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Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition)

Titel: Little Brother - Homeland: Roman (Heyne fliegt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cory Doctorow
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Kaffee, dann nahm ich selbst einen. Dann umarmten wir uns. Es war ein kleines bisschen verklemmt.
    Es war aber auch ganz wunderbar.
    »Hey, Marcus. Glückwunsch, dass das Ding endlich läuft.«
    »Danke.« Alles, was ich wollte, war, sie wieder zu umarmen.
    »Nun ja«, sagte ich.
    »Nun ja«, wiederholte sie.
    »Ich bin wirklich ein Idiot.«
    »Stimmt.«
    »Du hast mir gefehlt.«
    »Du mir auch. Hab dich wie verrückt vermisst. Als hätte jemand ein Stück von mir weggeschnitten.«
    Ich senkte die Stimme. »Ich hab die Johnstone-d0x dem FBI übergeben.«
    Sie blinzelte verblüfft. »Wann denn?«
    »Schon im Herbst letztes Jahr.«
    »Und du läufst trotzdem noch frei rum, wie’s scheint.«
    »Tja, heißt wahrscheinlich, dass sie nichts damit gemacht haben.«
    »Oder es heißt, dass sie was damit gemacht haben.«
    Mir klappte der Kiefer runter.
    »Der Gedanke ist mir noch gar nicht gekommen, weißt du«, sagte ich.
    »Na ja. Du hast nun mal die blöde Angewohnheit, immer bloß das Negative zu sehen.«
    »Stimmt wahrscheinlich.«
    Eine Weile tranken wir einfach nur unseren Kaffee.
    »Hast du schon irgendwas Cooles gesehen?«
    »Nein. Seit wir hier sind, hab ich eigentlich nur an der verdammten Maschine herumgebastelt.«
    »Ich war noch nicht im Tempel«, erklärte sie.
    Ich verstand, was sie damit sagen wollte. »Lemmy kommt sicher auch ein Weilchen ohne mich zurecht.«
    »Meinst du?«
    »Na klar. Lass uns gehen.«
    »Bist du denn viel auf den Demos?«, fragte sie.
    »Jeden Tag eigentlich. Die Sachen ausprobieren, die wir im Noisebridge entwickeln, damit man uns nicht mehr so leicht drankriegt: Software, damit man Polizeikessel umgehen kann, Schutzmöglichkeiten vor HERF -Angriffen, Tränengas, den Blendwaffen und Schallkanonen, die sie in letzter Zeit gerne einsetzen. Bin ein paar Mal festgenommen worden, aber ich mach trotzdem weiter.«
    »Finde ich toll«, sagte sie. »Ganz ehrlich. Ich bin stolz auf dich.«
    »Danke. Das bedeutet mir echt viel.« Das tat es auch. Ich hielt zwar nicht ihre Hand, aber Mann, wie sehr ich mir das wünschte. »Und wie geht’s dir so?«
    »College«, meinte sie. »College, College, College. Ich belege so viele Kurse wie möglich, damit ich schneller fertig bin. Meine Studienkredite sehen jetzt schon wie die Staatsverschuldung von irgendeinem absaufenden Inselstaat aus.«
    »Du könntest jederzeit abbrechen.«
    »Na ja, weißt du, wir können nicht alle hauptberufliche Revoluzzer werden.«
    Nicht, wenn man sich bis über beide Ohren verschuldet, lag mir auf der Zunge, aber ich wollte nicht mit ihr streiten. Das war mir im Moment wichtiger als alles andere.
    Der Tempel kam in Sicht. Er war sogar noch beeindruckender als letztes Jahr, und von überall strömten die Menschen heran, um dort in aller Stille ihre Erinnerungen zu hinterlassen oder die ihrer Mitmenschen zu teilen. Wir wurden Teil desselben stillen Einvernehmens und näherten uns fast lautlos, ohne Worte.
    Und fassten einander bei den Händen.
    Und als wir dann im Atrium saßen und das erste tiefe Omm uns erfüllte, ließen wir uns fallen und den Tränen freien Lauf, erst Ange, dann auch ich. Noch immer fassten wir uns bei den Händen, und Ange packte so fest zu, dass mir die Knöchel schmerzten. Doch der Klang dauerte an, und mit ihm breitete sich Frieden aus. Davon hatte ich im vergangenen Jahr nicht allzu viel genossen, und anfangs begriff ich gar nicht, was ich da fühlte – dann gab ich mich dem Gefühl hin.
    Ich schloss die Augen. Auf einmal merkte ich, wie sich jemand neben mich auf den Boden setzte. Ich wusste, wer es war, noch ehe ich die Augen wieder aufschlug.
    Mashas Haar war wieder rosa, und sie sah deutlich besser aus als bei unserem letzten Treffen, aber auch älter. Tiefe Sorgenfalten zeichneten ihr Gesicht um Augen und Mund, doch irgendwie stand es ihr. Ihre Augen waren genauso, wie ich sie in Erinnerung hatte.
    Lange sahen wir einander an. Ich drückte Anges Hand und wusste, dass sie Masha ebenfalls ansah. So saßen wir drei einfach nur da und starrten einander an, drei Paar Augen, drei Gehirne, drei Paar Hände, drei Menschen inmitten der Menge, im Inneren des Tempels, im Zentrum von Black Rock City, auf der Kruste dieses Planeten.
    Dann stand Masha auf, warf uns beiden eine Kusshand zu und lächelte wie eine Zehnjährige. Es kam mir so vor, als wäre ich gerade von einer Heiligen gesegnet worden. Ich schloss Ange in die Arme, etwas ungelenk zunächst; dann wurde es zum vertrautesten Gefühl der Welt.

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