London Road - Geheime Leidenschaft (Deutsche Ausgabe)
Schlampe, die sich für Geld ficken lässt.«
»Nein«, sagte er, packte mich bei den Armen und schüttelte mich sanft. »Ich war bloß wütend. Ich habe mich falsch ausgedrückt. Es war nicht so gemeint.« Er versuchte mich an sich zu ziehen, aber ich wehrte mich. »Baby, hör auf, hör doch auf, ich kann nicht …«
Ich stieß und zerrte, bis er mich schließlich losließ. Dann kratzte ich das letzte bisschen meiner ramponierten Selbstachtung zusammen und sah ihm fest ins Gesicht. »Du hast es gesagt. Und das bedeutet, dass du es im Grunde auch so gemeint hast.« Dann schickte ich noch hinterher: »Außerdem habe ich ja gesehen, wie du auf Ryan reagiert hast.«
Cam raufte sich die Haare. Das Reumütige war aus seiner Miene verschwunden und hatte nervöser Ungeduld Platz gemacht. »Weil er genau die Art blöder Wichser ist, auf die du stehst.«
Es war nicht zu fassen. »Glaubst du allen Ernstes, dass ich, nach allem, was zwischen uns war, noch auf jemanden wie ihn stehe?«
»Glaubst du allen Ernstes, dass ich dich, nach allem, was zwischen uns war, mit Blair betrügen würde?«
»Du hast Becca mit mir betrogen.« Kaum waren mir die Worte entschlüpft, hätte ich sie am liebsten zurückgenommen. Das war ein Schlag unter die Gürtellinie.
Cam lachte bitter. »Dann hast du Malcolm auch mit mir betrogen.«
»Glaubst du das allen Ernstes?«, wiederholte ich seine Worte. Ich brach jeden Moment in Tränen aus. Es ärgerte mich maßlos, dass ich mich wegen ihm in ein jämmerliches, schniefendes Häufchen Elend verwandelt hatte. »Dass ich Malcolm bei der Stange halte, für den Fall, dass das mit uns in die Brüche geht?«
Er zuckte die Achseln. Seine Miene war wie versteinert. »Und glaubst du allen Ernstes, dass ich die ganze Zeit heimlich darauf warte, dass mir was Besseres über den Weg läuft? Dass ich dich nur benutze?«
Ich wischte mir mit dem Handrücken die Nase und wandte den Blick ab. Ich brachte es nicht fertig, ihm in die Augen zu sehen. »Ich glaube, dass du nie aufgehört hast, in mir so eine Frau zu sehen. Die Frau, für die du anfangs keinen Respekt hattest.«
»Dann bist du vielleicht wirklich nicht besonders klug.« Sein Ton war scharf und vernichtend und einfach schrecklich.
Ich konnte mich nicht daran erinnern, durch Worte schon einmal so tief verletzt worden zu sein, und es war mir schier unerträglich zu wissen, dass Cam so große Macht über mich hatte.
Als ich mich schließlich doch dazu durchrang, ihn anzusehen, seufzte er, rieb sich mit der Hand übers Gesicht und wandte sich ab. Dann sagte er mit müder Stimme: »Vielleicht gehst du jetzt besser, bevor wir uns noch mehr gemeine Sachen an den Kopf werfen, die wir nicht so meinen.«
Ich antwortete nicht.
Ich ging einfach.
Kapitel 27
A n diesem Abend hatte ich Mühe, in den Schlaf zu finden. Erst in den frühen Morgenstunden döste ich endlich ein. Um halb elf wurde ich vom lauten Bing! einer eingegangenen SMS geweckt.
Sie war von Onkel Mick, der mich daran erinnern wollte, dass ich mich bereit erklärt hatte, ihn bei einer Wohnungsbesichtigung zu begleiten. Ich hatte nichts dagegen. Wahrscheinlich war es ohnehin das Beste, wenn ich so wenig wie möglich über den Streit mit Cameron nachdachte.
Während der Nacht hatte ich gegrübelt und gegrübelt und war zu keinem Schluss gekommen. Ein Teil von mir fand unseren Streit kindisch und die Tatsache, dass ein paar belanglose Missverständnisse mir so stark zusetzten, lachhaft. Ich fragte mich auch, ob ich an besagten Missverständnissen womöglich selbst schuld war. Dreimal war ich kurz davor, zum Telefon zu greifen und Cam anzurufen, um mit ihm alles durchzusprechen und die verfahrene Situation irgendwie zu bereinigen. Die ganze Sache ähnelte fatal dem Quatsch, den ich gelegentlich im Fernsehen sah oder in Romanen las. Obwohl ich mich jedes Mal am Drama weidete, verdrehte ich innerlich die Augen und dachte bei mir, dass so etwas im wahren Leben niemals vorkam. Kein Mensch konnte sich so dämlich verhalten.
Tja, wir offenbar schon.
Zumindest ich.
Letzten Endes rief ich ihn nicht an. Ich kam zu dem Schluss, dass meine Wunden noch zu frisch waren. Seit meinem sechzehnten Lebensjahr war ich nie ohne Freund gewesen, und in den Phasen, in denen ich mal keinen Freund gehabt hatte, war ich auf der Suche nach einem Freund gewesen. Mum und Dad hatten mir mein ganzes Leben lang eingetrichtert, dass ich ein Nichts war, und statt meine Anstrengungen darauf zu richten, mich gegen diese Lügen
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