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Linda Lael Miller

Linda Lael Miller

Titel: Linda Lael Miller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hundert Jahre Zaertlichkeit
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die stets auf dem
letzten Buchstaben ihres Namens anstelle eines Punkts ein Herzchen malte, aber
sie wollte keine einzige Stunde lang versuchen, mit der Frau Smalltalk zu
machen. »Daddy, das ist kein Spukhaus. Ich liebe es, das weißt du. Wer hat dir
überhaupt gesagt, daß ich hier bin?«
    Ihr Vater
seufzte. »Ian. Er macht sich große Sorgen um dich, Kleines. Das tun wir alle.
Du hast keinen Job und kennst keine Menschenseele in dieser hinterwäldlerischen
Stadt. Was willst du denn mit dir anfangen?«
    Sie
lächelte. Das sah Ian ähnlich, daß er es so hinstellte, als würde sie sich in
einer Höhle verkriechen und ihre Wunden lecken. »Ich habe einen Job, Daddy. Ich
werde im September in der dritten Klasse der Volksschule von Pine River
anfangen. In der Zwischenzeit möchte ich einen Garten anlegen und lesen ...«
    »Was du
brauchst, ist wieder ein Mann.«
    Elisabeth
verdrehte die Augen. »Ich könnte mich auch vor einen dahinrasenden Lastwagen
werfen und mir alle Knochen brechen«, erwiderte sie. »Das ginge schneller und
wäre nicht so aufreibend.«
    »Sehr
witzig«, bemerkte Marcus, aber amüsierter Respekt mischte sich in seinen
grollenden Ton. »Na schön, Baby, ich
lasse dich in Ruhe. Paß auf dich auf und sag Traci Bescheid, wenn du etwas
brauchst. Versprichst du es?«
    »Ich
verspreche es.«
    »Gut.«
    »Ich liebe
dich, Daddy ...«
    Als sie
nach dem Abendessen das Geschirr spülte, flackerte das Licht, und der Wind
heulte um das Haus. Sie beschloß, zeitig zu Bett zu gehen.
    Ihre Hand
schloß sich um den zierlichen Anhänger an Tante Veritys Halskette, als sie sich
in die Kissen sinken ließ.
    Blitze
erfüllten den Raum mit einem unheimlichen Licht, aber Elisabeth fühlte sich in
dem großen Himmelbett
sicher. In wie vielen Nächten waren sie und Rue quietschend und kichernd zu
diesem Bett gekommen, hatten sich zu beiden Seiten an Tante Verity gedrückt und
sie um eine Geschichte gebeten, die sie von dem Donner ablenken sollte.
    Bei dem
Schrei riß sie die Augen auf.
    »Papa!«
    Elisabeth
sprang aus dem Bett und rannte auf den Korridor. Ein zweiter Schrei ertönte,
gefolgt von ersticktem Schluchzen.
    Es waren
jedoch nicht die Geräusche, die Elisabeth lähmten, sondern die dünne Linie
gelblichen Lichts, die unterhalb der Tür auf der anderen Korridorseite schim
merte. Jener Tür, die sich ins Leere öffnete.
    Sie lehnte
sich gegen den Türrahmen. Eine Hand lag auf der Halskette, als wollte sie Tante
Verity zu ihrer Rettung heraufbeschwören.
    »Papa,
Papa, wo bist du?« rief
das Kind verzweifelt auf der anderen Seite.
    Elisabeth
stieß sich ab und machte einen Schritt über den Korridor, dann noch einen. Sie
fand den Knauf, und das Geräusch ihres Herzschlages schien beinahe die Rufe
des kleinen Mädchens zu übertönen, als sich der Knauf drehte.
    Während
sich die Tür tatsächlich öffnete, erwartete Elisabeth, von einer regnerischen
Aprilböe getroffen zu werden. Die sanfte Wärme, die sie statt dessen umgab, war
ein viel angenehmerer Schock.
    »Mein Gott«,
flüsterte sie, als ihre Augen sich auf einen von Kerzenlicht erhellten Raum
einstellten, wo nichts als Luft hätte sein sollen.
    Sie sah das
Kind, das sich gegen das obere Ende eines schmalen Bettes drückte. Dann sah sie
ein Puppenhaus, noch eine Tür und eine große, altmodische Garderobe. Während
sie da an der Schwelle einer Welt stand, die nicht existieren konnte, bewegte
sich das kleine Mädchen im Schein einer kunstvollen Porzellanlampe auf dem
Nachttisch.
    »Du bist
nicht Papa«, sagte das Kind, schniefte und rutschte noch weiter an das
geschnitzte Kopfteil heran.
    Elisabeth
schluckte. »N-nein«, erwiderte sie und testete mit einer Zehe den Fußboden.
Selbst mit diesem Bild vor ihr, komplett bis in jedes Detail, sagten ihr ihre
fünf Sinne, daß sie bei einem Schritt in den Raum auf das Dach des
Wintergartens fallen und sich zahlreiche Knochen brechen würde.
    Das kleine
Mädchen fuhr sich mit dem Ärmel seines Flanellnachthemds über das Gesicht und
schniefte wieder. »Papa ist wahrscheinlich im Stall. Die Tiere bekommen Angst
bei Gewitter.«
    Elisabeth
schlang die Arme um sich, preßte ihre Augen fest zu und trat in voller
Erwartung des Absturzes über die Schwelle. Statt dessen fühlte sie einen
glatten Holzboden unter ihren Füßen.
    »Du bist
die Lady, nicht wahr?« fragte das Kind. »Die an dem Türknauf gerüttelt und
gerufen hat.«
    Das darf
nicht wahr sein, dachte Elisabeth. »J-ja«, stammelte sie nach einer langen
Pause.

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