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Lieblingsstücke

Lieblingsstücke

Titel: Lieblingsstücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Fröhlich
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auftürmen.
     
    Ich erinnere mich an meinen Tagesplan. Punkt eins, Christoph finden, ist erledigt. Zwar nicht zufriedenstellend, aber erledigt. Punkt zwei: Claudias Bestellzettel abarbeiten. Ich frage eine hip aussehende Passantin nach dem Abercrombie-Laden, und sie weiß sofort Bescheid. Ich scheine wohl die Einzige zu sein, die noch nie was davon gehört hat. Meine Pechsträhne hat ein Ende. Der angesagte Laden ist auf der Fifth Avenue, und vor allem hat er heute, am Sonntag, wegen des Marathons früher auf. Das ist ein Zeichen. Es geht bergauf. Dabei habe ich die Öffnungszeiten noch nicht einmal beim Universum bestellt.
    Schon als ich mich dem Laden nähere, sehe ich die Schlange, die sich um einen Häuserblock schraubt. Da muss es ja ganz was Dolles geben. Vielleicht eine Autogrammstunde oder irgendeine Promiaudienz. Das würde mir Spaß machen. Ein kleiner Zusammenstoß mit Carrie von
Sex and the City
, oder, noch erheblich besser, mit Robert de Niro. Auch Bill Murray soll in New York wohnen, ein Schauspieler, den ich ganz wunderbar finde. Ich sage nur »Lost in Translation«. Das Letzte, was ich von ihm gehört habe, ist, dass er in den Straßen von Stockholm verhaftet wurde, weil er betrunken mit einem Golf-Caddy rumgefahren sein soll.
    Ich nähere mich dem Auflauf, und als ich näher komme, sehe ich, worum es sich handelt. Es ist tatsächlich eine Menschenmenge, die ansteht, um bei Abercrombie reinzukommen.
Das ist ja unglaublich. Verschenken die heute ihre Ware? Oder ist Spezialausverkauf? Das wäre ja dann perfektes Timing. Ich reihe mich brav ein und frage die Frau vor mir, ob heute »special sale« ist.
    Sie schaut erstaunt. »No, it’s usually like that.«
    Wie, das ist normal? Das heißt, in diesen Laden kommt man nur, wenn man ansteht? Meine Aufregung legt sich schlagartig. Das ist doch bescheuert.
    Gerade als ich überlege, aus der Schlange auszuscheren und Claudia zu erzählen, dass der Laden leider zu hatte, stellt sich ein kleines Männchen mit Hut hinter mich. Er sieht aus wie Woody Allen. So was von ähnlich. Ich drehe mich nochmal um, und er senkt den Blick. Es ist Woody Allen. Mein erster New-York-Promi. Die Frage ist jetzt nur, wie kann ich ein Foto von ihm machen, ohne ihn darum zu bitten. Die goldene Regel beim Promitreffen lautet: Keine Regung zeigen. So tun, als wäre das das Normalste der Welt. Gerade so, als würde man rund um die Uhr mit VIPs verkehren. Außerdem, so liest man ja immer, haben auch diese Menschen ein Anrecht auf Privatleben. Es sieht aus, als wäre er ohne Begleitung da. Muss er auch für seine Kinder einkaufen? Oder für seine Frau? So klein wie er ist, könnte er sicher auch selbst Kinderklamotten tragen. Er ist höchstens dreißig Zentimeter von mir entfernt, und ich habe das Gefühl, seinen Atem in meinem Rücken spüren zu können. An sich mag ich, ehrlich gesagt, Woody Allen nicht besonders. Nicht wegen seiner Filme, die sind gut, sondern weil er Mia Farrow verlassen hat. Das ist nichts Ungewöhnliches, dass prominente, kleine, unattraktive Männer ihre Frauen verlassen, selbst wenn die zehnmal hübscher als sie selbst sind, es ist geradezu die Regel. Aber dass sie ihre Frau verlassen, um mit ihrer Adoptivtochter
zusammenzukommen, das ist schon was Besonderes. Und ich finde es besonders widerlich. Christoph konnte meine Aufregung damals gar nicht so verstehen. »Na ja«, hat er gesagt, »schön ist es nicht, aber so schlimm finde ich es auch nicht. Ich meine, sie ist halt jung.« Das langt heutzutage anscheinend als Qualifikation.
    Langsam nähern wir uns dem Eingang, und ich denke immer noch darüber nach, wie ich unauffällig ein Foto von Woody Allen kriegen könnte. Da habe ich die Eingebung. Ich tippe die Frau vor mir in der Reihe an und sage ihr, dass ich ein Beweisfoto brauche für meine Tochter. Damit die sieht, was ich auf mich genommen habe, um für sie einzukaufen. Dann bitte ich sie, mich in der Schlange zu knipsen. Da Woody Allen direkt hinter mir steht, probiere ich so geschickt zu stehen, dass der Kleine mit auf dem Foto drauf ist. Ich freue mich schon auf die Gesichter meiner Freundinnen. Die Frau ist nett und tut mir den Gefallen. Vor der Eingangstür des Ladens, die jetzt nur noch zwei Meter von uns entfernt ist, post ein junger Mann, nur mit einer Jeans bekleidet. Sein Oberkörper ist nackt und sehr ansehnlich. Männer würden sagen, man sähe deutlich, dass ihm kalt sei. Wäre Claudia sieben bis acht Jahre älter, wäre der Typ sicherlich das

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