Liebster Mitbewohner
Blickfeld.
Benni nahm mir gegenüber Platz. Er faltete seine Hände vor sich auf dem Tisch. Dann nahm er sie herunter und legte sie in seinen Schoss.
Ich wich seinem Blick aus.
„Du hast nicht geantwortet“, sagte er plötzlich.
Ich nick te. „Tut mir leid. Das war am Wochenende alles ein bisschen viel. Ich musste mich selbst erst mal ordnen.“
„Ich meine nicht die SMS vom Wochenende. Sondern die von vor drei Wochen. Als ich dich gefragt hab e, ob wir uns nicht mal allein treffen könnten.“
Verwirrt sah ich ihn an.
Benni lächelte mir zu, doch seine Augen wirkten traurig. „Du hast mir erst vier Tage später geantwortet.“
„Ich…“
„Schon gut. Du musst dich nicht rechtfertigen. Das war kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Und was ich eigentlich damit sagen wollte…“ Er kniff die Augen zusammen und rieb mit Daumen und Zeigefinger seine Nasenwurzel. Schließlich sah er mich wieder an. „Ich wusste es von Anfang an, okay. Wenn jemand vier Tage braucht, um auf eine einfache Einladung zum Essen zu antworten, ist das kein gutes Zeichen.“
„Tut mir leid.“
Benni schüttelte den Kopf. „Mir tut es leid. Ich wusste, dass du nicht das gleiche Interesse an mir hast, wie ich an dir. Aber ich wollte es wenigstens versuchen. Oder vielmehr: Ich wollte nichts unversucht lassen.“
Irgendetwas gefiel mir an der Art, wie er das sagte, nicht. Abe r das war jetzt wohl nicht der richtige Zeitpunkt, um sich mit dem Analysieren von Formulierungen aufzuhalten. „Tut mir leid“, sagte ich noch einmal, weil ich immer noch den Drang verspürte, mich zu entschuldigen.
Benni schüttelte den Kopf, diesmal heftiger. „Hör bitte endlich damit auf, dich zu entschuldigen. Dafür gibt es keinen Grund. Ich bin froh, dass du mir diese Chance gegeben hast. Auch wenn wir beide vielleicht schon vorher geahnt haben, dass das nichts ändern würde. Aber wenn du dich nicht darauf eingelassen hättest, hätte ich mir wohl ewig die berühmte Frage gestellt: Was wäre, wenn…?“
Ich seufzte. „Du bist mal wieder viel zu nett“, rutschte es mir heraus.
Benni lachte. Und zwar nicht ironisch oder bitter, sondern richtig. Trotzdem war der verzweifelte Unterton deutlich hörbar. „Im Gegensatz zu Felix, meinst du?“
Ich biss mir auf die Unterlippe. Warum hatte ich nicht die Klappe halten können?
Doch Benni wartete gar keine Antwort von mir ab. Er nahm einen Schluck von seinem Kaffee. Ich merkte, dass seine Hände leicht zitterten. „Das ist lustig, weißt du. Denn genau dasselbe dachte ich auch lange Zeit über Felix. Ich konnte nie verstehen, wie ein Mensch so furchtbar launisch und manchmal auch so gemein sein kann. Und ich sah mich immer als viel erwachsener und besonnener an. Aber diesmal habe ich Mist gebaut, nicht Felix.“
„Was meint du?“
Er schenkte mir einen etwas überraschten Blick. Dann lächelte er. „Den Grund, warum er am Samstag so wütend war, natürlich. Nicht mal Felix tickt so aus, wenn er nicht einen guten Grund dafür hat.“
„Ich dachte…“ Ich konnte mich selbst rechtzeitig stoppen, doch Benni erriet auch so meine Gedanken.
„Dass er eifersüchtig ist?“ Er grinste, doch es wirkte müde und angespannt. „ Ja, das spielte sicherlich auch mit rein. Aber der Hauptgrund war wohl, dass er sich von mir verraten gefühlt hat. Weißt du, ich habe ihm nicht erzählt, dass ich mich mit dir treffe.“
„Na und? Ich bin schließlich nicht seine Ex-Freundin. Nur seine Ex-Mitbewohnerin.“
„Aber ich wusste, dass er dich mag. Er hat’s mir zwar nicht erzählt, aber er wusste, dass ich es wusste. Und ich wusste außerdem, dass er zurückkommen wollte. Wegen dir. Beziehungsweise, um eure Freundschaft zu retten. Das hat er mir schon vor drei Wochen am Telefon erzählt.“ Er sah mir in die Augen. „Erkennst du da einen Zusammenhang?“
Zuerst hatte ich nicht die geringste Ahnung, worauf er hinauswollte . Die Informationen, die er mir soeben gegeben hatte, mussten erst mal verarbeitet werden. Dann glaubte ich plötzlich zu wissen, worauf er anspielte. „Vor drei Wochen?“
Benni nickte. „Genau. Es war an dem Abend, als wir bei euch gepokert haben. Bevor ich in die WG kam, habe ich mit Felix telefoniert. Und später schrieb ich dir diese SMS. Ich würde gern behaupten, dass das eine nichts mit dem anderen zu tun hatte, aber das wäre gelogen.“
„Du….“ I ch schüttelte ratlos den Kopf.
„Ich mochte dich schon lange, Maja. Aber irgendwo wusste ich wohl, dass das bei dir
Weitere Kostenlose Bücher