Londons Albtraum-Nächte
können?«
»Er ist so sicher wie im Schoß des alten Abraham. So sagt man doch – oder?«
»Ja, so ähnlich.«
Wir stiegen aus. Viel sah ich von der nahen Umgebung nicht. Es war einfach zu dunkel geworden. Hinzu kam die Lage des Hinterhofs, die ebenfalls nicht durch Helligkeit geprägt wurde. Es gab zwar Lichter. Die allerdings brachten nicht viel Helligkeit. Sie wirkten auf mich wie kleine, bunte Laternen.
Wir hatten den Wagen kaum verlassen, als jemand auf uns zulief. Mich sah der Mann nicht, der eine schwarze Hose und ein helles Hemd trug. Er hatte nur Augen für Suko. Er blieb vor ihm stehen, verneigte sich und sprach mit einer recht hellen Stimme auf ihn ein. Ich verstand nichts, aber an den Gesten war zu erkennen, dass wir bei dem Menschen sehr willkommen waren.
»Und jetzt?«, fragte ich, als der Sprecher eine Pause eingelegt hatte.
»Gehen wir etwas essen.«
»Hier?«
»Klar.«
»Du bist der Boss.«
Wir wurden auf eine Tür in der Hinterwand zugeführt, die bereits offen stand. Ein schlecht erleuchteter Gang nahm uns auf, aber von vorn wehte mir der Geruch der Speisen entgegen. Wir betraten das Lokal durch die Hintertür und wurden an einen Tisch geleitet, der in einer Ecke stand und von einem Drachen bewacht wurde. Der Kopf des Tieres zumindest schaute aus der Wand hervor auf die Speisenden.
Man rückte uns die Stühle zurecht, und wir nahmen unsere Plätze ein. Uns wurden die Speisekarten gebracht, die schwer wie ein Buch waren. Wir schlugen sie auf. Im Gegensatz zu Suko warf ich kaum einen Blick hinein und fragte ihn nur:
»Was hat der Typ dir eigentlich alles gesagt«
»Oh. Ming, der Besitzer, hat nur seiner Freunde Ausdruck verliehen, uns wieder zu sehen.«
»Uns?«
Suko grinste. »Ja, er ist höflich.«
»Ha, ha...«
Ich blätterte in der Karte. Es wurde so viel angeboten. Man verlor den Überblick. Suko wusste, was er bestellen wollte. Er schlug mir das gleiche Gericht vor.
»Eine Entenbrust, die sich sehen lassen kann. Rosa gebraten, sehr zart. Perfekt gewürzt. Dazu gibt es eine Soße, die fantastisch ist und auch gut verdaulich...«
»Hör auf, ich nehme das Gleiche. Allerdings als kleine Portion. Geht das wohl?«
»Ming macht alles möglich.«
Da Suko als Fahrer Wasser trank, bestellte ich ein Bier. Wir gaben die Bestellung auf, und Mings Augen strahlten, weil wir eine so gute Wahl getroffen hatten. Das würde er bei jedem Gast tun, deshalb bildete ich mir nichts darauf ein.
Wir saßen allein. Die Nebentische waren leer, aber Ming hatte uns auch in einen recht kleinen Raum geführt. Eine Schiebetür mit Pergamenteinsatz führte in das große Restaurant dahinter. Das wurde dann der großen Speisekarte gerecht.
Bevor das Essen serviert wurde, kam ich auf den Fall zu sprechen, der eigentlich noch keiner war. »Hast du mich aus einem bestimmten Grund hierher geführt?«
»Wie kommst du darauf?«
»Spiele hier nicht den Harmlosen. Das weißt du ganz genau.«
Suko hob die Schultern. »Ming ist jemand, der vieles hört. Sein Wort hat hier Gewicht. Er freut sich immer, wenn er mir einen Gefallen tun kann.«
Ich neigte den Kopf zur Seite. »Nicht nur er, wie ich weiß. Da gibt es jede Menge deiner Vettern.«
»Man muss die Beziehungen eben pflegen, John, Du weißt, dass Shao und ich oft zum Essen gehen.«
»Klar, da kennt man euch.«
»Eben.«
Ming wieselte wieder heran. Er verbeugte sich und blieb lächelnd am Tisch stehen. Dann sprach er mit Suko, und ich bekam mit, dass mein Freund ebenfalls Fragen stellte. Auch bei ihm verstand ich kein Wort. Doch das Lächeln aus Mings Gesicht verschwand. Seine nächsten Antworten gab er sehr ernst, zuckte einige Male mit den Schultern und zog sich schließlich zurück, weil unser Essen gebracht wurde, zusammen mit den Warmhalteplatten, die ebenfalls ihre Plätze auf dem Tisch fanden.
Ich bekam die kleine Portion, die für mich groß genug war, doch Suko lächelte, als er seine sah.
»Das habe ich mir gewünscht.«
»Freut mich. Und was hat Ming dir gesagt?«
»Bitte, John, später.«
Uns lief ja nichts weg, und so genossen wir das Essen, das wirklich allererste Sahne war, wie auch ich zugeben musste. Zartes Fleisch, knackiges Gemüse, eine nicht zu scharfe, sondern sehr pikante Soße, und auch das Bier ließ sich trinken.
Ich aß sogar den Reis bis auf das letzte Korn auf. Natürlich war ich gespannt, was mir Suko berichten würde. Ich hatte das Gefühl, dass es mit unserem Fall zusammenhing, der im Prinzip noch keiner war. Aber
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