Lilith Parker, und das Blutstein-Amulett (German Edition)
gegrüßt, Eure Ladyschaft«, krähte Strychnin. »Ist Euer Badeausflug zu Eurer Zufriedenheit verlaufen?«
»Ich lebe noch, insofern kann ich mich wohl glücklich schätzen.«
»Gab es irgendwelche bedenklichen Vorkommnisse?«, fragte er sorgenvoll.
»Ach, Strychnin, jetzt hör endlich auf damit! Seit Monaten fragst du mich das täglich. Wenn ich irgendwelche Anhaltspunkte habe, dass Belial zurückgekehrt ist, bist du der Erste, den ich informiere, versprochen! Aber es ist alles ruhig und in ganz Bonesdale lauert keine bösartige Gefahr, von der ich dir berichten könnte.« Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen. »Wo sind denn die anderen?«
»Sir Elliot sitzt wie üblich in der Bibliothek deines Großvaters«, antwortete Arthur, zog an seiner Pfeife und schickte einen Rauchkringel in Richtung Decke. »Seine Begeisterung für diese antiken Schmöker wird immer schlimmer, das letzte Mal hat er sich hier Anfang der Woche blicken lassen. Wenn er nicht aufpasst, verhungert er noch und magert ab bis auf die Knochen!« Er lachte über seinen eigenen Scherz und unter seinem weißen Bart erschien ein breites Grinsen. »Regius versucht gerade aus Eisgnomen eine magische Klimaanlage zu bauen und Isadora …« Arthur verstummte abrupt und warf Melinda einen entschuldigenden Blick zu.
»Wie geht es ihr?«, unterbrach Lilith das angespannte Schweigen.
Melinda klappte den Fächer zusammen und legte ihn so vorsichtig auf den Tisch, als handle es sich um ein zerbrechliches Schmuckstück. »Nicht gut«, sagte sie kaum hörbar. »Obwohl wir das Zimmer abgedunkelt haben und es mit feuchten Tüchern zu kühlen versuchen, setzt die Hitze ihr ernorm zu und sie wird immer schwächer. Dabei sind es noch fünf Tage, bis wir die nächste Blutspende erhalten.« Die Sorge um ihre Schwester ließ die Falten in Melindas Gesicht noch tiefer erscheinen. »Vielleicht hätten wir doch lieber in Chavaleen unseren Lebensabend verbringen sollen, dort würde es ihr jetzt nicht so schlecht gehen.«
Chavaleen war der Hauptsitz der Vampire – eine Höhlenstadt in Rumänien, in der es weder Sommer noch Winter gab, da sie weit unter der Erde lag. Dort lebte auch Vadim Alexandrescu, der Träger des Blutstein-Amuletts, den Lilith bei ihrer Gerichtsverhandlung vor dem Rat der Vier kennengelernt hatte.
Arthur stand auf und legte Melinda tröstend eine Hand auf die Schulter. »Das wird schon wieder, meine Liebe! Wenn es Regius gelingt, diese störrischen Eisgnome wütend zu machen und die Klimaanlage damit zum Laufen bringt, geht es ihr bestimmt bald besser.«
Sie nickte, atmete tief durch und strich sich ihren Dutt zurecht. »Dann fangen wir mal an, dich in eine junge Dame zu verwandeln, Lilith.«
Sie beugte sich suchend über ihre Utensilien. »Die Zeit, in der ich einem Mann gefallen wollte, liegt zwar schon etwas zurück, aber ich habe alles aufgehoben, was eine Frau benötigt, um sich herauszuputzen. Für Vampirfrauen ist ein gepflegtes Äußeres von großer Wichtigkeit.«
Strychnin hielt sich prüfend einen Handspiegel vors Gesicht. »Na, wie sehe ich aus? Wie ein Dämon mit einem gepflegten Äußeren?« Nachdem er mehrere Lippenstifte aufgegessen hatte, war er dazu übergegangen, sich die Farbe auf seine wulstigen Dämonenlippen zu schmieren. Er grinste sich selbst wohlwollend zu und Lilith war überrascht, dass der Spiegel keinen Sprung bekam. Melinda nahm ihm entnervt die Sachen weg und trat mit einer Pinzette in der zittrigen Hand zu Lilith.
»Was wird denn das, wenn es fertig ist?«, fragte Lilith misstrauisch.
»Ich zupfe nur ein wenig deine Augenbrauen in Form. Keine Sorge, das tut fast gar nicht weh.«
Zwei Sekunden später schossen Lilith die Tränen in die Augen. »Aua!« Wenn sie das geahnt hätte, wäre sie lieber bei Mildred geblieben und eine Extrarunde um die Insel geschwommen. »Verflixt, tut das weh«, beschwerte sie sich lautstark.
»Wer schön sein will, muss leiden«, meinte Melinda ungerührt.
Arthur sah kopfschüttelnd über den Rand seiner Zeitung. »Wahrscheinlich taucht jeden Moment Jonas mit den Touristen hier auf, damit sie sich eine gequälte Seele bei der Folterung ansehen können.«
»Hört sofort auf, meine Herrin zu attackieren!«, rief Strychnin. »Ansonsten bekommt Ihr diesen Fingerquetscher zu spüren, Vampirweib!« Er stand auf dem Tisch und streckte Melinda angriffslustig einen kleinen metallenen Gegenstand entgegen.
Die alte Frau maß ihn mit zusammengekniffenen Augen. »Du wagst es, mir zu drohen,
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