Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
alle möglichen wilden Tiere. Vielleicht sogar den Puma. Wenn man es bis zum Gipfel schafft, kann man bis nach Montana sehen.« Als es zum Mittagessen klingelte, sah sie sich um. »Essenszeit. Wir werden zelten gehen. Ich frage meinen Dad, das wird toll.«
Er ging zelten und lernte, einen Hering einzuschlagen. Er lernte das aufregende Gefühl kennen, am Lagerfeuer zu sitzen und dem lang gezogenen Heulen eines Wolfs zu lauschen.
Er wurde stärker, seine Hände wurden kräftiger. Er lernte einen Elch von einem Maultierhirsch zu unterscheiden und mit Sattel und Zaumzeug umzugehen.
Er lernte zu galoppieren - etwas Aufregenderes hatte er noch nie erlebt.
Er durfte in Lils Baseballmannschaft mitspielen und schaffte sogar einen Homerun.
Noch Jahre später würde er sich daran zurückerinnern und begreifen, dass sein Leben in jenem Sommer eine neue Wendung genommen hatte. Nichts würde mehr so sein wie vorher. Aber mit elf wusste Cooper nur, dass er glücklich war.
Sein Großvater brachte ihm das Schnitzen bei und schenkte ihm zu seiner großen Freude ein Taschenmesser. Er zeigte ihm auch, wie man mit Pferden kommuniziert.
»Was du sagst, ist nicht so wichtig, denn sie lesen aus deinen Blicken.«
Auch als er mit Coop sprach, sah Sam dem Fohlen nach wie vor in die Augen und achtete auf eine sanfte, beruhigende Stimme. »Es braucht einen Namen.« Sam strich über seinen Hals. »Gib ihm einen.«
»Kann es Jones heißen, so wie Indiana Jones?«
»Frag es.«
»Ich glaube, du heißt Jones. Jones ist klug und mutig.« Sams Hand auf dem Zaumzeug half etwas nach, sodass das Hengstfohlen entschieden nickte. »Es hat ja gesagt. Hast du das gesehen? Und jetzt nimm ihn an die Longe.«
Sam trat einen Schritt zurück und ließ den Jungen und das Fohlen erste Erfahrungen machen. Er lehnte sich gegen den Zaun, bereit einzugreifen, wenn es nötig wurde.
Da trat Lucy hinter ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Was für ein Anblick!«
»Er hat Talent«, gab Sam zu. »Und ist mit Herz und Verstand bei der Sache. Der Junge ist ein Naturtalent, was Pferde angeht.«
»Ich will ihn gar nicht mehr ziehen lassen. Ich weiß, ich weiß …«, sagte sie, noch bevor Sam etwas erwidern konnte. »Er gehört schließlich nicht uns. Aber ein bisschen wird es mir das Herz brechen. Denn eines weiß ich: Sie lieben ihn nicht so sehr wie wir.«
»Vielleicht will er nächsten Sommer wiederkommen.«
»Vielleicht. Aber bis dahin wird es mir hier ganz schön ruhig vorkommen.«
Zusammen mit Lil streckte sich Coop auf dem großen flachen Felsen am Fluss aus.
Sie drehte sich auf die Seite, stützte den Kopf in die Hand und musterte ihn mit ihren großen braunen Augen. »Ich wünschte, du müsstest nicht zurück. Das war der schönste Sommer meines Lebens.«
»Meiner auch.« Es fühlte sich komisch an, das zugeben zu müssen, aber es stimmte. In diesem Sommer war sein bester Freund ein Mädchen gewesen.
»Vielleicht kannst du bleiben, und deine Eltern lassen dich hier, wenn du fragst.«
»Vergiss es.« Er legte sich auf den Rücken und beobachtete einen kreisenden Habicht. »Sie haben gestern Abend angerufen und gesagt, dass sie nächste Woche wieder zu Hause sind. Dass sie mich vom Flughafen abholen und … na ja, vergiss es.«
»Würdest du das denn überhaupt wollen?«
»Das weiß ich nicht.«
»Du willst zurück?«
»Keine Ahnung.« Es war furchtbar, das nicht zu wissen. »Ich wünschte, ich könnte dort auf Besuch sein und hier leben. Ich wünschte, ich könnte Jones trainieren, auf Dottie reiten, Baseball spielen und noch mehr Fische fangen. Aber ich will auch mein Zimmer wiederhaben, Videogames spielen und mir ein Yankee-Spiel ansehen.« Er drehte sich wieder zu ihr. »Vielleicht kannst du mich besuchen. Wir könnten ins Stadion gehen.«
»Ich glaube nicht, dass meine Eltern das erlauben.« Sie sah traurig aus, und ihre Unterlippe zitterte. »Wahrscheinlich kommst du nie wieder.«
»Doch, bestimmt.«
»Schwörst du’s?«
»Ich schwöre es.« Er hob die Hand zu einem feierlichen Schwur.
»Wenn ich dir schreibe, schreibst du dann zurück?«
»Versprochen.«
»Jedes Mal?«
Er lächelte. »Jedes Mal.«
»Dann wirst du zurückkommen. Genau wie der Puma. Wir haben ihn an unserem ersten Tag gesehen, er ist also so etwas wie unser Schutzgeist. Er ist - mir fällt das Wort nicht mehr ein - so etwas wie ein Glücksbringer.«
Er erinnerte sich, wie sie den ganzen Sommer vom Puma gesprochen, ihm Fotos in Büchern
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