Live!
Parteien. Kennen Sie irgendeinen Unternehmer, der keine Kontakte zu politischen Parteien pflegt, Frau Komi?«
»Aber wir sprechen hier nicht von Kontakten. Wir sprechen von sehr engen, persönlichen Beziehungen. Vorgestern wurden Sie gesehen, wie Sie mit einem Minister in einem allseits bekannten Restaurant, das zur Zeit sehr in Mode ist, beim Essen saßen.«
»Was wollen Sie damit sagen? Daß ich mich in aller Öffentlichkeit mit dem Minister verschworen habe, und noch dazu in einem In-Lokal?« lacht Favieros. Mit einem Schlag jedoch wird er ernst. »Vergessen Sie nicht, daß ich mit vielen der Minister aus der jetzigen Regierung seit der Junta, seit unserer Studienzeit bekannt bin.«
»Nicht wenige behaupten jedenfalls, der sprunghafte Anstieg Ihrer Geschäfte liege an der … Sympathie, die Ihnen die Regierung entgegenbringt«, sagt die Komi. »Möglicherweise weil Sie politische Kampfgenossen waren«, fügt sie bissig hinzu.
»Der Erfolg meiner Unternehmen beruht auf gelungener Planung, richtigen Investitionen und auf unermüdlicher Arbeit, Frau Komi«, sagt Favieros betont ernst. »Damit sind wir über jeden Zweifel erhaben, was sich in nächster Zukunft auch herausstellen wird.« Letzteres unterstreicht er, als stünde der Augenblick der Wahrheit tatsächlich kurz bevor.
Die Komi schlägt ein Dossier auf ihren Knien auf, zieht ein Blatt heraus und überreicht es Favieros. »Kennen Sie diesen Brief, Herr Favieros?« fragt sie. »Es handelt sich um ein Protestschreiben von fünf Baukonsortien an das Ministerium für Umwelt, Raumplanung und Bauwesen. Sie protestieren dagegen, daß bei der Ausschreibung für den Ausbau dreier Autobahnkreuze kein Zuschlag erfolgt ist und sie wiederholt wird, einzig und allein, damit Ihre Firma, die nicht zeitgerecht einreichen konnte, Gelegenheit zur Teilnahme erhält.«
Favieros hebt langsam den Kopf. »Ja, ich hatte etwas von diesem Schreiben gehört, es lag mir aber noch nicht vor.«
»Wie Sie sehen, haben wir es hier mit sehr konkreten Vorwürfen zu tun. Sind diese Anschuldigungen gerechtfertigt?«
»Hier meine Antwort«, sagt Favieros ruhig.
Langsam fährt seine Hand in die Innentasche seines Jacketts. Die Komi klammert sich an ihren Sessel, heftet den Blick auf Favieros und wartet ab. Mit ihrer Körperhaltung versucht sie, die spannungsgeladene Stimmung an die Zuschauer weiterzugeben, doch es riecht von Mesojia, wo der Sender sitzt, bis hier nach abgekartetem Spiel.
Favieros’ Hand schlüpft aus der Tasche, doch er hält kein Blatt Papier in Händen, und auch kein Taschentuch, um sich den Schweiß von der Stirn zu tupfen. Favieros hält einen kleinen Revolver der Marke Beretta in der Hand, den er auf die Komi richtet.
»Heilige Jungfrau, er wird sie umbringen!« schreit Adriani und springt auf.
Die Komi starrt wie gebannt auf den Revolver. Ich weiß nicht, ob es die Angst ist, die sie lähmt, oder die Faszination, die eine Mordwaffe auf das Opfer ausübt. Dieses Phänomen habe ich nämlich unzählige Male beobachtet. Nachdem sie sich aus der momentanen Erstarrung gelöst hat, versucht sie, steif vor Schreck, aufzustehen. Doch ihre Knie knicken ein und sie sinkt wieder in den Sessel zurück. Sie öffnet den Mund, um etwas zu sagen. Doch ihre Zunge tut es ihren Beinen gleich und verweigert den Gehorsam.
»Herr Favieros«, ist eine Stimme aus dem Off zu hören, die besänftigend klingen will, aber vor Furcht zittert. »Herr Favieros, stecken Sie die Waffe in die Tasche zurück … Ich bitte Sie … Wir sind auf Sendung, Herr Favieros.«
Favieros hört nicht auf sie. Er hält den Revolver immer noch in der Hand und blickt die Komi an.
»Schnell einen Werbespot, schnell einen Werbespot!« ruft dieselbe Stimme aus dem Off.
»Keine Werbung!« Die Stimme, die sich nun einschaltet, klingt entschlossen, duldet keinen Widerspruch. »Wir bleiben auf Sendung. Ich übernehme das Kommando!«
»Herr Valsamakis!« ruft der erste. »Wir landen noch im Gefängnis!«
»Wie oft bietet sich dir solch eine Gelegenheit, Schwachkopf! Willst du ein Leben lang bei den Nachrichten und den Quizshows bleiben, oder willst du, daß CNN vor dir in die Knie geht, um dich einzustellen? Sag, was willst du?« Schließlich ruft der selbsternannte Kommandant: »Patroklos, Nahaufnahme von Favieros! Ich will eine Nahaufnahme von Favieros!«
»Aspasia, sprich mit ihm! Du bist auf Sendung, sprich mit ihm!« ist erneut die Stimme des Regisseurs zu hören.
Die Komi versucht nicht einmal, ihre Panik
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