London Road - Geheime Leidenschaft (Deutsche Ausgabe)
und blieb wie angewurzelt stehen. Er starrte mit zusammengekniffenen Augen auf mein Handy. Schließlich schob er mich aus dem Weg und nahm es vom Couchtisch. Nachdem er einen Blick aufs Display geworfen hatte, fuhr er wutentbrannt zu mir herum.
Mein Herz begann wie verrückt zu hämmern.
Cam hielt mir das Handy vor die Nase. MALCOLM stand auf dem Display. »Wieso ruft er dich an? Wieso? Bist du etwa beim ersten Anzeichen von Schwierigkeiten zu ihm gelaufen?«
Die Anschuldigung traf mich hart. »Nein. Wir telefonieren nur manchmal.«
Falsche Antwort.
»Du bist mit ihm in Kontakt geblieben und hast mir nichts davon gesagt?«
Auweia. Ich zog den Kopf ein.
Cam schnaubte ungläubig. »Ich stehe hier und muss mich von dir wegen Blair grillen lassen, dabei hast du mir die ganze Zeit verschwiegen, dass du noch mit Malcolm Kontakt hast? Warum? Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
Ich hob hilflos die Hände. Wie war es dazu gekommen, dass ich plötzlich diejenige war, die auf dem heißen Stuhl saß? »Weil es vollkommen belanglos ist. Er ist bloß ein Freund.«
Cams Miene wurde eisig. Eifersucht, Wut und Abscheu spiegelten sich darin.
Seine nächsten Worte brachen mir das Herz.
»Nein. Blair ist bloß eine Freundin. Malcolm ist ein reicher Sack, der immer noch geil auf dich ist und sich von dir hinhalten lässt. Du hast ein Problem damit, dass ich mich mit Blair treffe? Du denkst, ich will sie mir warm halten, falls das hier nicht funktioniert? Wer sagt mir denn, dass du nicht sofort zu Malcolm rennst und für ihn die Beine breit machst, sobald das mit uns beiden den Bach runtergeht?«
Das ist wohl die Krux dabei, wenn man jemanden richtig gut kennt. Man weiß, wo seine Knöpfe sind, und wenn es zum Streit kommt, drückt man sie. Der Knopf, den Cam soeben gedrückt hatte, setzte sofort meine Tränendrüsen in Gang. Lautlos begann ich zu weinen und machte ein paar Schritte rückwärts. Mir war übel. Dass er seinen Ausbruch bereits zu bereuen schien, interessierte mich nicht. Ich hörte nur seine gehässigen Worte und was sie bedeuteten.
Sie bedeuteten, dass er nie aufgehört hatte, mich als geistig minderbemittelte, geldgierige Schlampe zu betrachten. Er hatte nie geglaubt, dass mehr in mir steckte. Nicht wirklich . Hieß das, dass nichts von dem, was er mir gesagt hatte, ernst gemeint gewesen war?
Ein schmerzerfüllter Schluchzer drang aus meiner Kehle und zerriss die Stille.
»Ach, Scheiße. Jo«, stieß er leise hervor und streckte die Arme nach mir aus. »Ich wollte nicht …«
»Fass mich nicht an.« Ich nahm ihm das Handy aus der Hand und griff nach meiner Tasche.
»Jo, ich habe es nicht so gemeint.« Es fasste mich am Arm. »Ich war nur …«
»Lass mich los!«, schrie ich ihn an und riss mich los. Ich hatte Angst, dass ich bei der ersten Berührung einknicken würde. So wie immer. Mein Herz war schwer vor Kummer, als ich vor ihm zurückwich.
»Es war nicht so gemeint.« In seinen Augen stand blanke Panik, aber ich wollte nichts davon wissen.
»Was machen wir hier nur?« Ich schüttelte den Kopf. »Ist es das überhaupt wert? Lohnt es sich, dass ich mich in den letzten Wochen so mies gefühlt habe? Ich fühle mich, als würde mein Herz auf einem Schlachterblock liegen, und du bearbeitest es mit dem Fleischklopfer. Ich dachte, es liegt an mir. Ich dachte, ich bin nicht klug oder interessant genug für dich. Ich habe die ganze Zeit gedacht: ›Jeden Moment wird er zur Besinnung kommen und sich fragen, was zum Teufel er eigentlich von mir will.‹«
Cam sog scharf die Luft ein. »Nein …«
»Ich dachte, es liegt an mir«, wiederholte ich. »Dass meine Minderwertigkeitskomplexe das Problem sind. Nicht du und Blair. Aber dann warst du gestern Abend hier mit ihr zusammen … und du hast mir nichts davon erzählt, du hast es mit keinem Wort erwähnt – weil du dachtest, es macht mir nichts aus? Und vielleicht hast du recht, und es war falsch, dir nichts von Malcolm zu sagen. Aber letzten Endes spielt das alles gar keine Rolle.« Ich wischte mit der Hand meine Tränen weg, aber kaum sprach ich weiter, kamen neue. »Du hast gesagt, dass ich begreifen soll, dass viel mehr in mir steckt, als ich denke. Mir hat noch nie jemand gesagt, dass ich klug bin oder begabt oder mutig oder dass ich was Besseres verdient habe. Bis du kamst. Und jetzt wird mir klar, dass du gar nicht wirklich daran geglaubt hast. Du hast die ganze Zeit gedacht, dass ich letzten Endes eben doch nichts weiter bin als eine dumme
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