Linda Lael Miller
hatte –
das Feuer, keine Leichen in den Ruinen, ihre eigene Verhaftung und der
Mordprozeß.
Trotz des
Entsetzens kam in Elisabeth erste Hoffnung auf.
Keine
Leichen.
Vielleicht,
nur vielleicht hatte Jonathan die Halskette gefunden und war mit Trista über
die Schwelle in die Sicherheit des nächsten Jahrhunderts geflohen.
Der Marshal
hob Elisabeth vom Wagen und führte sie in sein Büro, das wie aus einem Museum
aussah.
»Jetzt
werden Sie mich wahrscheinlich wegen Mordes verhaften«, sagte Elisabeth mit
klappernden Zähnen, während der Marshal Feuer im Ofen machte.
Farley sah
sie nüchtern an. »Ma'am, ich habe Sie hergebracht, damit Sie hier auf die
Damen von der Kirche warten, die Sie jeden Moment holen werden.«
»Sie werden
mich wegen Mordes anklagen«, murmelte sie. »Ich habe es in der Zeitung
gelesen.«
»Ich habe schon
gehört, daß Sie ein wenig verrückt sind.« Die Blicke des Marshals glitten über
ihr Nachthemd, das wahrscheinlich durchscheinend geworden war, und er reichte
ihr einen langen Mantel. »Hier, setzen Sie sich ans Feuer. Fehlte noch, daß
die Presbyterianerinnen behaupten, ich hätte Sie schlecht behandelt.
Elisabeth
sank in einen Schaukelstuhl. »Ich habe niemanden getötet«, sagte sie.
»Niemand
behauptet das«, bemerkte Farley und schenkte ihr Kaffee ein.
Der Stuhl
knarrte, als Elisabeth schaukelte. »Jonathan und Trista sind nicht tot.« Sie
mußte sich daran klammern.
Farley warf
ihr einen schmerzlichen Blick zu. »Den Brand kann niemand überlebt haben, Miss
Lizzie. Sie sind tot.« Er seufzte traurig. »Morgen holen wir ihre Leichen und
begraben sie, wie es sich gehört.«
»O nein,
das werden Sie nicht!« stieß sie hervor. »Sie werden keine Leichen finden, weil
sie nicht dort sind.« Farley legte eine Hand auf ihre Stirn. »Was heißt, sie sind nicht
dort? Ich und vier andere Männer haben versucht, in das Haus zu kommen. Alle
Treppen waren blockiert. Wir sind nicht bis zu Jonathan und dem Mädchen
vorgedrungen, und wir hätten Sie auch beinahe nicht herausgeholt.«
Es hämmerte
schmerzhaft hinter ihren Schläfen. Was konnte sie schon sagen? Daß Jonathan und
Trista vielleicht in
einer anderen Zeit, einer anderen Dimension verschwunden waren? »Ich glaube,
sie sind herausgekommen und wandern irgendwo herum und können sich vielleicht
nicht erinnern, wer sie sind.«
»Ich kenne
Jonathan Fortner seit zehn Jahren«, entgegnete Farley. »Er hätte dieses Haus
nicht verlassen, wenn er nicht alle darin hätte mitnehmen können!«
Tränen
brannten in ihren Augen. Selbst wenn der Mann, den sie liebte, der Vater des
Kindes, das in ihr heranwuchs,
nicht gestorben war, mochte er auf immer für sie verloren sein. Vielleicht fand
er den Rückweg nicht mehr. Vielleicht war dieser mysteriöse Durchgang auf ewig
versiegelt worden ...
Farley
kippte einen Schuß Whisky in ihren Kaffee. »Vorhin haben Sie Mord erwähnt, und
daß Sie in der Zeitung gelesen haben, was passiert ist. Was haben Sie damit
gemeint?«
Ihre Hände
zitterten, als sie den Kaffee mit Whisky trank. »Es hat keinen Mord gegeben.
Sie werden nur denken ...«
Ihre Stimme versagte, als sie erkannte, wie verrückt jede Erklärung klang. »Sie
werden in diesem Haus keine Leichen finden, Marshal, weil niemand tot ist.«
Der Marshal
brachte ihr noch eine Decke. »Sie haben von dem Schock den Verstand verloren.«
Farley betrachtete ihr Gesicht. »Sie haben doch nicht dieses Feuer gelegt,
oder?«
Elisabeth
riß ihren Kopf zurück, als wären die Worte ein körperlicher Schlag gewesen. »Gelegt?
Marshal, das Dach wurde von einem Blitz getroffen, ich habe es gesehen.«
»Kommt mir
ziemlich unwahrscheinlich vor«, überlegte er laut.
»Ach,
wirklich?« Elisabeth bekam Angst, weil die Handlung jetzt so lief, wie sie das
befürchtet hatte. »Nun, ein Blitz hat einen der Apfelbäume im Garten genau in
der Mitte gespalten. Vielleicht gehen Sie hin und überzeugen sich davon.«
»Wer sind
Sie?« fragte Farley. »Woher sind Sie gekommen?«
»Mein Name
ist Lizzie McCartney, und ich wurde in Boston geboren«, antworte sie mit
zuckenden Mundwinkeln.
»Geben Sie
mir den Namen Ihres Vaters und die Adresse, dann setze ich mich mit Ihrer
Familie in Verbindung und informiere sie, daß Sie Hilfe brauchen.«
Sie fühlte,
wie die Farbe aus ihrem Gesicht wich. »Ich möchte das lieber selbst in die Hand
nehmen.«
Der Marshal
zog eine Uhr aus seiner Hosentasche, klappte den Deckel auf und furchte die
Stirn. »Wo nur diese
Weitere Kostenlose Bücher