Lisa Kleypas
vorgesehen gewesen waren, dünne
Zwischenwände aus Spanplatten eingezogen, flache Wandschränke mit klemmenden
Schiebetüren eingebaut, Kirschbaumregale mit mehreren Farbschichten
zugekleistert und die typischen Holzver zierungen im Zuckerbäckerstil mit
billiger weißer Farbe übertüncht. Auf den alten Hartholzdielen war entweder
Linoleum verlegt worden, oder es lagen so dicke FlokatiTeppiche darauf, dass
alles, was zu Boden fiel, unauffindbar darin verschwand.
Das Haus
hatte aber auch seine positiven Seiten: Es bot mehr als genug Platz für zwei
Junggesellen und ein sechsjähriges Kind, hatte einen großen Hof und einen noch
größeren Obstgarten. Außerdem war die False Bay Marks Lieblingsecke der Insel.
»Kommt gar
nicht infrage«, wehrte Sam ab. »Ich lebe gern allein.«
»Was hast
du zu verlieren, wenn du uns bei dir wohnen lässt? Wir würden dich komplett in
Ruhe lassen und kein bisschen stören.«
Uns.
Wir. Diese Worte
waren offenbar im Begriff, das »ich« in den meisten Sätzen zu verdrängen,
die Mark künftig von sich geben würde.
»Du machst
Witze, oder? Hast du eine Vorstellung, was es für einen alleinstehenden Mann
bedeutet, mit Kindern zusammenzuleben? Du kriegst keine Chance mehr, eine tolle
Frau zu treffen, denn tolle Frauen haben weder Lust, sich beschwatzen zu
lassen, als Babysitter zu fungieren, noch sind sie scharf darauf, das Kind
einer anderen aufzuziehen. Und selbst wenn es dir auf wundersame Weise
gelingen sollte, eine tolle Frau zu erobern, kannst du sie nicht halten. Keine
spontanen Wochenendtrips nach Portland oder Vancouver, kein wilder Sex, kein
endloses Ausschlafen und Rekeln im Bett. Niemals.«
»Du hast
doch jetzt auch nichts dergleichen«, wandte Mark ein. »Du verbringst deine
gesamte Freizeit auf deinem Weingut.«
»Ja, schon,
aber das Entscheidende ist: Ich mache das, weil ich
es so will. Das ist
meine freie Entscheidung. Wenn ein Kind da ist, gibt es diese
Entscheidungsfreiheit nicht mehr. Deine Freunde genehmigen sich ein Bierchen
und schauen sich ein Footballspiel im Fernsehen an – und du suchst im
Supermarkt nach Fleckentfernern und Crackern.«
»Das bleibt
doch nicht ewig so.«
»Nein, nur
für den Rest meiner Jugend.« Sam verschränkte die Arme auf dem Tisch und
senkte die Stirn, als wolle er sie gegen die Tischplatte hämmern, beließ es
dann aber dabei, das Gesicht auf die Arme zu legen.
»Wie
definierst du deine Jugend, Sam? Für mich sieht es nämlich so aus, als hättest
du sie schon vor etlichen Jahren hinter dir gelassen.«
Sam rührte
sich nicht, sondern hob nur den Zeigefinger seiner rechten Hand. »Ich hatte
Pläne für meine Dreißiger«, murmelte er. »Und darin kamen Kinder einfach
nicht vor.«
»In meinen
Plänen auch nicht.«
»Ich bin
noch nicht bereit für so etwas.«
»Ich auch
nicht. Genau deshalb brauche ich deine Hilfe.« Mark seufzte tief. »Sam,
wann habe ich dich jemals um irgendetwas gebeten?«
»Noch nie.
Aber musst du ausgerechnet jetzt damit anfangen?«
Mark
verlegte sich auf sanftes Bitten und Drängen. »Sieh es doch mal so ... Wir
fangen ganz vorsichtig an. Wir werden Hollys Fremdenführer ins Leben werden.
Ganz lockere Reiseleiter, die ihr niemals mit irgendwelchem Mist wie
,angemessener Bestrafung' oder ,Weil ich es so sage' kommen werden. Ich bin mir
darüber im Klaren, dass ich kein meisterhafter Erzieher sein werde ... Aber im
Gegensatz zu unserem Vater werde ich, auch wenn ich Fehler mache, das Mädchen
immer liebevoll behandeln. Ich werde Holly keine Ohrfeige verpassen, wenn sie
ihr Zimmer nicht aufräumt. Ich werde sie nicht zwingen, Stangensellerie zu
essen, wenn sie den nicht mag. Ich werde keine Psychospielchen mit ihr treiben.
Mit etwas Glück gewinnt sie auf diese Weise eine vernünftige Weltsicht und
erlernt einen Beruf, von dem sie leben kann. Ganz egal, wie wir uns dabei
anstellen – so wird es allemal besser sein, als wenn Fremde ihre Pflegeeltern
werden. Oder noch schlimmer: andere Verwandte.«
Sam hatte
sein Gesicht immer noch auf seine verschränkten Arme gepresst und murmelte
resigniert ein paar Flüche in sich hinein. Wie Mark gehofft hatte, war Sams Gerechtigkeitsempfinden
geweckt worden.
»Na
schön.« Er seufzte tief. »Okay. Aber nur unter mehreren Bedingungen.
Erstens: Ich will die Mieteinnahmen von deiner Wohnung haben, wenn du sie
loswirst.«
»Einverstanden.«
»Und
zweitens: Ich brauche Hilfe bei der Sanierung des Hauses.«
Mark warf
ihm einen argwöhnischen Blick zu. »Ich bin alles
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