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Lilith Parker

Lilith Parker

Titel: Lilith Parker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Wilk
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und drehte im letzten Moment vor der geschlossenen Scheibe ab. Sie entschwandaus Liliths Blickfeld. Atemlos ließ sich Lilith auf ihren Sitz fallen.
    Der Zug ließ den Bahnhof hinter sich und die Welt begann wieder vor ihrem Fenster vorbeizufliegen.
    Was für eine seltsame Begegnung. Ob die Krähe tatsächlich zu ihr ins Abteil hatte fliegen wollen? Lilith schüttelte den Kopf, als wollte sie einen schlechten Traum vertreiben. Unsinn! Das hatte sie sich vermutlich nur eingebildet. Die Krähe verbarg sich wahrscheinlich wegen des Unwetters unter dem Bahnhofsdach und war nun auf der Suche nach etwas Essbarem. Liliths Abteil schien dem hungrigen Tier aus irgendeinem Grund wohl ein vielversprechendes Jagdgebiet gewesen zu sein.
    Bei diesem Gedanken fiel Lilith auf, dass sie seit dem Frühstück nichts mehr gegessen hatte. Sie zog ihren Rucksack auf den Schoß und warf einen Blick in ihre Verpflegungsdosen, die ihre Haushälterin Clara ihr noch heute Morgen mit Tränen in den Augen in die Hand gedrückt hatte. Karottensalat mit Sojasprossen und Schwarzbrot mit Tofuwurst. Lilith verzog das Gesicht. Igitt. Zum Glück hatte sie sich auf dem Bahnhof mit dem Geld, das ihr Vater ihr zugesteckt hatte, mit etwas weniger gesundem Reiseproviant eingedeckt. Sie zog zwischen einer Chipspackung und einer Tafel Schokolade einen Energydrink hervor. Clara hatte ihr wegen des Koffeins und dem vielen Zucker immer verboten, solche Getränke zu kaufen. Lilith grinste. Dies war einer der Vorteile, wenn man ohne Erwachsene reiste: Man konnte plötzlich tun und lassen, was man wollte. Im Überschwang hatte sich Lilith sogar gleich drei Koffeindrinksgekauft. Wenn sie die bis Bonesdale alle ausgetrunken hatte, würden ihr vor Anspannung wahrscheinlich ihre schwarzen Haare zu Berge stehen.
    Lilith nahm einen Schluck des zuckersüßen Getränks und seufzte wehmütig. Trotz der Tofuwurst würde sie Clara vermissen. Sie war wie eine Freundin für Lilith, ja, nach all den Jahren, die Clara bei den Parkers gearbeitet hatte, war sie fast schon so etwas wie eine Mutter.
    Wie von selbst wanderte Liliths Hand zu dem Amulett, das sie unter ihrer Jacke um den Hals trug. Das Amulett ihrer Mutter. Es war alles, was sie von ihr besaß. Es gab sonst nichts, nicht einmal ein Foto, und ihr Vater war nicht bereit, mit seiner Tochter über dieses Thema zu sprechen. Lilith wusste nur, dass ihre Mutter kurz nach ihrer Geburt gestorben war und Lilith ihr sehr ähnlich sehen musste. Denn die ebenholzschwarzen Haare, die helle, fast schon weiße Haut und die großen blauen Augen hatte Lilith eindeutig nicht von ihrem Vater geerbt. Er musste sich jedes Mal, wenn er Lilith ansah, an ihre Mutter erinnert fühlen. Ob er sie nach all den Jahren immer noch so sehr vermisste, dass er es nicht ertrug, über sie zu sprechen? Lilith hatte es aufgegeben, mit ihrem Vater darüber reden zu wollen. Sie drehte das Amulett zwischen ihren Fingern. Automatisch meldete sich ihr schlechtes Gewissen.
    Sie hatte es gestohlen.
    Schon als kleines Kind hatte sie gewusst, dass sie nicht an Vaters Vitrinen mit seinen wertvollen Sammlerstücken gehen darf, und der Wandtresor in seinem Arbeitszimmer, in dem er seine kostbarsten Schätze hütete, war absolut tabu.Sie hatte sich immer an diese Regel gehalten, nur dieses eine Mal nicht.
    Es war an dem Tag, als ihr Vater den Anruf erhalten hatte, als archäologischer Berater in Burma arbeiten zu können. Wahrscheinlich hatte er deshalb vergessen, den Tresor zu schließen. Als Lilith in sein Arbeitszimmer kam, um ihren Vater zu suchen, fiel ihr sofort auf, dass der Tresor offen stand. Wie in Trance lief sie darauf zu und nahm die schwarze Schatulle heraus, in der das Amulett ihrer Mutter lag. Sie hatte es zuvor nur ein einziges Mal gesehen. Damals hatte Lilith ihren Vater so inständig darum angebettelt, ihr etwas von ihrer Mutter Cathy zu erzählen, dass er schließlich seufzend aufgestanden war und die Schatulle aus dem Tresor holte. Lilith hatte beim Anblick des Amuletts überrascht die Luft angehalten. Ein Schmuckstück dieser Art hatte sie noch nie gesehen. Es war geformt wie ein fünfspeichiges Zepter, in dessen Inneren ein Bernstein, wie von unsichtbarer Hand gehalten, in der Luft schwebte. Die goldenen Speichen des Zepters waren umwickelt mit einer Art silbernem Faden und jeder Zwischenraum war mit fremdartigen Symbolen verziert. Als Tochter eines

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