Liebling verzweifelt gesucht
Polizei.
Mittlerweile hatte das Schweinchen sein Tempo gedrosselt. Es war bereits völlig außer Atem, so weit war es schon gelaufen. Es blieb stehen und sah sich unsicher um. Die beiden Freunde reagierten sofort, parkten das Auto provisorisch und stiegen aus. Langsam gingen sie auf das Schwein zu und redeten beruhigend auf es ein. Doch sobald sie sich dem Ferkel bis auf ein paar Meter genähert hatten, ergriff es wieder die Flucht. Den beiden blieb nichts anderes übrig, als sich erneut mit dem Auto an die Fersen des Ausreißers zu heften.
Schließlich erreichte das Ferkelchen die MünchnerSternstraße. Dort wurde es bereits von einem Streifenwagen der Polizei erwartet. Sie war von den Männern über seinen aktuellen Aufenthaltsort informiert worden. Die Polizisten hatten eine Stange mit einer Fangschlaufe daran mitgebracht, die normalerweise bei Hunden zum Einsatz kommt. Es gelang ihnen, dem Ferkel die Schlaufe um den Hals zu legen und es einzufangen. Endlich konnte es sich selbst und andere nicht mehr in Gefahr bringen.
Die beiden Männer freuten sich sehr, dass das Tier dem Tod buchstäblich von der Schippe gesprungen war. Sie gaben ihm einen Namen, Sternchen, nach der Straße, in der es schließlich eingefangen worden war. Auch die Polizeibeamten waren der Meinung, dass Sternchen nach seiner abenteuerlichen Flucht auf keinen Fall im Schlachthof enden sollte. Ein solcher Überlebenswille musste einfach belohnt werden. Also brachten sie das Ferkelchen ins Tierheim. Das Tierheim hatte nicht mehr offen, aber es gibt ein kleines Gebäude für Fundtiere, das für solche Zwecke auch nachts zur Verfügung steht. Da kann die Polizei, falls nötig, auch nachts Tiere unterbringen. Die Beamten hinterlassen dann einen Einlieferungsschein. Dort wurde Sternchen von der Polizei hingebracht.
Die Pfleger des Tierheims staunten nicht schlecht, als sie frühmorgens zu dem Gebäude kamen und dort – anstatt eines Hundes – das viermonatige Ferkel vorfanden. Sternchen sah schlimm aus. Es hatte zahlreiche Hämatome, die es sich wahrscheinlich beim Transport zugezogen hatte. Vielleicht war es auch sehr unsanft verladen worden. Auf die Tiere wird dabei oft keinerleiRücksicht genommen. Häufig werden sie regelrecht in die Transporter hineingeworfen. Zudem war Sternchen völlig verdreckt. Es bekam Futter und wurde gesäubert und unsere Tierärzte kümmerten sich um seine Verletzungen. Ich meldete mich bei der Polizei und so erfuhr ich, was ihm widerfahren war.
Sternchen wurde im Tierheim aufgenommen, wo es schon einen gleichaltrigen Artgenossen gab. Allmählich erholte es sich von seinen Strapazen. Niemand erhob Anspruch auf das Tier und so konnte es zum Glück bei uns bleiben. Der Vorstand des Tierheims entschied, dass die beiden Schweine auf den vom Tierheim betriebenen Gnadenhof kommen sollten. Er war 1989 mit Geld aus einem Nachlass gegründet worden und bietet Unterschlupf für ältere und nicht vermittelbare Tiere. Leider ist er meistens an der Grenze seiner Kapazität und zudem für den Betrieb auch auf Spenden angewiesen. Dort sind die beiden bis heute. Sie sind mittlerweile sechs Jahre alt, haben längst eine stattliche Größe erreicht und es geht ihnen prächtig.
Sternchen ist seinem Schicksal im Schlachthof entkommen und wird bis ans Ende seiner Tage ein schönes Leben bei uns haben. Das freut mich heute noch.
Sternchen und sein Gefährte auf dem Gnadenhof
Doppelleben
Frau M. saß mit einer Tasse Kaffee im Wohnzimmer und las die Zeitung. Sie hatte die Hausarbeit erledigt und genoss nun die verdiente Pause an diesem Vormittag. Bei einem Blick durch die große Terrassentür in den Garten hinaus sah sie plötzlich eine getigerte Katze, die schnurstracks auf die Tür zukam. Das Tier blieb davor stehen und als es Frau M. auf der Couch sitzen sah, miaute es und kratzte entschlossen mit einer Pfote an der Tür.
»Na so was«, dachte Frau M., »diese Katze habe ich hier noch nie gesehen.« Sie kannte die meisten Katzen aus der Nachbarschaft. Einige machten regelmäßig ihre Runde durch ihren Garten. Aber diese Tigerkatze war ihr noch nie aufgefallen. Sie kratzte immer noch fordernd an der Terrassentür und miaute herzzerreißend. Offensichtlich wollte sie unbedingt hereingelassen werden. Frau M. öffnete die Tür, um sie sich genauer anzusehen. Ohne zu zögern marschierte die Katze selbstsicher ins Wohnzimmer hinein. Sie sah sich kurz um und strich dann Frau M. schnurrend um die Beine. Frau M. beugte sich zu ihr hinunter
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