Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
dort aus die Anschaffung neuer Ausrüstungsgegenstände und Instrumente leiten. Wir haben bereits angefangen.« Sie schickte eine Reihe von Zahlen, die einen Bereich im nördlichen Geschäftsviertel von Owngrit bezeichneten. Claritys Einheit speicherte sie abrufbereit. »Komm doch heute abend vorbei!«
»Eigentlich wollte ich mich heute mit Flinx treffen.«
Vandervorts Augenbrauen hoben sich. »Ich dachte, du nimmst meinen Rat an und hältst dich von dem jungen Mann fern.«
»Das habe ich getan. Ich sehe nichts Schlimmes darin, ihn gelegentlich zu sehen. Er muß sehr einsam sein, obgleich er mit diesem Zustand ganz gut zurechtzukommen scheint. Ich glaube, Sie irren sich, Amee. Er ist für niemanden gefährlich außer vielleicht für sich selbst.«
Die ältere Frau seufzte. »Ich habe es dir doch erklärt. Daß er im Augenblick nicht gefährlich ist, bedeutet nicht, daß er es auch bis in alle Ewigkeit ist. Aber wie dem auch sei, es ist sowieso egal, weil er ebenfalls heute da sein wird. Ich habe ihn eingeladen, und er hat bereits zugesagt. Wenn du ihn also sehen willst, dann kannst du ihn hier treffen. Gut für dich und gut für mich.«
Etwas in Vandervorts Stimme reizte Clarity, nachzuhaken; aber Flinx hatte bereits zugesagt, die Einrichtung aufzusuchen … »Ich werde kommen.«
»Gut! Ich denke, es wird für deine Zukunft von einiger Bedeutung sein. Und die ist mir sehr wichtig, meine Liebe.«
Clarity grinste. »Sie werden mich doch nicht etwa mit einer Beförderung überraschen, oder?«
»Wie gut du doch beobachten kannst, Liebes. Ja, es ist etwas in dieser Richtung. Ich erwarte dich gegen neun Uhr Ortszeit.«
»Bis dann!«
Clarity ließ Vandervort die Verbindung unterbrechen und fragte sich, welche Art von Beförderung ihre Chefin wohl im Sinn hatte. Sie war bereits Leiterin der gentechnischen Abteilung von Coldstripe und im Labor viel zu wertvoll, um auf einen Verwaltungsposten gehoben zu werden. Aber andererseits hatte Amee auch nicht ausdrücklich verlauten lassen, daß es tatsächlich eine Beförderung sei. »Etwas in dieser Richtung‹, hatte sie gesagt. Seltsam, seltsam. Sie hatte schon immer etwas für Überraschungen übrig.
Das Abendessen im Apartel-Restaurant war köstlich, aber einsam. Die Spesenregelung bei Coldstripe wurde sehr großzügig gehandhabt und bewies eher eine gute Firmenpolitik als ausgesprochene Freigebigkeit. Wie Amee ihr gesagt hatte, war das Personal wichtiger als der Maschinenpark. Man beabsichtigte, Jase und sie in bester Verfassung zu halten.
Sie nahm einen Gleiter zur nördlichen Hauptstation der U-Bahn, stieg um auf eine Nahbereichslinie und mietete sich für das letzte Stück ein Robo-Taxi. Coldstripes vorläufige Firmeneinsatzzentrale befand sich in einem brandneuen, landschaftlich wunderbar gestalteten Industriegelände, wo keines der Gebäude höher war als die importierten Bäume. Zwei rotblättrige Bäume überschatteten den Eingang des Gebäudes. Ein vorläufiges Firmenzeichen, das über der Tür schwebte, wies das Gebäude als neue Filiale von DAX Enterprises aus. Sie wunderte sich nur kurz über die Namensänderung und nahm an, daß es sicherlich aus Konkurrenzgründen dazu gekommen war. Das Schild hing leicht schief. Das Magnetfeld des Schildes müßte mal wieder justiert werden, dachte sie.
Da der Abend bereits angebrochen war, standen die neuen Büros der Filiale leer. Fast alle benachbarten Firmen hatten bereits bis zum folgenden Tag geschlossen. Diejenigen, in denen noch Licht brannte, lagen am Ende des Komplexes. Es gab keine Empfangsdame, die Dienst tat, ein Luxus, den Coldstripe gar nicht haben wollte. Claritys Firmenausweis lotste sie durch mehrere Sicherheitsüberprüfungen, bis sie im inneren Büro vor Amee stand.
»Du bist pünktlich. Das ist gut.«
»Pünktlich wofür? Wie geht es Ihrem Arm?«
Die ältere Frau hob das bandagierte Glied hoch. »Wie du siehst, ist es nicht mehr nötig, es völlig ruhig und bewegungslos zu halten. Die neue Kunsthaut stört etwas, aber das ist auch alles. Das Jucken müßte eigentlich bald aufhören.
»Ich möchte sehen, was wir bisher bekommen konnten. Haben die Geldgeber meinen Antrag für einen Sentegen-Konstruktionscomputer bewilligt?«
»Du und dein Spielzeug!« Vandervort führte Clarity nicht in den großen Lagerraum hinter dem Büro, sondern durch eine Seitentür. »Der ist noch nicht eingetroffen, aber ich bin sicher, daß das bald der Fall sein wird. Ich habe offiziell freie Hand für alle Projekte
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