Linda Lael Miller
Zurückhaltung als Herausforderung betrachtet, die sie mit
ihrer Liebe überwinden wollte.
Nach ein
paar Jahren erkannte sie ihren Fehler – Ian wollte keine Kinder und kein
richtiges Zuhause wie sie, und Geld war ihm viel wichtiger als die Ideale, die
er in seinen Vorträgen und Büchern vertrat. Darüber hinaus ließ sich die Mauer
nicht durchbrechen, die er um seine Seele errichtet hatte.
Elisabeth
hatte wieder an der Schule unterrichtet und Geld gespart, bis sie den Mut fand,
die Scheidung einzureichen und aus Ians luxuriöser Eigentumswohnung in Seattle
auszuziehen.
Seufzend
machte sie sich wieder ans Saubermachen und überlegte, was sie von einem
zweiten Ehemann erwartete. Sie wollte einen sanften Mann, aber er mußte auch
stark sein. Vielleicht groß, mit dunklen Haaren und breiten Schultern ...
Elisabeth
begriff, daß sie Jonathan Fortner beschrieb, und stellte den Stapel
Dessertteller ab, die sie zum Spülen in die Küche hatte tragen wollen. Ihre Hände
zitterten.
Er ist
nicht real, ermahnte sie sich, doch dann eilte sie ins Schlafzimmer und öffnete
den Schrank.
Sie holte
das Jackett heraus und drückte es gegen ihr Gesicht. Es roch noch nach
Jonathan. Sehnsucht, in seiner Nähe zu sein, erfüllte Elisabeth.
Was absolut
albern war, da der Mann offenbar in einer anderen Zeit oder einem anderen
Universum lebte. Wahrscheinlich würde sie ihn nie wiedersehen.
Traurig
hängte sie das Jackett zurück.
Am
Freitagvormittag
holte Elisabeth die reparierte Halskette vom Juwelier und kam gerade
rechtzeitig nach Hause, als die Umzugsfirma ihre Habe brachte. Zwei Männer
trugen Bücher, Bänder, Stereoanlage, Mikrowelle, Fernseher, Videorecorder und
Kartons mit Kleidung ins Haus. Nachdem die Leute gegangen waren, setzte sie
Spaghetti auf und wartete auf ihre Freundin Janet.
Wie
versprochen, kam Janet, als die Soße gerade dazu bereit war, über die Spaghetti
gegossen zu werden. Janet hatte glatte rötlichbraune Haare, die knapp bis zu
ihren Schultern reichten, und große haselnußbraune Augen, und
sie trug ein elegantes, grau und weiß gestreiftes Kostüm.
Elisabeth
begrüßte ihre Freundin auf der Terrasse mit einer Umarmung. »Es ist so schön,
dich zu sehen.«
Janet
betrachtete sie besorgt. »Du bist blaß, und du hast abgenommen.«
Elisabeth
lächelte und griff nach Janets kleinem Koffer. »Es geht mir bestens.«
Während die
Aprilsonne unterging, aßen die beiden Frauen die Spaghetti in der Küche an dem
kleinen Tisch. Zuerst wollte Elisabeth sich ihrer Freundin anvertrauen, doch
sie fand nicht den Mut. Statt dessen sprachen sie über Janets neuen Freund und
Rues möglichen Aufenthaltsort.
Nachdem sie
gespült hatten, brachte Janet eine Cassette und schob sie in den
Videorecorder.
»Was sehen
wir heute abend?« fragte Elisabeth.
Janet
erschauerte ein wenig und lächelte. »Der Geist und Mrs. Muir«, antwortete sie. »Passend,
wie? Ich meine, da es wahrscheinlich in diesem Haus spukt.«
Elisabeth
erstickte fast an einem Kartoffelchip. »Spuk? Janet, das ist wirklich albern!«
Ihre
Freundin zuckte mit den Schultern. »Mag sein, aber als ich das Haus betrat,
überkam mich ein seltsames Gefühl, das ich auch hatte, als ich zu deiner Hochzeit
hier war.«
»Das war
eine Vorahnung drohenden Unheils, nichts Übernatürliches.«
Janet
lachte. »Du hast wahrscheinlich recht.«
Nach dem
Film tranken sie in der Küche Tee und tratschten. Als Elisabeth Ians Besuch und
dessen Wiederverheiratung erwähnte, schwand Janets Lächeln.
»Dieses
Ekel. Bist du traurig, Beth?«
»Wenn ich
traurig war, dann nur, weil ich nie die Ehe gefunden habe, die ich mir
erträumte. Aber jetzt bin ich darüber hinweg, Janet, und ich möchte, daß du dir
keine Sorgen mehr um mich machst.«
»Na schön,
ich werde es versuchen, aber mir wäre wohler, wenn du nach Seattle
zurückkämest.«
Elisabeth
trug die leeren Tassen zu der Spüle. »Ich brauche etwas Einsamkeit, um alles
neu zu ordnen. Verstehst du
das?«
»Ja«,
antwortete Janet zögernd.
Sie gingen
nach oben, und Elisabeth widerstand dem immer stärker werdenden Drang, ihrer
Freundin die unglaubliche Geschichte von Jonathan zu erzählen. Janet hätte ihr
kein Wort geglaubt.
Am nächsten
Morgen fuhren sie bei strahlendem Sonnenschein zu einer Handwerksausstellung,
verlebten ein paar fröhliche Stunden und aßen vietnamesisch an einer der Buden.
Erst als sie vor einer Ausstellung von Quilts stehenblieben, wurde Elisabeth
heftig an die Jonathan-Episode
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