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Liz Balfour

Liz Balfour

Titel: Liz Balfour Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ich schreib dir sieben Jahre
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so hell und makellos, als sei sie eine Puppe. Ihre Fingernägel glänzten blutrot.
Außerdem trug sie Kleidung, die ich noch nie im Leben an einem echten Menschen gesehen hatte, wohl aber an einer Schaufensterpuppe in einem der Läden in Cork. Und sie sprach nicht wie wir, obwohl sie die Schwester meines Vaters war. Sie sprach wie Leute, die man manchmal im Fernsehen sah oder im Radio hörte, Leute, die überheblich und unfreundlich wirkten und so ganz anders waren als wir. Wenn Siobhan also keine Fee in Menschengestalt war, was war sie dann?
    Siobhan sollte von nun an öfter kommen. Sie brachte kleine Geschenke für mich mit, die ich hütete wie einen Goldschatz. Ich konnte spüren, dass es meinem Vater nicht gefiel, wenn seine Schwester kam, aber er hielt sich zurück, weil er wusste, wie sehr ich mich auf sie freute. Aber bald schon sollte mein Enthusiasmus eine harte Prüfung erfahren … Offiziell hatten meine Schulfreundinnen und ich mit zehn Jahren aufgehört, an Feen zu glauben, weil wir fanden, dass wir dafür zu alt waren. Insgeheim lebte dieser Glaube natürlich weiter, jedenfalls in mir. Zwei Jahre später war ich mir nämlich so sicher, wie man sich mit zwölf nur sein konnte, dass Siobhan eine böse Fee war – sie war zu uns gekommen, um mich, das wissbegierige und überaus begabte Menschenkind, zu rauben und in die Feenwelt zu entführen: Siobhan wollte mich kurzerhand mit zu ihrer Familie nach London nehmen. Weg aus Irland, hin in eine fremde, unvorstellbar riesige Stadt, in der es, wie es hieß, keinen Himmel und kein Grün gab, und zu Menschen, die wie Siobhan waren und wie Siobhan sprachen. Die uns Iren hassten und verachteten, wie wir sie hassten und verachteten. Die Achtzigerjahre waren geprägt gewesen von
Fernsehbildern, die die Folgen der Bombenanschläge der IRA in London und anderswo zeigten. Es war das Jahr 1991, und ich glaubte wirklich, in ein Kriegsgebiet reisen zu müssen.
    Und meine Eltern ließen es zu.
     
    Deirdre und Colin hatten es nicht nur zugelassen, sie hatten meine Tante Siobhan sogar darum gebeten, dass sie mich mitnahm. Ich war zu der Zeit Klassenbeste. Nicht, weil ich mich so sehr anstrengte, sondern weil mir alles zuzufliegen schien. Die Lehrerinnen hatten bald angefangen, mir schwerere Aufgaben zu geben als den anderen, und ich löste sie ohne Mühe. Man wollte mich eine Klasse überspringen lassen, aber ich weigerte mich, weil ich mit meinen Freundinnen zusammenbleiben wollte. Danach wurde das Thema nie wieder mit mir diskutiert. Wie ich später erfuhr, war Deirdre alle Möglichkeiten mit meiner Schulleiterin Mrs. O’Donnell durchgegangen. Sie fühlte sich mit mir überfordert und hatte Angst, ich würde nicht genug aus meinen Talenten machen. Sie wollte mir die Möglichkeit geben, Instrumente zu spielen, Sprachen zu lernen, Ballett zu tanzen. Sie wollte, dass ich den besten Unterricht bekam, um an den besten Universitäten studieren zu können. Wenn ich es nicht schaffen würde, wäre es ihr auch recht, aber sie wollte sich nicht vorwerfen müssen, mir keine Chance gegeben zu haben. Mrs. O’Donnell schlug deshalb vor, wir sollten uns um ein Stipendium für eine Privatschule bewerben. In meinem Fall sollte es kein Problem sein, Privatschulen waren immer auf der Suche nach hochbegabtem Nachwuchs, denn reiche Kinder allein waren keine Garantie für herausragende
Leistungen, mit denen sich dann die Schule brüsten könnte. Nur weil Papa Millionär war, hieß es noch lange nicht, dass der Sohn bei Fremdsprachenwettbewerben auf nationaler Ebene Preise erhielt oder dass die Tochter als musikalisches Wunderkind im Fernsehen auftreten durfte. Mrs. O’Donnell sollte recht behalten: Wenige Wochen später erhielten meine Eltern die freudige Botschaft, dass mich ein sehr exklusives Mädcheninternat im englischen Berkshire gerne zu seinen Schülerinnen zählen würde. Ich musste einzig weiterhin exzellente Leistungen bringen, mehr verlangte man nicht von mir. Im Gegenzug wurde meinen Eltern das Schulgeld erlassen. Deirdre brachte alles unter Dach und Fach, überredete Siobhan und ihren Mann Matthew, als eine Art Gastfamilie für mich da zu sein, damit ich an den Wochenenden nicht alleine war. Die Lewises willigten ein, hatten sie doch selbst zwei Kinder, die auf private Schulen gingen. Siobhan arbeitete in einer gehobenen Position bei der BBC, Matthew war im Vorstand einer Unternehmensberatung. Über etwaige Auslagen, die ich in England haben würde, musste erst gar nicht

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