Löffelchenliebe (German Edition)
sein Bier. Rosalie und ich grinsen.
»Ich stell den Teller einfach mal vor dich hin, Anna. Vielleicht bekommst du ja doch Appetit. Noch einen Prosecco ?« Peter gibt Hans ein Zeichen, dass hinter uns jemand zahlen möchte.
»Ich glaube, ich steige auf Wasser um.« Dann wende ich mich wieder an Rosalie. »Sag mal, meinst du, es könnte ein Problem werden, dass David erst fünfundzwanzig ist ? Ich meine, falls wir uns wiedersehen und wenn wir, also, du weißt schon …«
»Quatsch, wieso denn ? Der Trend geht zum jüngeren Mann. Hab ich neulich noch gelesen. Hihi, du hättest einen Toyboy.«
»Na ja, aber was, wenn er«, ich senke meine Stimme zu einem Flüstern, »was, wenn er noch keine Kinder will ? Das ist doch eigentlich sogar recht wahrscheinlich. Ich meine, ich selbst hätte vor zehn Jahren nicht im Traum an Kinder gedacht.« Wäre damals wahrscheinlich auch eine ziemlich schlechte Mutter gewesen, die ihr Kind die meiste Zeit bei der Oma geparkt hätte, um weiter die Nächte durchzufeiern, am nächsten Tag genussvoll in den Seilen zu hängen, für niemanden verantwortlich außer für mich selbst. Komisch, wie sich der Blickwinkel verschiebt: Heute empfinde ich Kinder nicht mehr als Einschränkung – ich gehe eh kaum noch tanzen und kann auch gar nicht mehr bis in die Puppen schlafen. Und meine Karriere ist mir auch nicht mehr so wichtig wie noch vor ein paar Jahren. Heute gibt mir der Gedanke an Kinder ein warmes, wohliges Gefühl. Wenn ich mir vorstelle, gemeinsam mit einem Mann, den ich liebe, ein Kind zu haben, das Gefühl, wenn wir uns zu dritt umarmen und die Köpfe zusammenstecken und unsere Gerüche sich vermischen …
»Mach dir doch nicht so viele Gedanken. Erst mal lernt ihr euch ganz entspannt kennen, und dann kann man weitersehen.«
»Du meinst also nicht, ich sollte die Sache mit den Kindern als Allererstes abklären ?«, frage ich zaghaft.
Rosalie schüttelt entschieden den Kopf.
»Aber Ina hat gesagt …«
»Ina ! Die hat eh eine komische Meinung zu dem Thema.«
Rosalie hat recht: Ich sollte einfach alles auf mich zukommen lassen. Ich stecke mir ein Stück Ziegenkäse mit Honig in den Mund. Den Rückwärtsgang kann ich zur Not immer noch einlegen.
Da-ha-ha-vid, mein Lieblingsstudent, ich will dich ! Ob er mich auch will ? Darüber denke ich seit Tagen nach, um genau zu sein, seit exakt zwei Tagen, zwei Stunden und siebzehn Minuten, als wir uns auf der Messe voneinander verabschiedet haben und ich von ihm weggegangen bin und mich nicht getraut habe, mich noch einmal umzudrehen. Dabei hätte ich zu gern gewusst, ob er mir nachschaut. Eigentlich müsste man immer so ein kleines Um-die-Ecke-guck-Rohr dabeihaben, das man im Fall der Fälle unauffällig aus der Handtasche ziehen kann. Dann wüsste man sofort, woran man bei jemandem ist, würde sich falsche Hoffnungen sparen und müsste nur noch aufpassen, dass man nirgendwo dagegen läuft. Ich könnte vorgeben, Querflöte zu spielen – guckt ja keiner so genau, ob das Rohr jetzt am Auge oder am Mund andockt. Ich könnte es mit kleinen Querflötenklappen bemalen ! Wie romantisch wäre das denn, wenn ich einem Mann Lebwohl sagen und vor lauter Ergriffenheit im Davonschreiten einen Chopin in meine Querflöte hauchen würde. Man müsste zusätzlich noch ein kleines Abspielgerät bei sich tragen, das mein Periskopgeblase mit entsprechender Flötenmusik untermalt.
Okay, jetzt wird’s unrealistisch. Außerdem muss ich mich konzentrieren. Habe noch einen langen Artikel über Maribor in Slowenien vor mir. War da vor zwei Wochen mit zwölf anderen deutschen Journalisten zu einem zweitägigen Rund-um-die-Uhr-Programm. Es ging vor allem um Wein: Weinfrühstück im Hotel, danach angeschickert über die Weinberge stolpern, Besuch eines labyrinthartigen Weinkellers, wo ich auf dem Weg zur Toilette im Kühlhaus gelandet bin, volltrunkene Weinprobe mit einer mir unbekannten Promi-Geigerin, Dinner beim Winzer in Anwesenheit von drei mir ebenfalls unbekannten slowenischen F-Promis, zum Nachtisch Traubenkompott mit Schuss. Danach konnte ich vier Tage lang keinen Wein mehr sehen und auch keine Trauben und Rosinen. Jetzt muss ich das Ganze bis morgen Abend in eine hübsche Magazingeschichte verpacken. Bin mal wieder ziemlich spät dran und hatte gehofft, nach der Messe konzentriert daran arbeiten zu können. Wer kann denn ahnen, dass mein Gehirn plötzlich außer Rand und Band gerät und ich, statt zu schreiben, immerfort an diesen Mann denken muss ? Wenn er
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