliegenpilz in meinem Puppenregal. Viele meiner Kleidungsstücke waren an irgendeiner Stelle getupft. Und meine Lieblingspuppe Conny trug einen Ringelpulli. Sogar mein erstes richtiges Fahrrad hatte Vater mit schwarzen Punkten auf der roten Grundfarbe verschönert, weil ich als Kind die kleinen getupften Käfer so gerne gemocht hatte. Kurz vor meinem vierzehnten Geburtstag überraschte er mich mit einer neuen Tapete in meinem Zimmer, die aus lauter gelben, orangefarbenen und schwarzen Kreisen und Ringen bestand. Meine Freundinnen hatten mich damals um die Tapete beneidet. Doch ich hatte beim Anblick der vielen Kreise täglich mit einem aufsteigenden Schwindelgefühl zu kämpfen. Bis ich sie mit zahlreichen Postern von Michael Jackson, Tic Tac Toe, Take That und vor allem von Queen überklebt hatte. Und dann war da noch unser schönes getupftes Essgeschirr, die Tomaten, wenn er sie für mich mit kleinen Klecksen Schmand verziert hatte, sodass sie wie lustige Fliegenpilze aussahen, und, und, und …
    »Siehst du. Du hast es mir immer gesagt«, sagte ich leise, als wir das Fotoalbum durchgeblättert hatten bis zum Anschneiden der Torte an meinem achtzehnten Geburtstag. Sie war mit Schokoladenguss überzogen und mit ganzen Erdbeeren belegt.
    Vater wischte sich verstohlen eine Träne aus dem Gesicht und lächelte mich dankbar und voll Liebe an.
    »Ja. Ich habe es dir tatsächlich immer gesagt.«
    »Und weißt du, Papa, ich kannte zwar eure Geheimzeichen nicht, aber ich habe es da immer gespürt.« Ich fasste an mein Herz.
    »Trotzdem muss man aufpassen, dass der andere immer weiß, in welcher Sprache man zu ihm spricht«, resümierte Vater und seufzte leise.
    Ich nickte.
    »Ja. Damit er auch die Chance hat, es zu verstehen. Genau darum geht es!«, sagte ich so glücklich, als ob ich eben das Rad noch mal neu erfunden hatte.
    »Dann reicht es wohl nicht, dass ich Julia den Traktor repariere, ihr bei der Ernte helfe oder die Dachziegel nach einem Sturm auswechsle?«, fragte er, obwohl er die Antwort bereits wusste.
    Ich lächelte.
    »Nein. Und auch nicht, dass sie dich mit Erdbeerkuchen vollstopft, deine zerrissenen Sachen näht und dir seit Neuestem bei den Steuerunterlagen hilft.«
    »Man kann nie alt genug sein, um noch dazuzulernen.«
    »Es sieht fast so aus!«, gab ich ihm recht.
    »Tja. Dann werde ich jetzt mal versuchen, den Übersetzer zu spielen«, sagte er entschlossen.
    »Aber sag es ihr wirklich klar und deutlich, Papa. Nicht irgendwie herumreden, hörst du?«
    »Klar und deutlich! Denn wie heißt es so schön: Beim Redn kommen d’Leit zam.«
    »Genau so ist es!«, sagte ich und nickte.
    »Lene, ich bin sehr froh, dass du wieder da bist.«
    »Ich auch, Papa. Du weißt gar nicht, wie sehr.«
    Er drückte mich an sich, räusperte sich und stand dann auf.
    »Dein Buch ist übrigens wirklich gut geworden. Ich bin stolz auf dich«, sagte er und lächelte.
    »Du hast es gelesen?«, fragte ich überrascht.
    »Natürlich! Was denkst du denn?«
    »Das bedeutet mir sehr viel, Papa.« Bevor wir uns zu sehr in Rührseligkeiten verstrickten, machte er sich auf den Weg zu Julia. Er drehte sich noch mal um zu mir.
    »Drück mir bitte die Daumen, Lene!«, rief er. Er hatte wohl doch ein wenig Angst vor dem, was gleich kommen würde.
    »Na klar. Alle drei!« Er lachte und ging davon.
    Ich schaute nach oben zum bewölkten Himmel.
    »Ich weiß, dass du dich darüber freust, Mama. Und du dich bestimmt auch, Hans.«
    Und in diesem Moment blitzte die Sonne hinter einer Wolke hervor.
    Ich blieb noch eine Weile nachdenklich auf der Bank. Die Geschichte meiner Eltern und das Verhalten meines Vaters hatten mir eine mögliche Erklärung geliefert, warum ich bis jetzt nicht fähig war, einem Mann meine Liebe zu gestehen. Genauso wenig, wie ich die Liebe eines Mannes annehmen konnte. Das erkannte ich endlich klar und deutlich.
    Aber wenn man Liebe, so wie meine Eltern es getan

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