Löffelchenliebe (German Edition)
weiteren vom Nebentisch heran. Ich kann erst einmal nur dastehen und die beiden anstarren.
»Alles okay ?«, fragt David an Siri gewandt und deutet auf ihren Bauch.
»Ich glaube schon«, sagt sie, dann schüttelt sie den Kopf. »Ich hätte ihm ja vieles zugetraut, aber das nicht. Es tut mir echt leid, David.« Sie mustert sein Gesicht. »Tut es sehr weh ?«
»Nicht der Rede wert.« Dann sieht er zu mir auf. »Anna, setz dich doch.«
Ich sinke auf den Stuhl. Siris Bauch liegt vor mir wie ein Mahnmal, ihr Top ist hochgerutscht, die Leopardenzeichnung bedeckt gerade noch ihre prallen Brüste. Ich kann meinen Blick nicht von ihr nehmen. Ich möchte nicht, dass David mit dieser Frau knutscht. Ich möchte nicht, dass sie ein Kind von ihm erwartet oder von wem auch immer, um das David sich fürsorglich kümmert. Denn dass er ein fürsorglicher Vater oder Vaterersatz ist, das war mir immer klar. Nur sollte es unser Kind sein, mit dem zusammen er die Welt neu entdeckt, nicht eines, das im Bauch dieses Mädchens wächst. Ich muss schlucken. Sie sieht tatsächlich aus wie ein Model. Oder wie das Klischee eines Models. Ihre langen blonden Haare liegen in Wellen auf ihren Brüsten und umrahmen ihr Gesicht mit den großen blauen Augen und der winzigen Stupsnase. Sie ist maximal Anfang zwanzig, und vielleicht passt sie viel besser zu David als ich.
Ich merke, dass David mich von der Seite ansieht, und fühle mich ertappt.
»Wir müssen dir was erklären«, sagt er, und in seinen Augen liegt ein Ausdruck, den ich noch nie an ihm gesehen habe.
Oh nein, denke ich, ich möchte keine Wir-Erklärungen hören. Wir überlegen schon lange, Anna, wie wir es dir am besten beibringen. Wir haben uns getroffen, als du im Sommer in Island warst – das käme in Sachen Babybauch ungefähr hin –, und plötzlich lagen wir im Zelt, und im Taumel der Leidenschaft ist es einfach passiert. Ich blicke auf Siris High Heels – nein, diese Frau schläft in keinem Zelt. Was das angeht, sind wir Schwestern im Geiste. Aber nur, was das angeht ! Ansonsten bin ich mit dir alles andere als verschwestert. Du Aas, du hast mir meinen Mann weggenommen.
Ich merke, dass ich da einiges durcheinanderbringe, kann aber nicht genau sagen, was.
Eines muss ich als Allererstes klären: »Bist du die Siri, die neulich bei Hector war ?«
»Ja.«
Aha.
»Du, Anna, es ist anders, als du denkst«, mischt David sich ein.
Gott, wie sehr ich diesen Satz hasse.
»Siri und ich, wir haben uns vor Hectors Haustür kennengelernt.«
Bitte ! Ich möchte das wirklich nicht hören.
»Als du bei Hector warst. Siri hat ein paar Klamotten abgeholt. Ich war auch da, weil ich …«, er wippt mit dem Fuß, »weil ich dir gefolgt bin, um zu sehen, wohin du gehst. Mit wem du dich triffst.«
Ach, und dann bist du Siri begegnet und hast mich sofort vergessen ? Und außerdem ist dir plötzlich wieder eingefallen, dass du sie ja bereits vor mehreren Monaten geschwängert hast ?
»Ich war gerade dabei, Hectors Bonzenkarre mit meinem Schlüssel zu verschönern, als Siri aus dem Haus gestürmt kam. Ich weiß, total kindische Aktion. Aber ich war so wütend. Als Siri gesehen hat, wie ich da am Lack rumkratze, hat sie applaudiert. Ich war völlig perplex, weil ich erst dachte, sie ruft die Polizei und zeigt mich an oder so. Sie hat gesagt, das wäre der beste Moment ihres Tages. Ja, und so sind wir ins Gespräch gekommen.«
Erstunken und erlogen !
»Aber Hector hat gesagt, du wärst noch nicht bereit für Kinder«, wende ich mich an Siri. »Er hat gesagt, ihr hättet euch getrennt, weil ihr unterschiedliche Lebensentwürfe hattet.« Ich schlucke und weiche Davids Blick aus.
Siri gibt ein schallendes Lachen von sich. »Ach ja, hat er das ?«
»Hm. Warum hätte er mich anlügen sollen ?«
»Hat er nicht, keine Sorge. Er hat nur ein, zwei nicht ganz unwichtige Informationen unterschlagen. Wir hatten tatsächlich unterschiedliche Lebensentwürfe. Ich wollte noch keine Kinder. Hector dafür umso dringender. Das dürfte dir vielleicht schon aufgefallen sein. Ich wette, er hat als Erstes abgeklärt, ob du genauso überreif bist wie er.«
Überreif ? Ich glaub, ich spinne. Ich versuche Rosalies Blick zu erhaschen, aber die steht mit einem Putzeimer vor der Wand und wischt Blutspritzer von den grün-weißen Jugendstilkacheln. Weint hockt auf seinem Stammplatz. Ich höre, wie er »Taekwondo« in sein Bier murmelt, »seit fünfzehn Jahren«. Peter ruft ungläubig: »Aber du bist doch immer hier
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