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Lincolns Träume

Lincolns Träume

Titel: Lincolns Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Connie Willis
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war. Broun nannte es das Buch seiner Midlife-Crisis, obwohl er nicht damit begonnen hatte, ehe er sechzig geworden war. »Ich hatte Angst, ich könnte sterben, ehe ich etwas Bedeutendes geschrieben hatte, und vielleicht habe ich die immer noch. Ich bekam das verdammte Ding einfach nicht in den Griff«, sagte er mir lachend, als ich das erste Mal bei ihm zur Arbeit erschien, aber ich hatte den Verdacht, er meinte es ziemlich ernst. Ein Jahr später hatte er die Arbeit daran noch einmal aufgenommen, aber immer noch existierte kaum mehr davon als ein Plan.
    »Ich möchte, daß du morgen nach Arlington hinausfährst, Jeff.« Er kratzte über die grauen Stoppeln auf seiner Wange. »Ich muß wissen, ob man Willie Lincoln dort begraben hat.«
    »Er liegt in Springfield begraben. In der Gruft der Lincolns.«
    »Aber nicht während des Bürgerkriegs. Sein Leichnam wurde erst 1865, als Lincoln ermordet wurde, nach Springfield überführt. Willie starb 1862. Ich möchte wissen, wo er während dieser drei Jahre begraben war.«
    Ich hatte keine Ahnung, was Willie Lincoln mit Lincolns Traum von seiner Ermordung zu tun hatte, aber ich war zu erschöpft, um danach zu fragen. »Sie haben den Empfang abgesagt, nicht wahr?« sagte ich und hoffte wider alle Vernunft, er würde ja sagen. »Die Straßen sind in einem schrecklichen Zustand.«
    »Nein, das läuft noch.« Broun blickte auf seine Uhr. »Ich muß mich langsam anziehen. Diese verdammten Reporter kommen immer zu früh.« Ich mußte so ausgesehen haben, wie ich mich fühlte, denn er sagte: »Wir müssen uns erst um acht dem Kampf stellen, und ich werde mich um das Vorgeplänkel kümmern. Warum genehmigst du dir nicht ein kurzes Schläfchen?«
    »Ich glaube, ich nehme Sie beim Wort«, sagte ich und stemmte mich vom Stuhl hoch.
    »Oh, würdest du mir vorher noch einen Gefallen tun?« sagte Broun. »Würdest du Richard Madison anrufen und dich vergewissern, daß er heute abend kommt? Seine Freundin sagte, sie würden kommen, aber ich möchte, daß du anrufst und dich davon überzeugst.«
    Lincolns Träume und Willie Lincolns Leichnam und jetzt auch noch mein alter College-Stubenkamerad. Ich gab es auf, so aussehen zu wollen, als wüßte ich, wovon er überhaupt sprach.
    »Er hat angerufen, während du weg warst«, sagte Broun und kratzte an den Stoppeln. »Meinte, er müßte dich sofort sprechen. Ich sagte ihm, ich hätte deine Nummer nicht, aber du würdest zurückrufen, und ob ich dir irgendeine Nachricht übermitteln sollte, aber er bat mich nur, dir zu sagen, du möchtest ihn anrufen, und als du anriefst, hatte ich keine Gelegenheit, es dir zu sagen, deshalb rief ich ihn an und sagte ihm, du würdest heute zurück sein.«
    Es mußte einen Schlüssel zu all dem geben. »Sie haben ihn zu dem Empfang eingeladen?« fragte ich.
    »Ich habe die Freundin zum Empfang eingeladen. Richard war nicht da. Das Mädchen meinte, er wäre im Schlafinstitut, und ich fragte sie, was er dort machte, und sie sagte: ›Er erzählt den Leuten, was ihre Träume bedeuten‹, und als ich aufgehängt hatte, fing ich an, über Lincolns Träume nachzudenken und darüber, was ein Psychiater dazu sagen würde, deshalb rief ich sie noch einmal an und lud beide zum Empfang ein, um ihn danach zu fragen. Aber weil ich noch nie mit Richard gesprochen habe und weil er wollte, daß du ihn anrufst, halte ich es für eine gute Idee, wenn du dort anrufst und dich erkundigst, ob sie kommen. Und dann legst du dich am besten hin, mein Sohn. Du siehst aus, als würdest du jeden Moment zusammenbrechen.«
    Er ging hinaus. Ich stand eine Minute lang vor dem Kamin und fragte mich, warum mich Richard angerufen hatte. Wir waren damals gute Freunde gewesen, als wir im Duke Stubenkameraden waren, aber wir hatten einander in den sechs Jahren nach Ende des Studiums kaum gesehen. Er war wegen des praktischen Jahrs nach New York gegangen und dann nach D.C. zurückgekehrt, um seine Assistentenzeit am Schlafinstitut zu verbringen, was bedeutete, daß er zu beschäftigt war, um irgend jemanden zu treffen. Er hatte mich letztes Jahr genau einmal angerufen, und zwar, um mir einen Job anzubieten. Einer seiner Patienten, ein hohes Tier vom Pentagon, machte eine Untersuchung über die Langzeitfolgen des Vietnamkrieges und brauchte einen Forscher.
    »Kein Interesse«, hatte ich gesagt. »Ich bin mir noch nicht einmal über die Langzeitfolgen des Bürgerkriegs im klaren.«
    »Bei diesem Job hättest du die Möglichkeit, etwas Wichtiges zu

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