Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
allerdings zugeben, dass wir richtig gute Zeiten zusammen hatten. Curtis nahm mich zu Konzerten von allen möglichen Bands an alle möglichen Orte mit – Bands, von denen ich nie gehört hatte, Bands, die großartig, und andere, die schrecklich waren. Wir sahen Dr. Feelgood, Eddie & the Hot Rods, Bazooka Joe, die Stranglers, die Count Bishops, Kilburn and the High Roads, The 101s … und ein Dutzend andere. Auch wenn ich das damals nicht wusste, waren viele dieser Bands Vorläufer des Punk und in manchen spielten Leute, die später richtig groß wurden. The 101s waren zum Beispiel die Band von Joe Strummer. Ian Dury spielte bei Kilburn and the High Roads. Und Adam Ant war bei Bazooka Joe.
    Und als ich diese Art von Bands sah und die Leute, die mitkamen, um sie zu hören, begriff ich zum ersten Mal, dass in der Musikwelt irgendwas Neues aufkam … zumindest in London. Es lag eine andere Stimmung in der Luft. Die klassische Rockmusik war übers Ziel hinausgeschossen, berühmte Gruppen wie die Rolling Stones und Led Zeppelin waren zu bombastisch und abgehoben. Einfachheit war wieder gefragt. Der Rock ’n’ Roll kehrte zu seinem Ursprung zurück: kurze Songs, keine Solos, Alltagsklamotten, Alltagsmenschen.
    Das gefiel mir sehr.
    Weniger gut gefiel mir der Klamottenladen in Chelsea, von dem alle sprachen und in den Curtis mich irgendwann mitnahm. Der Laden hieß Sex und wurde später als der Geburtsort der Sex Pistols bekannt. Als Curtis mich im August 1975 zum ersten Mal dorthin mitnahm, hatte das Sex schon mehr und mehr den Ruf eines Orts, wo man unbedingt hinmusste. Der Laden gehörte Malcolm McLaren und Vivienne Westwood, die ihn auch führten, und im Lauf der Jahre arbeiteten dort Leute wie Glen Matlock und Sid Vicious, Chrissie Hynde (die später die Pretenders gründete) und eine gewisse Jordan, die die unglaublich freizügigen und provozierenden Sachen des Ladens gerne zur Schau stellte. Viele der Klamotten waren Bondage-Sachen: Latex-Zeug, Kapuzen, T-Shirts mit pornografischen Abbildungen drauf – Kleidung, die schockieren sollte. Allein darum ging es in meinen Augen an diesem Ort – schockierend, anstößig, empörend zu sein. Was Curtis natürlich faszinierend fand. Das war ein Grund, weshalb er gern hinging. Ein anderer – den er aber schlichtweg leugnete – war, dass Jordan nicht als Einzige im Laden freizügige und provozierende Sachentrug. Es gab jede Menge Mädchen, die in zerrissenen Fischnetzstrümpfen und schwarzem Lack umherstolzierten – und die meisten liebten es, sich mitten im Laden umzuziehen statt in einer Umkleidekabine: je mehr Zuschauer, desto besser.
    »Das hat überhaupt nichts mit Sex zu tun«, erinnere ich mich an einen von Curtis’ Aussprüchen, als ich mitbekam, wie er ein halb nacktes Mädchen angaffte. »Es geht darum, Tabus zu brechen, verstehst du … die traditionellen Moralvorstellungen über Bord zu werfen …«
    »Ja, klar«, antwortete ich. »Natürlich.«
    Doch auch wenn die Mädchen und das ganze erotische Klima des Ladens für Curtis eindeutig einen Teil der Attraktion ausmachten, der Hauptgrund, weshalb er sich dort gerne aufhielt, war, dass es im Sex einfach abging. Nicht dass Curtis – oder sonst jemand – damals so richtig wusste, was dieses Es war, doch sein Instinkt sagte ihm, egal was es sein mochte, es war neu und aufregend, es war anders, es würde groß rauskommen, und Curtis war entschlossen, ein Teil davon zu sein. Deshalb verbrachte er so viel Zeit im Sex und lernte nach und nach alle kennen, die zum harten Kern gehörten – die Sex Pistols, Johnny Rotten, Sid Vicious, Malcolm McLaren, Siouxsie Sioux, Steven Severin … all die Namen und Gesichter, die einmal als die Pioniere der aufkommenden Punkszene bekannt werden sollten.
    Ich war nicht jedes Mal dabei, wenn er nach Chelsea fuhr – manchmal ging er auch mit Kenny und Stan und manchmal allein –, und selbst wenn ich mitkam, hatte ich nicht viel mit den andern zu tun. Ich redete nur mit den Leuten, wenn sie mich ansprachen, hielt mich ansonsten im Hintergrund und blieb für mich. Das lag zum Teil sicherdaran, dass ich noch immer ziemlich schüchtern und ein bisschen von dem Ganzen überfordert war. Aber viel wichtiger war, dass ich die meisten Leute dort nicht sonderlich mochte. Sie waren interessant, sie waren anders und ohne Zweifel wirkten einige von ihnen faszinierend … aber ich persönlich fand die meisten nicht besonders sympathisch. Wobei sympathisch für Curtis überhaupt kein Kriterium

Weitere Kostenlose Bücher