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Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren

Titel: Lisbeth 02 - Ein Mädchen von 17 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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einfach, sie alle aufzuzählen. Ein ganzer Haufen von Jungen und Mädchen. Ich kenne ja so unglaublich viele.“
    Damit hatte sie recht. Lisbeths Bekanntenkreis ist sehr groß und wird ständig größer.
    „Jedenfalls kannst du beruhigt sein“, fuhr Lisbeth fort, „es sind alles sehr nette Menschen.“ Heming und ich beeilten uns, ihr zu versichern, daß wir daran keinen Augenblick gezweifelt hätten.
    „Wie fühlst du dich eigentlich, Lisbeth?“ fragte Heming beim Nachtisch, als wir unsere Gläser mit selbstgemachtem Obstwein gefüllt und auf das Wohl des Geburtstagskindes angestoßen hatten. „Ich meine, wie fühlt man sich, wenn man eine ungeküßte Siebzehnjährige ist?“
    „O danke! Man fühlt sich gar nicht so übel, wenn man siebzehn ist“, erwiderte Lisbeth unangefochten, und dabei tat sie eine so gewaltige Portion Schokoladenpudding auf ihren Teller, daß ich sie hätte zurechtweisen müssen, wenn nicht gerade ihr Geburtstag gewesen wäre.
    „Es muß sehr eigenartig sein“, sagte ich ziemlich nachdenklich.
    „Was muß eigenartig sein?“ fragte Lisbeth, während sie eine ansehnliche Menge Schlagsahne auf ihren Pudding häufte.
    „Eine ungeküßte Siebzehnjährige zu sein.“
    „Ja, das muß sehr eigenartig sein“, sagte Lisbeth mit der denkbar größten Gemütsruhe. Und dann eröffnete sie nüchtern und zielbewußt einen Großangriff auf ihren geliebten Pudding.
    Unser Haus füllte sich mit lachender und lärmender Jugend. Es war alles so, wie es bei Gesellschaften dieser Art sein soll. Es wurden Reden gehalten, und es wurde auf das Wohl des Geburtstagskindes getrunken. Lisbeths Klassenkameraden hatten Verse auf sie geschmiedet, die sich bei einigermaßen gutem Willen sogar singen ließen. Dann wurde das Radioprogramm eingeschaltet, Tanzschlager ertönten, es wurde getanzt, etwas geflirtet, und die Mädchen betrachteten mit kritisch abschätzenden Augen die Kleider ihrer Freundinnen und Rivalinnen.
    Lisbeth hat auch andeutungsweise noch nie den Wunsch geäußert, Heming und ich möchten uns zurückziehen, wenn sie eine Gesellschaft hat. Und es scheint, daß es ihren Freunden und Freundinnen bei uns ebensogut gefällt wie in den Häusern, wo die Eltern der Jugend das Schlachtfeld allein überlassen.
    „Ihr bekommt ja wohl nicht gleich einen Schlaganfall, wenn ihr zufällig sehen solltet, daß sich zwei irgendwo in einem Winkel einen Kuß geben“, sagte Lisbeth einmal. Und sie hat recht: davon bekommen wir keinen Schlaganfall, und außerdem ist es noch gar nicht so sehr lange her, daß wir selber jung und unbekümmert waren.
    Heming tanzte mit Lisbeths Freundinnen; sie schwärmen im stillen etwas für ihn, was ich gut verstehen kann. Ich fühle mich ja auch geschmeichelt, wenn Lisbeths achtzehnjährige Freunde mich zum Tanz auffordern.
    Diesmal sah ich einzelne neue Gesichter unter den Gästen. In der Tat: Lisbeths Freundeskreis wächst schnell und sicher. Manchmal genügt schon eine Bekanntschaft von sehr kurzer Dauer, um Lisbeth zu einer Einladung zu veranlassen.
    Ein junges Mädchen fiel mir auf. Es schien etwas älter als die anderen zu sein und unterschied sich auch sonst von ihnen. Nicht etwa durch seine Eleganz. Im Gegenteil. Das blaßgrüne Kleid hing merkwürdig schlaff von den mageren Schultern herab. Das Gesicht war blaß und farblos, die Augen waren hell, die Augenbrauen fein gezeichnet, die braunen Wimpern lang. Weiches, platinblondes Haar umrahmte wellenförmig das Gesicht. Die Lippen waren bleich, und um den Mund lag ein ernster Zug.Dieses stille Antlitz ließ mir keine Ruhe. Immer wieder wandten sich meine Blicke dem Mädchen zu. Eine ungewöhnliche Erscheinung. Sie besaß etwas, das ich weder bei meiner gesunden und unbeschwerten Adoptivtochter noch bei ihren munter schwätzenden Freundinnen fand. Es war etwas Empfindsames, Zartes an ihr – etwas Weiches, Nachgebendes.
    Sie hatte Seele.
    Heming tanzte mit ihr mehrere Male. Ihr Körper war biegsam und federnd, ihre Füße glitten leicht und gefügig über das gebohnerte Parkett. Ich hätte gerne ein paar Worte mit ihr gesprochen, aber ich kam nicht dazu, da ich mich um das kalte Büfett kümmern und Erna und den beiden Aufwartemädchen Anweisungen geben mußte.
    Erst beim Aufbruch sah ich sie wieder. Die anderen jungen Mädchen waren etwas übermüdet, ein wenig zerzaust, hatten blanke Nasen, nur noch die halbe Lippenstiftfarbe auf dem Mund, sprachen nervös und lachten krampfhaft. Die junge Fremde in dem grünen Kleide aber

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