Lockruf der Gefahr - Lockruf der Gefahr - Black Hills
dachte sie. Aber vorher musste sie noch jede Menge lernen und das zurücklassen, was ihr am meisten am Herzen lag.
Hoffentlich kam Coop, wenigstens für ein paar Wochen, bevor sie aufs College musste. Er war immer wieder zurückgekommen, wie ihr Puma. Nicht jeden Sommer, aber doch häufig. Zwei Wochen im Jahr nach seinem ersten Besuch, dann den ganzen wunderbaren Sommer im Jahr darauf, als seine Eltern sich scheiden ließen.
Ein paar Wochen hier, einen Monat dort - und jedes Mal hatten sie dort anknüpfen können, wo sie aufgehört hatten. Auch wenn er viel über die Mädchen daheim redete. Aber jetzt hatten sie sich schon zwei Jahre nicht mehr gesehen.
Er musste diesen Sommer einfach kommen!
Dann ging alles ganz schnell.
Lil spürte, wie die Stute zitterte und zu scheuen begann. Als sie die Zügel fester nahm, sprang die Wildkatze aus dem hohen Gras. Sie war nur ein verschwommener Strich, nichts als Geschwindigkeit und Muskeln, ein stiller Tod, der das Kalb mit dem Blumenkranz riss. Die kleine
Herde stob auseinander, die Mutter drohte dem Puma mit den Hörnern. Lil hatte Schwierigkeiten, die Stute zu kontrollieren, während der Bulle auf die Katze losging.
Sie schrie herausfordernd und erhob sich auf die Hinterbeine, um ihre Beute zu verteidigen. Lil presste die Oberschenkel zusammen, hielt mit einer Hand die Zügel kurz und holte mit der anderen erneut die Kamera zum Vorschein.
Krallen schlugen zu. Über die Wiese hinweg roch Lil Blut. Die Stute roch es ebenfalls und drehte sich panisch im Kreis.
»Halt, ganz ruhig! Der Puma interessiert sich nicht für uns. Er hat, was er will.«
Tiefe Wunden klafften in der Flanke des Bullen. Hufe donnerten, und klagende Schreie ertönten. Dann verhallten die Geräusche, und im hohen Gras blieben nur noch die Katze und ihre Beute zurück.
Der Laut, den sie von sich gab, klang wie ein Schnurren, ein lautes triumphierendes Grollen. Über die Wiese hinweg konnte Lil die funkelnden Augen der Katze sehen. Sie hielt ihrem Blick stand. Ihre Hand zitterte, aber sie konnte es nicht riskieren, die Zügel loszulassen, um die Kamera mit beiden Händen ruhig zu halten. Sie machte zwei verwackelte Aufnahmen von der Katze, dem zertrampelten, blutigen Gras und der Beute.
Mit einem warnenden Zischen schleppte die Katze den Kadaver ins Unterholz, tiefer in den Schatten der Kiefern und Birken.
»Sie hat Junge, die sie ernähren muss«, murmelte Lil, und ihre Stimme hörte sich in der Morgenluft merkwürdig dünn und heiser an. »Verdammter Mist.« Mit zitternden Fingern holte sie ihr Diktiergerät hervor. »Beruhige
dich. Beruhige dich einfach. Einfach alles dokumentieren. Gut. Ein Pumaweibchen gesichtet, von Schnauze bis Schwanzspitze misst es etwa zwei Meter. Meine Güte, es wiegt bestimmt vierzig Kilo. Typisch lohfarben. Es hat sich aus dem Hinterhalt angeschlichen und zugeschlagen. Es hat ein Bisonkalb aus einer Herde von sieben Tieren gerissen, die im hohen Gras gegrast haben. Es hat seine Beute vor dem Bullen verteidigt und sie in den Wald geschleppt - wahrscheinlich wegen meiner Anwesenheit. Wenn das Weibchen Junge hat, sind sie wahrscheinlich noch zu jung, um mit ihrer Mutter auf Beutejagd zu gehen. Der Vorfall ereignete sich … um 7:25 Uhr, am 12. Juni. Wow.«
Sosehr es sie auch reizte - sie wusste, dass sie der Katzenfährte nicht folgen durfte. Wenn sie Junge hatte, würde sie hinterher noch Ross und Reiter angreifen, um sie und ihr Revier zu verteidigen.
»Das lässt sich nicht mehr toppen«, sagte sie bestimmt. »Ich glaube, es wird Zeit umzukehren.«
Sie nahm die direkteste Route und konnte es kaum erwarten, nach Hause zu kommen und sich Notizen zu machen. Es wurde Nachmittag, bis sie ihren Vater und seinen Hilfsarbeiter Jay wiedersah, die einen Weidezaun ausbesserten.
Rinder stoben auseinander, als sie durch die Herde ritt und das Pferd bei dem verbeulten alten Jeep zum Stehen brachte.
»Da ist ja mein Mädchen.« Joe kam zu ihr und tätschelte erst ihr Bein und dann den Hals der Stute. »Wieder zurück aus der Wildnis?«
»Sicher und wohlbehalten, wie versprochen. Hallo, Jay.«
Jay, ein mehr als wortkarger Geselle, fasste sich anstelle einer Begrüßung an die Hutkrempe.
»Brauchst du Hilfe?«, fragte Lil ihren Vater.
»Nein, wir kommen schon klar. Ein Elch ist hier durchgebrochen.«
»Ich habe selbst einige Herden gesehen und auch ein paar Bisons. Ich habe beobachtet, wie ein Puma auf einer der Wiesen ein Kalb gerissen hat.«
»Ein Puma?«
Sie warf einen
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