London Road - Geheime Leidenschaft
nichts angehen. Das mochte ich so an dir.«
Jetzt war Joss diejenige, die »Pff!« machte. »Ja, kann ich mir denken. Ich mochte das auch an mir. Aber Braden hat auf mich abgefärbt.« Sie verzog den Mund. »Er hat nun mal die Angewohnheit, seine Nase in die Angelegenheiten von Leuten zu stecken, die ihm was bedeuten, ob sie es nun wollen oder nicht.«
Ein Teil meines Schmerzes verschwand und machte einem warmen, wohltuenden Gefühl Platz. »Willst du damit sagen, dass ich dir was bedeute?«
Joss griff nach ihrer Tasche und trat auf mich zu. Ihre eben noch aufsässig dreinblickenden grauen Augen waren auf einmal überraschend weich und gefühlvoll. »Du bist einer der tollsten Menschen, die ich kenne, und es zerreißt mir das Herz, dass du in einer so schlimmen Lage bist und dir von niemandem helfen lassen willst. Ein paar Monate nachdem ich Ellie kennengelernt hatte, hat sie mir gesagt, sie wünschte, ich würde ihr mehr vertrauen. Inzwischen habe ich endlich kapiert, wie frustrierend es für sie gewesen sein muss – zu sehen, dass ich jemanden brauchte, aber niemanden an mich ranlassen wollte. So geht es mir mit dir, Jo. Wenn ich dich angucke, sehe ich einen wunderbaren Menschen, der sein ganzes Leben noch vor sich hat, aber der mit einer unglaublichen Beharrlichkeit in sein Unglück rennt. Wenn ich dich davon abhalten kann, dieselben Fehler zu machen wie ich … dann werde ich das auch tun.« Sie grinste siegesgewiss. »Also, mach dich darauf gefasst, von mir in die richtige Richtung gelenkt zu werden. Ich habe vom Meister höchstpersönlich gelernt.« Ihre Augen funkelten vor lauter Vorfreude. »Er wartet übrigens draußen auf mich, ich verschwinde also jetzt besser.«
Joss ging, bevor ich auf ihre Drohung reagieren konnte. Ich war mir nicht ganz sicher, was sie gemeint hatte, wusste aber, dass sie, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, unglaublich hartnäckig sein konnte. Auf keinen Fall wollte ich jemand sein, den sie zu retten beschlossen hatte.
Das klang wahnsinnig anstrengend.
Kapitel 4
T ut mir leid, Malcolm, ich kann nicht.« Mein Herz klopfte schneller, und ich fühlte mich zunehmend unwohl. Es fiel mir wirklich schwer, sein großzügiges Angebot abzulehnen. Sobald ich das Wörtchen »Nein« in den Mund nahm, war das normalerweise der Anfang vom Ende.
»Bist du ganz sicher?«, fragte er leise am anderen Ende der Leitung. »Es wäre ja erst im April. Du hättest genug Zeit, jemanden zu finden, der sich ein Wochenende lang um deine Mutter und Cole kümmert.«
Malcolm wollte mit mir nach Paris fliegen. Und ich wäre so gerne mitgekommen. Ich war noch nie aus Schottland herausgekommen und träumte, wie vermutlich die meisten Menschen in meinem Alter, davon, wenigstens ein bisschen von der Welt zu sehen.
Aber daraus würde nichts werden.
»Es gibt niemanden, dem ich sie guten Gewissens anvertrauen könnte.«
Malcolms Seufzer klang glücklicherweise nicht verärgert. Zu meiner Überraschung sagte er sogar: »Das verstehe ich, Liebes. Mach dir deswegen keine Gedanken.«
Natürlich machte ich mir trotzdem welche. »Wirklich?«
»Zerbrich dir nicht den Kopf.« Malcolm lachte sanft. »Davon geht die Welt nicht unter, Jo. Es gefällt mir, dass deine Familie dir so wichtig ist. Ich bewundere dich dafür.«
Eine wohlige Wärme breitete sich in meiner Brust aus und stieg mir bis in die Wangen. »Ehrlich?«
»Ehrlich.«
Einen Moment lang wusste ich gar nicht, wie ich darauf reagieren sollte. Ich war ungemein erleichtert, dass er mein »Nein« so gefasst aufnahm, trotzdem blieb ein Rest Unbehagen zurück. Nur hatte dieses Unbehagen jetzt einen ganz anderen Grund.
Meine Zuneigung für Malcolm wuchs mit jedem Tag. Genau wie meine Hoffnung.
Die Vergangenheit hatte mich gelehrt, dass die Hoffnung etwas viel zu Zerbrechliches war, als dass man darauf bauen konnte.
»Jo?«
Ups. »Entschuldige. Ich habe bloß geträumt.«
»Von mir, will ich hoffen.«
Ich schmunzelte, und meine Stimme wurde zu einem verführerischen Schnurren. »Ich kann heute Abend nach der Arbeit zu dir kommen und es wiedergutmachen.«
Malcolms Stimme rutschte eine Tonlage tiefer. »Ich freue mich schon darauf.«
Nachdem wir aufgelegt hatten, starrte ich das Telefon an. Verflixt. Ich machte mir tatsächlich Hoffnungen.
Hoffnungen, dass es diesmal endlich funktionieren würde.
»Braden sagt, ich habe dich überfahren.«
Ich war gerade dabei, meine Tasche in den Spind zu werfen, und sah erstaunt auf. Es war
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