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Live!

Live!

Titel: Live! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petros Markaris
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wieder ein Herz und eine Seele. Früher habe ich solche Sendungen verabscheut und meinen Platz vorm Fernseher geräumt. Ich verabscheue sie zwar noch immer, bleibe aber vor der Glotze sitzen, so wie neun von zehn Griechen.
    Die Komi sitzt in einem Polstersessel, ihr Gegenüber ist Jason Favieros, ein gut erhaltener Fünfzigjähriger, der im zweiten Fauteuil Platz genommen hat. Wer nicht weiß, daß er die letzten zwanzig Jahre eine Menge Geld gescheffelt hat, könnte ihn für einen Rocker aus den Siebzigern halten, der vergessen hat, sich zu rasieren und eine frische Hose anzuziehen. Obwohl er der Inhaber einer großen Baufirma ist, die auf dem gesamten Balkan agiert und einen Großteil der Arbeiten für die bevorstehende Olympiade ausführt, trägt er verwaschene Jeans und ein zerknittertes Sakko.
    Die Komi will wissen, was dran ist an den Vorwürfen, die Bauarbeiten für die Olympiade würden nicht termingerecht fertig sein. Favieros zeigt sich ungerührt.
    »All das sind Gerüchte, die jeder Grundlage entbehren, Frau Komi«, meint er. »Bei solchen Aufträgen geht es um viel Geld, das Interesse ist groß und Griechenland, aus unternehmerischer Sicht, ein kleines Land. Natürlich verfolgt ein Konkurrent des öfteren das Ziel, seinen Gegenspieler zu verunglimpfen, um ihn aus dem Rennen zu werfen.«
    »Sie behaupten also, daß die Bauarbeiten rechtzeitig für die Olympischen Spiele fertig sein werden?«
    »Nein«, entgegnet Favieros mit einem selbstbewußten Lächeln. »Sie werden wesentlich früher fertig sein.«
    »Jetzt haben Sie sich unseren Zusehern gegenüber festgelegt, Herr Favieros.« Die Komi wendet sich der Kamera zu, und ihr Gesicht leuchtet vor Genugtuung.
    »Gewiß«, antwortet Favieros lässig.
    »Na schön, wir sprechen uns wieder, wenn wir uns vor den Gästen aus aller Welt blamieren«, bemerkt Adriani, die Beteuerungen jeglicher Art für Schwindel hält.
    Vielleicht hat sie recht, aber Favieros hat mit seiner terminlichen Festlegung die Diskussion beendet, und die Komi sucht nach einem neuen Angriffspunkt.
    »Dennoch gibt es eine offene Frage in Unternehmerkreisen, Herr Favieros«, sagt sie. »Wie ist es Ihnen gelungen, innerhalb von nur fünfzehn Jahren dieses – wenn auch nur für griechische Verhältnisse – riesige Imperium aus dem Boden zu stampfen?«
    »Weil ich mir sehr früh zwei Erkenntnisse zunutze gemacht habe. Erstens, daß meine Unternehmen bei einer Beschränkung auf Griechenland zu einem Schattendasein verurteilt wären. So habe ich meine Tätigkeit auf den Balkanraum ausgedehnt. Heute kümmere ich mich um Baustellen entweder direkt oder über Tochtergesellschaften auf dem ganzen Balkan, selbst im Kosovo. Außerdem habe ich die traditionell freundschaftlichen Beziehungen Griechenlands zu einer Reihe von arabischen Ländern ausgenützt.«
    »Und die zweite Erkenntnis?«
    »Daß ein Unternehmer niemals Minderwertigkeitskomplexe haben darf. Ein Großteil unserer Baustellen läuft über die Kooperation mit anderen europäischen Firmen, die viel größer sind als wir. Ich versichere Ihnen, Frau Komi, daß meine Firma nie befürchtet hat, geschluckt zu werden.«
    »Scheinbar haben Sie, Herr Favieros, sehr früh die Geheimnisse der Globalisierung entdeckt.«
    Favieros bricht in Gelächter aus. »Die kannte ich schon lange, bevor der Begriff Globalisierung in Mode kam.«
    »Was Sie nicht sagen! Eine Vorreiterrolle! Und wie sind Sie darauf gekommen?« Die Komi lächelt bezaubernd.
    »Durch den linken Internationalismus, Frau Komi. Die Globalisierung ist das Endstadium des Internationalismus. Lesen Sie das Kommunistische Manifest.«
    Bislang hatte er sich vollkommen locker gegeben, doch nun erkenne ich plötzlich eine Spur herausfordernden Hochmuts in seiner Stimme. Das Lächeln auf Komis Lippen ist zu einer verlegenen Maske geronnen. Sie hat keine Ahnung, was Internationalismus bedeutet, noch was das Kommunistische Manifest ist. Doch die Komi ist erfahren und hat sich rasch wieder in der Gewalt. Sie beugt sich nach vorne, um ihn mit ihrem Blick festzunageln.
    »Sie nennen das vielleicht Internationalismus und Kommunistisches Manifest, andere jedoch nennen das Vetternwirtschaft mit der Regierungspartei, Herr Favieros«, sagt sie sanft. »Und sie beziehen sich dabei auf Ihre Beziehungen zu bestimmten Ministern.«
    »Das ist ihre Rache dafür, daß er sie bloßgestellt hat«, meint Adriani, doch Favieros zeigt sich nicht verärgert.
    »Nicht nur mit der Regierungspartei, sondern mit allen

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