The Curse - Im Schatten der Schwestern (German Edition)
Prolog
Schottland, Februar 1740
Auf Burg Galthair herrschte Hochstimmung. Der Clan der Stuarts hatte sich versammelt, um gemeinsam Imbolc – das Fest zum Wiedererwachen des Lebens und der Rückkehr des Lichtes – zu feiern. Die Tische der großen Halle waren mit Heidekraut, Schöllkraut und Lorbeerzweigen geschmückt. Deren angenehmer Duft vermischte sich mit dem köstlichen Geruch frisch gebackenen Bannockbrotes, der durch die Burg zog. Selbst die Mägde verrichteten ihre Arbeiten heute mit einem Lächeln im Gesicht, war dieser Festtag doch traditionell der Tag, an dem sie vom Laird ihren Lohn für die Arbeit des letzten Jahres erhielten.
Nathaira Stuart teilte die Vorfreude der Dienerschaft nicht, musste sie doch die ganzen Vorbereitungen überwachen und sich um die Unterbringung der Gäste kümmern. Gerade hatte ein Küchenjunge sie damit behelligt, sich am Brotofen den Arm verletzt zu haben. Als hätte sie nicht Wichtigeres zu tun, als sich um unachtsame Bengel zu kümmern. Da dieser nun versorgt und mit einem tröstenden Becher Milch in der Küche ruhiggestellt war, konnte sie selbst für einen Moment durchatmen. Sie schwang ihren hüftlangen schwarzen Zopf zurück und strich das jadefarbene Kleid glatt. Die silberne Stickerei an der Vorderseite, die ihre schlanke Taille betonte, war während der Arbeit unter einer Schürze verborgen. Diese nahm sie nun ab und reichte sie an eines der Küchenmädchen weiter.
„Ich erwarte, dass es nun keine Schwierigkeiten mehr gibt. Ihr wisst alle, was ihr zu tun habt. Wenn ihr euren Lohn wollt, enttäuscht meinen Vater besser nicht.“
Die Mädchen knicksten tief, als Nathaira würdevoll aus dem Reich der Bediensteten zurück in ihre Welt entschwand.
Da ihr die Hektik und Hitze aufs Gemüt geschlagen hatten, trat sie hinaus in den Burghof und hob ihr Gesicht der Sonne entgegen. Ließ sich vom Wind den Schweiß trocknen und genoss das Gefühl, den Winter hinter sich gelassen zu haben. Als feierte der Himmel selbst mit ihnen diesen Tag, hatte es gestern aufgehört zu schneien, und die Wolkendecke, die zwei Monate lang über ihnen gelastet hatte, war aufgebrochen. In den ersten Sonnenstrahlen dieses Jahres funkelte der noch verschneite Burghof, als sei er mit unzähligen Diamanten bestückt. Eiszapfen hingen von den Balken der Brustwehr wie kristallene Klingen herab.
Die erschrockenen Schreie einiger Männer ließen Nathaira aufhorchen, und sie musste lachen, als sie sah, dass eine Schneelawine von der Turmspitze die Handvoll Krieger fast unter sich begraben hätte. Sie reckte den Hals, um die Männer, die inzwischen in lautes Gelächter ausgebrochen waren, besser erkennen zu können.
Sean McLean putzte sich Schnee von den Stiefeln und war allem Anschein nach das Opfer des Spotts. Sie erkannte ihren Bruder Cathal unter ihnen. Auch dessen bester Freund Blair McLean stand an der Seite seines jüngeren Bruders und schlug sich vor Lachen auf die Schenkel. Nathaira kümmerte sich jedoch nicht weiter darum.
Ihr Blick hing gebannt an dem letzten Mann der Gruppe. Ein blonder Hüne, dessen Größe allein ihr einen wohligen Schauer über den Rücken jagte. Sein Haar wehte unbändig im Wind, seine muskulösen Oberarme waren unter dem Wams aus Fell und Leder nackt. Die klirrende Kälte schien ihm nichts auszumachen, denn er lachte, und dieser Laut ließ Nathairas Atem stocken. Als spüre er ihre Anwesenheit, drehte er sich zu ihr um und sah ihr direkt ins Gesicht. Er neigte sein Haupt zu einem unmerklichen Gruß und stieß Sean mit dem Ellbogen in die Seite. Dann besprachen sie etwas, und als sie auseinandertraten, zogen beide ihr Schwert.
Nathaira kniff die Augen zusammen. Nicht nur der Schnee reflektierte die Sonnenstrahlen, sondern auch die glänzenden Klingen blendeten sie. Was hatten die beiden vor?
Muskeln und Sehnen wurden angespannt, als sie in Kampfhaltung gingen. Eine ganze Schar Männer kam angelaufen, und der Stallbursche sammelte in seiner Kappe die ersten Wetteinsätze. Sean und der Blonde umkreisten sich wie Raubtiere, loteten die Stärken und Schwächen des anderen aus, noch ehe der Kampf begann. Auch die Wachen auf der Brustwehr reckten die Köpfe und feuerten die beiden an.
Obwohl dem Fremden in Sean ein geübter Kämpfer mit einem Breitschwert in Händen gegenüberstand, lächelte er gelassen. Cathal trat zwischen die beiden und sagte etwas, aber der Hüne schien kaum zuzuhören, denn er sah Nathaira unverwandt an. Als Cathal aus dem Kreis trat, nahm Sean
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