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Live Fast, Play Dirty, Get Naked

Titel: Live Fast, Play Dirty, Get Naked Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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war. Für ihn zählten nur die Energie, die Gefahr, die neuen Ideen, neuen Sounds, neuen Klamotten – die selbst gefärbten Punkhaare, die Do-it-yourself-Mode, das übertriebene Makeup … das ganze schockierende Gehabe.
    Natürlich ist es heute völlig akzeptiert, wild abstehende Haare zu haben und sie so schrill zu färben, wie es dir gefällt, und inzwischen tragen auch Eltern in den mittleren Jahren maschinell eingerissene Jeans von Asda, deshalb ist es schwer zu verstehen, dass diese Dinge einmal als empörend empfunden wurden.
    Aber so war es.
    Und Curtis interessierte sich mit aller Leidenschaft für sie.
    Am 9. November des Jahres gingen wir ins St. Martin’s College, wo die Sex Pistols ihren allerersten Auftritt hatten. Curtis wirkte inzwischen total szenig. Seine Haare waren kurz abgeschnitten und leuchtend grün gefärbt, er trug immer Eyeliner und Lippenstift und hatte sich angewöhnt, mehr oder weniger ständig dieselben Klamotten zu tragen: schmutzige alte Jeans mit geraden Beinen, die am Knie eingerissen waren; ein abgewetztes T-Shirt mit abgerissenen Ärmeln, schwarze Motorradstiefel und eine uralte schwarze Lederjacke, auf deren Rücken er in blutroter Farbe NAKED geschmiert hatte.
    Auch für Drogen interessierte er sich mehr und mehr.
    Das war nichts völlig Neues für Curtis. Seit wir uns kannten, hatte er immer mal etwas Dope geraucht, und auch wenn es mir nicht besonders gefiel, gewöhnte ich mich bald daran. Ich selbst konnte mich zwar nie so richtig fürs Kiffen begeistern – was nicht heißen soll, ich hätte nie etwas angerührt –, aber in Curtis’ Welt, die meine Welt geworden war, war es einfach etwas, das jeder tat. Es war keine große Sache. Wenn du ein bisschen Gras hattest, rauchtest du es. Wenn du ein bisschen Koks hattest, schnieftest du es. Wenn du aus deinem Kopf rauskonntest, machtest du es. So einfach war das.
    Doch in jener Nacht im November, der Nacht des Sex-Pistols-Auftritts, wusste ich sofort, dass Curtis mehr als bloß einen Joint oder eine Linie Koks genommen hatte, als ich ihn in dem besetzten Haus in Seven Sisters traf, wo wir manchmal probten. Er war komplett zugedröhnt, hatte riesige Augen und war so nervös und verschwitzt und durchgeknallt … es machte mir richtig Angst.
    »Verdammte Scheiße, was hast du genommen, Curtis?«, fragte ich.
    »Was ist?«
    »Was du genommen hast?«
    »Nichts … hab was geraucht, mehr nicht. Ist echt gutes Zeug … willst du auch was, bevor wir gehen?«
    »Nein, danke.«
    »Komm schon, Lil«, sagte er und schlang mir den Arm um die Schulter. »Bloß einen schnellen Zug, das bringt dich in Stimmung.«
    »Ich muss nicht in Stimmung kommen«, sagte ich kühl und schüttelte seinen Arm weg. »Und nenn mich nicht Lil . Du weißt, dass ich das hasse.«
    »Ja, okay«, sagte er defensiv und trat zurück. »Kein Grund, sauer zu werden –«
    »Ich bin nicht sauer . Ich –«
    »Hey, du siehst verdammt super aus«, sagte er und grinste wieder total durchgeknallt. »Ich meine … Scheiße, verdammt, schau dich doch mal an …« Er starrte auf mich und fuhr sich mit den Fingern durch die Haare. »Du weißt schon, was du bist, oder?«
    »Was denn?«, seufzte ich.
    Er lächelte. »Das schönste Mädchen der Welt.«
    »Na klar.«
    »Und du gehörst mir.«
    Ich sah ihn an und schüttelte den Kopf, doch ich konnte es nicht verhindern zu lächeln. »Mach schon«, sagte ich. »Lass uns endlich gehen.«
    Trotz allem war der Pistols-Auftritt der Wahnsinn. Trotz des Zustands, in dem sich Curtis befand, trotz der Tatsache, dass es ein mickriger, beengter Veranstaltungsort ohne Bühne und mit schrecklicher Akustik war, trotz der gelegentlichen Ausbrüche von Gewalt und Hass und der nicht zu leugnenden Tatsache, dass die Pistols musikalisch nicht wirklich gut waren … trotz alledem war es eine Nacht, die ich nie vergessen werde.
    Der Top Act waren Bazooka Joe, aber ich weiß nicht mal mehr, wie sie spielten. Ich erinnere mich nur noch daran, dass ich mit Curtis, Kenny und Stan dastand und zuschaute, wie sich Johnny Rotten und die übrigen Pistols für ihren Auftritt bereit machten. Die vier wirkten wie eine Gang geistig zurückgebliebener Straßenkinder. Johnny trug eine ausgebeulte Nadelstreifenhose und sein berüchtigtes I hate Pink Floyd -T-Shirt; Glen Matlock hatte eine rosa Bluse und einemit Farbe bespritzte Jeans an und Paul Cook und Steve Jones … na ja, die sahen so aus, wie sie immer aussahen: wie zwei selig zugedröhnte Verbrecher. Ich gebe

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